Die drei Schmiede ihres Schicksals
Wasser vom Hallstätter Gletscher zu Tal bringt, und erzählte, wie er vor etlichen Jahren zum Karlseisfeld vorstoßend und im Eise weiter vordringend eine märchenhafte Gletscherhöhle entdeckte. Er erzählte dem begeistert zuhörenden Dichter von der Pracht des blaugrünen Gletschereises und von einer Mondnacht, die er dort oben erlebt hatte.
"Nichts fehlt zu dem herrlichen Bilde als eine passende Staffage", fügte Stifter hinzu. - Und im selben Augenblick kamen, hinter Felsblöcken hervortretend, zwei Kinder des Weges. Es war ein Knabe und ein Mädchen, sie hatten große Filzhüte auf und "Grastücher" zum Schutze gegen den Regen umgehängt. Beide gingen ohne Scheu auf sie zu und boten ihnen in einem Körbchen Erdbeeren zum Kaufe an. - "Ich werde sie euch gerne abkaufen, ihr müßt sie aber auch gleich mit verspeisen", sagte er freundlich zu ihnen und forderte sie auf, sich mit ihnen auf einen überdachten Bretterst0ß zu setzen. Die Kinder taten es gerne. - "Wo kommt ihr denn her?" fragte der Dichter weiter. - "Unser Ahnl ist auf der Wiesalm oben, wir haben ihm was zum Essen gebracht", erwiderte der Knabe, der älter war als das Mädchen. - "Und wo habt ihr denn die schönen Erdbeeren gefunden?" - "Bei einem Schlag beim Ursprungkogel", sagte der Knabe, "als es dann zu regnen anfing, haben wir unter einem Steine Schutz gesucht, bis das Ärgste vorbei war. Und jetzt gehen wir wieder heim." - Und im Geist des Dichters erwuchs aus Simonys Bericht von der Gletscherhöhle und der Begegnung mit den beiden Kindern die Handlung für eine seiner schönsten Erzählungen: "Bergkristall".
Die Märzrevolution
Nach den Märzvorgängen 1848 besuchte Heckenast unseren Dichter in Wien. Als er Stifters Stube betrat, fiel ihm dieser in die Arme und vermochte vor Bewegtheit kaum zu sprechen. Freudentränen glänzten in seinen Augen. Bald darauf gingen beide auf den Graben. Die Menge jubelte, bunte Fahnen hingen aus den Fenstern, in den Straßen schwärmten Knaben und Mädchen umher und boten Kokarden, frische Blumen und zensurfreie Zeitungen an. Stifter sah eregt und trunkenen Blickes auf das Treiben. Kaum waren jedoch die Freunde in ein abgelegenes Haus gekommen, als sich ein tiefer Ernst des Dichters bemächtigte. Von unheilvoller Ahnung beseelt, sprach er zu seinem Begleiter: "Der Bau ist niedergerissen, wer wird nun den Schutt forträumen, und wo sind die Männer, welche den Neuaufbau aufzuführen Kraft und Beruf haben?"
"Mein Mann ist nicht zu Hause"
Eines Abends, als Stifter eben mit seiner Frau und der Dichterin Marie von Hrussoczy in seinem Arbeitszimmer saß und gerade seine Ansichten über Kunst und Künstler darlegte, wurde an der Eingangstür geklingelt. - "Mein Mann ist nicht zu Hause", sagte Frau Stifter rasch zu ihrer Ziehtochter, die dem Mädchen diesen Bescheid überliefern sollte. - "Wieso nicht zu Hause, liebe Frau?" fragte er, sich unterbrechend, "ich bin ja zu Hause." - "Nun, ich meinte, du wolltest nicht gestört werden." - Das ist das Richtige, liebe Frau, und das soll auch gesagt werden." - " Ja, ja, das verdrießt aber die Leute." - "Die uns kennen, verdrießt es nicht, und die es verdrießt, um die bekümmern wir uns nicht."
Pilgerfahrt nach Linz
Eines Tages erhielt Stifter in Linz eine Zuschrift folgenden Inhalts:
"Mein Herr!
Am 16. April d. J., nachmittags 3 Uhr, wird im Restaurant des Hotels zum Erzherzog Karl in Linz ein Mann sitzen, der mit Ihnen ein Glas Wein trinken will. Er reist zu diesem Zweck dahin und bittet Sie, sich zu genannter Stunde im genannten Lokale einfinden zu wollen.
Amsterdam, 3. April 186.... John Benotts.
"
Stifter war von diesem Schreiben nicht wenig überrascht. Er hatte keinen Bekannten namens Benotts und konnte sich auch nicht denken, wem es in Amsterdam einfallen sollte, nach Linz an der Donau zu reisen, um dort mit einem ihm fremden Manne ein Glas Wein zu trinken.
Der Dichter, der in nächster Nähe des Hotels wohnte, ging zur bestellten Zeit in das Restaurant. Das Lokal war fast leer. An einem Tisch saßen zwei alte Linzer Bürger. Am Ofen hockte ein alter Mann, der sich seinen Mantel trocknete. Stifter setzte sich an einen kleinen Tisch und fragte den Kellner, ob nicht ein Fremder aus Amsterdam im Hotel abgestiegen sei. Man wußte von nichts.
Es war 3 Uhr geworden. Stifter fiel es auf, daß der alte Mann am Ofen unruhig wurde und aufgeregt zur Türe blickte, so oft sich diese öffnete. Endlich erhob sich der Alte. Er war ein gebückter, kränklich aussehender
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