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Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Titel: Die drei Stigmata des Palmer Eldritch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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er. Der echte Mord steht mir noch bevor.
    »Soll das heißen«, sagte Alec langsam, »Sie ...«
    »Das habe ich noch vor mir«, krächzte Leo. »Aber einer meiner Pre-Fash-Präkogs meinte, es würde höchstwahrscheinlich nicht mehr lange dauern.« Aber ein Gedanke ging ihm nicht mehr aus dem Kopf: es mußte nicht zwangsläufig so kommen. Und das wußte auch Eldritch; das also war der Grund für seine Bemühungen im Hier und Jetzt: auf diese Weise hoffte er, seinen Tod verhindern zu können.
    »Kommen Sie«, sagte Alec zu Leo, »werfen Sie einen Blick auf die Gedenktafel zur Erinnerung an Ihren Sieg.« Er und sein Begleiter gingen voran; Leo folgte ihnen zögernd. »Die Proxer«, sagte Alec und warf Leo über die Schulter einen raschen Blick zu, »versuchen ständig, sie zu – na, Sie wissen schon. Zu pfänden.«
    »Schänden«, verbesserte sein Begleiter.
    »Genau«, sagte Alec und nickte. »Wie auch immer, da ist sie.« Er blieb stehen.
    Das – trotz allem beeindruckende – Imitat eines Granitpfeilers ragte vor ihnen auf; eine Messingtafel war in Augenhöhe daran festgeschraubt. Wider besseres Wissen las Leo die Inschrift.

    IN MEMORIAM. 20l6 A. D. UNWEIT DIESER
    STELLE WURDE DER SOL-SYSTEM-FEIND
    PALMER ELDRITCH VOM VERTEIDIGER UNSERER
    NEUN PLANETEN, LEO BULERO VON TERRA,
    IN FAIREM KAMPF BESIEGT.

    »Hoppla«, stieß Leo unwillkürlich hervor. Beeindruckt las er die Inschrift noch einmal. Und noch einmal. »Mich würde interessieren«, sagte er halblaut, »ob Palmer das gesehen hat.«
    »Wahrscheinlich«, erwiderte Alec, »wenn er ein Chooser ist. In seiner Urform produzierte Chew-Z etwas, was der Hersteller – also Eldritch – ›Zeit-Zwischentöne‹ nannte. Genau dieses Phänomen erleben wir im Augenblick; Sie beanspruchen einen Platz im Raum, obwohl Sie seit Jahren tot sind. Das nehme ich jedenfalls an.« Er fragte seinen Begleiter: »Leo Bulero ist doch tot, oder?«
    »Aber klar«, antwortete der. »Seit zig Jahren.«
    »Wenn mich nicht alles täuscht, habe ich sogar gelesen ...« Alec verstummte und blickte an Leo vorbei; er stieß seinen Begleiter in die Seite. Leo drehte sich neugierig um.
    Ein zottiger, klapperdürrer weißer Hund näherte sich ihnen unbeholfen.
    »Gehört der Ihnen?« fragte Alec.
    »Nein«, sagte Leo.
    »Sieht aus wie ein Chooser -Hund«, meinte Alec. »Seht mal, er ist fast durchsichtig.« Die drei beobachteten den Hund; er lief erst auf sie zu und trabte dann an ihnen vorbei zum Denkmal.
    Alec hob einen Kieselstein auf und warf ihn nach dem Hund; der Stein flog durch den Hund hindurch und landete hinter ihm im Gras. Es war ein Chooser -Hund.
    Beim Denkmal angekommen, blieb der Hund stehen, schien einen Augenblick lang zu der Tafel hinaufzuschauen, und dann ...
    Alec rief: »Er ...«
    »Schändet das Denkmal«, ergänzte sein Begleiter.
    Alecs Gesicht wurde rot vor Zorn. Er lief armfuchtelnd auf den Hund zu und versuchte ihn zu treten, dann griff er nach der Laserpistole an seinem Gürtel, bekam sie in der Aufregung jedoch nicht zu fassen.
    »Das ist Palmer Eldritch«, sagte Leo. Eldritch demonstrierte seine Verachtung für das Denkmal, seine Furchtlosigkeit gegenüber der Zukunft. Ein solches Denkmal würde es nie geben. Der Hund trottete gemächlich davon, und die beiden evolvierten Terraner sahen ihm hilflos fluchend nach.
    »Sind Sie sicher, daß der Hund nicht Ihnen gehört?« fragte Alec argwöhnisch. »Soweit ich sehe, sind Sie der einzige Chooser hier.« Er musterte Leo.
    Leo wollte antworten, wollte erklären, was geschehen war; er mußte es ihnen begreiflich machen. Doch da, ohne jegliche Vorwarnung, verschwanden die beiden evolvierten Terraner; die grasbewachsene Ebene, das Denkmal, der davontrabende Hund – das ganze Panorama löste sich in Luft auf, als ob die Maschine, die es projiziert, stabilisiert und aufrechterhalten hatte, einfach abgeschaltet worden wäre. Er sah nur noch einen leeren weißen Raum, ein grelles Licht, als sei kein 3-D-Dia mehr im Projektor. Das Licht, dachte er, das jenes Spiel der Erscheinungen hervorruft, das wir »Realität« nennen.
    Und dann saß er in der leeren Zelle auf Palmer Eldritchs Mondsitz, gegenüber von dem Tisch mit der elektronischen Vorrichtung.
    Die Vorrichtung oder Apparatur oder was es auch sein mochte, sagte: »Ja, ich habe das Denkmal gesehen. Es ist in rund 45 Prozent aller Zukünfte vorhanden. Das heißt, die Chancen stehen etwa eins zu eins, insofern bin ich nicht sonderlich beunruhigt. Nehmen Sie eine Zigarre.«

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