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Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Die drei Stigmata des Palmer Eldritch

Titel: Die drei Stigmata des Palmer Eldritch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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gebieterischer Tonfall ließ sie aufhorchen; sie blickten ihn neugierig an.
    »Ich stecke mir das Chew-Z in den Mund«, sagte er. »Sehen Sie?« Er kaute. »Und jetzt kaue ich es.« Sein Herz raste. Mein Gott, dachte er. Wie soll ich das bloß durchstehen?
    »Ja, das sehen wir«, erwiderte Norm und nickte. »Na und? Werden Sie gleich explodieren oder davonschweben wie Eldritch?« Jetzt nahm auch er seine Portion in Angriff. Alle kauten, alle sieben, zählte Barney. Er schloß die Augen.
    Als er sie wieder öffnete, beugte seine Frau sich über ihn.
    »Ich habe dich gefragt«, sagte sie, »ob du noch einen Manhattan möchtest. Wenn ja, muß ich nämlich noch etwas Eis aus dem Kühlschrank holen.«
    »Emily«, sagte er.
    »Jawohl, mein Schatz«, gab sie schnippisch zurück. »Wenn du meinen Namen so aussprichst, läßt du gleich wieder einen deiner berühmten Vorträge vom Stapel. Worum geht’s diesmal?« Sie setzte sich ihm gegenüber auf die Sofalehne und strich ihren Rock glatt; es war der hinreißende, blauweiß gemusterte handbedruckte Wickelrock aus Mexiko, den er ihr zu Weihnachten geschenkt hatte. »Ich höre«, sagte sie.
    »Was für Vorträge?« murmelte er. Bin ich wirklich so? fragte er sich. Ein ewiger Nörgler und Besserwisser? Benommen stand er auf; ihm war schwindlig, und um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, hielt er sich an der Stehlampe fest.
    Emily musterte ihn und sagte: »Du bist ja völlig nalle.«
    Nalle. Diesen Ausdruck hatte er seit seiner Studienzeit nicht mehr gehört; er war längst aus der Mode, und doch gebrauchte Emily ihn noch. »Heutzutage«, sagte er mit schwerer Zunge, »heißt das sporke. Kannst du dir denn gar nichts merken? Sporke.« Auf wackligen Beinen ging er zur Anrichte in der Küche, wo der Schnaps stand.
    »Sporke«, seufzte Emily. Sie sah traurig aus. Er fragte sich, weshalb. Da sagte sie: »Barney, bitte trink doch nicht so viel. Ob nalle oder sporke, es ist und bleibt dasselbe. Aber das ist wahrscheinlich meine Schuld; du trinkst so viel, weil ich dir so wenig zu bieten habe.« Sie rieb sich mit dem Handgelenk das rechte Auge, eine altbekannte, lästige Marotte.
    »Du hast durchaus etwas zu bieten«, sagte er. »Aber ich habe eben hohe Ansprüche.« Ich bin dazu erzogen worden, von anderen Menschen zu erwarten, daß sie genauso anständig und zuverlässig sind wie ich und keine sentimentalen Heulsusen und Jammerlappen, die sich nicht beherrschen können.
    Aber eine Künstlerin, dachte er. Oder, besser, eine sogenannte Künstlerin. Eine Bohemienne. Das kommt der Sache schon näher. Will ein Künstlerleben führen, obwohl sie keinerlei Talent hat. Er mixte sich einen neuen Drink, diesmal Bourbon mit Wasser, ohne Eis; statt das Meßglas zu benutzen, schüttete er den Old Crow direkt aus der Flasche.
    »Wenn du das tust«, sagte Emily, »bist du wütend, und wir fangen wieder an zu streiten. Ich halte das einfach nicht mehr aus.«
    »Dann geh doch«, sagte er.
    »Verflucht noch mal, ich will aber nicht gehen! Kannst du denn nicht ein mal« – Emily gestikulierte hilflos – »ein bißchen nett und tolerant sein? Einmal versuchen ...« Sie senkte die Stimme; fast unhörbar fuhr sie fort: »... meine Schwächen zu übersehen?«
    »Aber«, widersprach er, »sie sind nun einmal nicht zu übersehen. So leid es mir tut. Meinst du, es macht mir Spaß, mit einer Frau zusammenzuleben, die alles anfängt, aber nichts zu Ende bringt und weder Freunde noch Bekannte hat? Zum Beispiel ... Ach, ich hab die Schnauze voll.« Es hatte ja doch keinen Zweck. Emily war unverbesserlich; sie war schlicht und einfach eine Schlampe. Für sie war es das höchste der Gefühle, mit einem Brei aus schmierigen, schleimigen Farben zu sudeln, zu panschen und zu klecksen oder die Arme stundenlang bis über die Ellbogen in einen großen Krug mit nassem, grauen Ton zu tauchen. Und inzwischen ...
    Inzwischen lief ihnen die Zeit davon. Und alle Welt – einschließlich der Angestellten von Mr. Bulero, insbesondere jedoch seiner Pre-Fash-Berater – blühte und gedieh, wuchs zu voller Reife heran. Ich werde es nie zum New Yorker Pre-Fash-Berater bringen, dachte er. Ich werde bis in alle Ewigkeit hier in Detroit vergammeln, wo sich nichts, aber auch gar nichts tut.
    Wenn ich den Posten des New Yorker Pre-Fash-Beraters ergattern könnte – hätte mein Leben einen Sinn, überlegte er. Dann wäre ich glücklich, weil ich endlich eine Arbeit hätte, bei der ich meine Fähigkeiten frei entfalten kann. Und was

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