Die drei ??? und das Gespensterschloss
heute länger von zu Hause wegbleiben dürft. Denn heute Abend gehen wir dem Geheimnis des Gespensterschlosses auf den Grund!«
Justus zu meinen besonders geschätzten Bekanntschaften zu zählen, fällt mir noch immer schwer, doch muss ich ihm zugutehalten, dass er die Zeit seiner erzwungenen körperlichen Untätigkeit wenigstens durch verstärkte Denktätigkeit zu kompensieren trachtete.
Seine lapidare Ankündigung würde mir an eurer Stelle allerdings etwas zu siegessicher klingen. Oder ist der Detektiv in euch bereits mit Justus im Bunde?
Ein Geist und ein Spiegel
Hoch über Justus und Peter ragte das Gespensterschloss in die Dunkelheit. Der Mond war nicht zu sehen, nur ein paar Sterne schienen über der in tiefer Finsternis liegenden Schlucht.
»Dunkler wird es nicht mehr«, sagte Justus mit verhaltener Stimme. »Wir können ebenso gut reingehen.«
Peter wog seine neue, extra lichtstarke Taschenlampe in der Hand. Er hatte sie von seinem Taschengeld gekauft – seine alte war ja noch da oben in der Bibliothek.
Sie gingen die geborstenen Stufen hinauf und über die Terrasse. Justus hinkte leicht, er schonte seinen stramm verbundenen Knöchel. Ihre Schritte hallten sehr laut im Finstern. Irgendwo hatten sie ein kleines Tier aus seinem Schlupfwinkel aufgescheucht. Eilends strebte es aus dem Lichtkreis der Lampe fort.
»Was das auch war – es ist ein kluges Geschöpf«, sagte Peter. »Es will hier nicht bleiben.«
Justus antwortete nicht. Er hatte die Hand auf dem Knauf der Eingangstür und drehte und zog. Die Tür gab nicht nach.
»Komm, hilf mir mal«, sagte Justus. »Die Tür klemmt.«
Auch Peter griff nach dem großen Messingknopf. Plötzlich spürten sie keinen Widerstand mehr. Sie hatten den Knauf abgerissen. Die Jungen taumelten zurück und fielen übereinander auf den Steinboden.
»Uff!«, keuchte Peter. »Du liegst auf meinem Bauch. Ich kann mich nicht bewegen – ich kann nicht atmen. Schnell, runter mit dir!«
Justus rollte sich zur Seite und rappelte sich hoch. Auch Peter stand auf und prüfte, ob noch alle Knochen heil waren.
»Ich glaube, es ist noch alles da«, sagte er. »Bis auf meinen gesunden Verstand. Den habe ich zu Hause gelassen.«
Sein Freund richtete die Taschenlampe auf den Messingknauf.
»Schau mal«, sagte er. »Die Schraube, mit der das Ding an der Drehstange im Schloss befestigt war, hat sich gelöst.«
»Hier war viel los in den letzten Wochen«, murmelte Peter. »Vielleicht war sie einfach ausgeleiert.«
»Hmm.« Just hatte sein rundes Gesicht in nachdenkliche Falten gelegt. »Ich frage mich nur, ob nicht jemand die Schraube gelockert hat.«
»Wer käme denn auf so etwas?«, fragte Peter. »Auf alle Fälle kommen wir nicht hinein, also kehren wir am besten wieder um.«
»Ich glaube bestimmt, dass wir irgendwo anders hineinkommen«, sagte Justus. »Wie wäre es mit einem Versuch an den Balkontüren da drüben?«
Er ging an der Hauswand weiter. Sechs bis zum Boden reichende Glasfenster führten auf die Terrasse. Die ersten fünf waren fest verschlossen, aber das sechste stand einen Fingerbreit offen. Justus drückte. Die Flügel ließen sich leicht nach innen öffnen. Dahinter lag undurchdringliche Finsternis.
Justs Taschenlampe erhellte das Dunkel ein wenig. Er richtete den Strahl durch das geöffnete Fenster, man sah einen langen Tisch mit Stühlen ringsum. Das eine Ende des Tisches schien für eine Mahlzeit gedeckt.
»Das Esszimmer«, sagte Justus leise. »Hier können wir herein.«
Drinnen geisterten die Strahlen ihrer Taschenlampen durch den Raum und hoben schöne, holzgeschnitzte Stühle ans Licht, eine lange Tafel aus Mahagoni, eine kostbare Anrichte und die ebenfalls geschnitzte Holzverkleidung der Wände.
»Hier gibt es anscheinend mehrere Türen«, stellte Justus fest. »Durch welche wollen wir gehen?«
»Wenn du mich fragst – huch!« Peter stieß einen erstickten Schrei aus, als er sich halb umwandte und eine Frauengestalt in langen, fließenden Gewändern erblickte, die ihn ansah. Sie war so gekleidet, wie es Peter auf Gemälden aus dem 17. Jahrhundert schon gesehen hatte. Um ihren Hals war eine Schlinge gelegt. Das lose Ende des Stricks hing über ihr Gewand bis auf ihre Füße herab. Ihre Hände hatte sie in die weiten Ärmel eingesteckt, den gramvollen Blick hielt sie auf die Jungen geheftet.
Peter griff nach Justs Jacke. »Was ist denn?«, fragte Justus.
»So sieh doch –«, sagte Peter stockend. »Wir sind nicht allein. Es ist noch
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