Die drei ??? und der Zauberspiegel
nicht mehr viel Zeit!« rief Mrs. Darnley.
»Beeil dich, ruf deinen Onkel an.«
»Augenblick noch«, sagte Justus. »Da war was in der Leitung, als Jeff anrief. Irgendwas im Hintergrund. Musik. Hörten Sie es auch?«
»Musik?« Mrs. Darnley sah verdutzt aus. »Ich . . . hörte nur Jeff.
Musik – na, und wenn schon? Das hat doch nichts zu bedeuten.
Justus, nun ruf bitte an.«
»Ein Glockenspiel«, sagte Justus. »Glöckchen, die eine kleine Melodie spielten. Ich hörte es erst gar nicht, aber dann ziemlich laut, und zuletzt klang es wieder schwächer. Es war die Melodie
›Mary had a little lamb‹ .«
»Das war der Eisverkäufer«, sagte Peter. Er hielt in seiner Wanderung von Spiegel zu Spiegel inne und blieb vor dem Kamin stehen. »Die Eisverkäufer von ›Meadow Fresh‹ fahren ihr Eis mit Lieferwagen aus und bimmeln dazu mit ihrem Glockenspiel. Und sie spielen immer ›Mary had a little lamb‹ .«
Justus setzte sich an den Schreibtisch. »Das könnte doch ein Hinweis sein«, sagte er. »Es könnte uns verraten, wo Jeff festgehalten wird. Wir dürfen wohl als sicher annehmen, daß er nicht in San Pedro ist, oder zumindest daß er nicht in diesem leerstehenden Lagerhaus ist. Das Risiko, ihn dort gefangen-zuhalten, würde der Entführer nicht eingehen. Es war fast genau vier Uhr, als Jeff anrief. Und gegen vier Uhr fuhr ein Wagen von der Eisfirma ›Meadow Fresh‹ an dem Ort vorbei, wo man Jeff festhält, und im übrigen war da noch etwas anderes.« Justus schloß die Augen und besann sich angespannt auf jede Einzelheit des Telefongesprächs.
»Ein Schrillen«, sagte er. »Nachdem der Eiswagen vorbeige-fahren war, konnte ich noch ein anderes Gebimmel hören. Ganz laut – wie eine Alarmklingel gegen Einbrecher. Und dann vibrierte es da irgendwie.«
»Du hast einfach ein phantastisches Gedächtnis«, rief Mrs. Darnley. »Ich hörte immer nur Jeffs Stimme.«
»Diesem Gedächtnis entgeht nichts«, erklärte Peter. »Dafür ist Justus berühmt. Er läßt auch nicht das Geringste außer Acht.«
»Ein Eiswagen«, sagte Justus, »und ein Bimmeln und dann ein Rumpeln. Ein Bahnübergang! Genau das ist typisch für Bahnübergänge! Ein Warnsignal, Blinklichter und eine Klingel, die laut schrillt, um den Autofahrern einen herannahenden Zug anzukündigen. Und das Schüttern wäre dann die durchfahrende Bahn. Wo Jeff auch sein mag – um vier Uhr fuhr dort ein Eiswagen vorüber, und der Ort liegt in unmittelbarer Nähe eines Bahnübergangs, wo eine oder zwei Sekunden später ein Zug durchkam.«
»In Los Angeles muß es diese Eiswagen zu Dutzenden geben«, meinte Jenny.
»Aber Bahnübergänge gibt es nicht zu Dutzenden«, sagte Justus,
»und die Lieferwagen haben ihre festen Streckenpläne. Der Eisverkäufer in Rocky Beach kommt immer nachmittags gegendrei, und er verspätet sich höchstens um zwanzig Minuten. Wenn wir bei der Eisfirma Auskunft bekommen könnten . . .«
»Und wenn es doch kein Zug war?« sagte Mrs. Darnley. »Es könnte ja auch ein Ort sein, wo tatsächlich eine Einbruchs-alarmklingel losging – das passiert ja manchmal –, und gleich darauf fuhr ein schwerer Lastwagen vorbei.«
»Nein«, sagte Justus Jonas. »Ein Lastwagen braucht ja nur eine Sekunde, um an irgendeinem Ort vorüberzufahren. Dieses Schüttern und Rumpeln hielt aber eine ganze Zeit an. Es muß ein Zug gewesen sein. Wenn wir nur ein bißchen Glück haben, müßten wir es schaffen, zu Jeff zu kommen, ehe der Spiegel beim Entführer abgeliefert wird.«
»Ihr könnt es ja versuchen«, meinte Mrs. Darnley, »aber ich bin strikt dagegen, daß ihr Jeffs Leben aufs Spiel setzt. Bitte ruf nun deinen Onkel an, Justus, und laß ihn mit dem Transporter herkommen.«
»Klar.« Justus nahm den Hörer wieder ab, wählte die Nummer der Firma Jonas und hörte, wie sich seine Tante Mathilda meldete.
»Justus Jonas, wo steckst du nur?« fragte Tante Mathilda. »Was treibst du denn die ganze Zeit? Du bist schon den ganzen Tag fort, und Kenneth hat gesagt –«
»Es tut mit leid, Tante Mathilda«, sagte Justus rasch. »Ich kann jetzt nichts dazu sagen. Später erkläre ich es dir. Ist Onkel Titus da?«
Mrs. Jonas schwieg kurz, und Justus konnte sie vor sich sehen, mit gefurchter Stirn und ziemlich ratlos, aber dann holte sie doch Onkel Titus ans Telefon.
»Ich bin bei Mrs. Darnley«, erklärte Justus seinem Onkel. »Sie ist in einer sehr schwierigen Lage und braucht Hilfe. Könntest du jetzt gleich mit einem unserer Firmenwagen herfahren?
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