Die drei und die brennende Stadt drei Fragezeichen
Schau stellte. Genauer gesagt, nannten sie ihre Namen und erhielten ihre Schlüssel, während der nicht sehr dienstbeflissene Mann unablässig weitertelefonierte.
Die drei ??? bezogen ein sogenanntes Familienzimmer im Obergeschoss, das sich als kleines Doppelzimmer entpuppte, in das man ein Zustellbett geschoben – oder gequetscht – hatte. Doch sie waren ohnehin nicht gekommen, um sich im Hotelzimmer aufzuhalten, deshalb spielte das keine Rolle. Sie packten etwas Verpflegung und vor allem die Taschenlampen in ihre Rucksäcke.
So verlockend die Aussicht auf ein kurzes Nickerchen auch sein mochte, es drängte die drei ???, endlich Centralia zu sehen. Samuel Reynolds hatte ihnen den Autoschlüssel übergeben, sodass sie sich gleich wieder auf den Weg nach unten machten. Mr Reynolds war in seinem Zimmer geblieben. »Ich glaube, mich braucht ihr nicht unbedingt dabeizuhaben. Sonst fragt ihr euch am Ende noch, wozu ich euch eigentlich engagiert habe«, hatte er gesagt.
Der Hotelangestellte im speckigen Unterhemd grinste die drei ??? an, als sie ihn passierten. Sein Telefonat hatte er inzwischen beendet. »Na, unnerwegs nach Centralia, wa?«, nuschelte er. »Wollts Feuer gucken, wa?«
»So ähnlich«, wich Peter aus.
»Kommen oft sensationslustige Touristen, wa!« Eine hochgestochene Formulierung wie sensationslustige Touristen schien so gar nicht zu Mr Speckhemd zu passen, der wirkte, als habe er seinen Verstand heute Vormittag im Badezimmer direkt neben seinen ordentlichen und sauberen Klamotten vergessen. Wahrscheinlich hatte er diese Bezeichnung auswendig gelernt und warf sie jedem Besucher des Hotels an den Kopf.
Justus nickte. »Ist ja auch interessant. Sagen Sie, Mr …«
»Rudesill, Andrew Rudesill. Ich bin auch nicht schuld annem Namen, wa?«
»Also, Mr Rudesill, können Sie uns erklären, wo …«
Wieder ließ der Hotelangestellte ihn nicht aussprechen. »Mr Rudesill, das war mein Vater! Sagt Andy zu mir, das kann mer sich besser merken, wa?«
Justus verlor langsam die Geduld. Es war wohl am besten, seine Frage ganz direkt zu stellen. »Also, Andy – wo liegt das Zentrum von Centralia?«
Die Antwort bestand in einem Lachen. »Zentrum von Centralia! Das klingt lustig, wa? Weiß ich auch nich’. Fragt doch einen von den Spinnern, die wo da noch wohnen.«
Die wo , dachte Justus. Das tat beim bloßen Zuhören weh. »Werde ich tun.« Nur mit Mühe verkniff er sich ein angehängtes »wa?«.
Draußen war es noch warm, obwohl die Sonne schon langsam unterging. Die Fahrt über die Pennsylvania State Route 61 dauerte nicht lang. Das östliche Ende der vierspurigen Straße lief genau in Centralia aus. Außer ihnen war kein Mensch darauf unterwegs.
Direkt vor der Stadtgrenze ragte ein unübersehbares Warnschild in die Höhe. »Lebensgefahr«, las Peter vor. »Feuer unter Tage. Das Betreten der Stadt kann zu schweren Verletzungenoder zum Tod führen. Gefährliche Gase. Der Untergrund kann nachgeben und plötzlich einstürzen.«
Er seufzte. »Klingt nicht besonders aufmunternd, muss ich sagen.«
Sie stellten den Wagen ab, um keine Beschädigung zu riskieren, und gingen stattdessen zu Fuß weiter.
Bald entdeckten sie zu beiden Seiten die Grundmauern von abgerissenen Häusern. Gestrüpp überwucherte die Überbleibsel der Gebäude. Die Natur eroberte sich das Gebiet tatsächlich unaufhaltsam zurück, genau wie es die Reportage beschrieben hatte, die sie im Internet gelesen hatten.
»Unheimlich, findet ihr nicht?«, fragte Peter. »Noch vor ein paar Generationen hat hier das Leben pulsiert. Wie wird es erst in fünfzig Jahren aussehen?«
»So wäre es wohl bald überall, wenn es morgen keine Menschen mehr geben würde«, meinte Bob.
Justus schüttelte den Kopf. »Du hast vielleicht verrückte Ideen.«
»Muss man das denn nicht denken, wenn man das hier sieht?«
Die Jungen drangen weiter in die Geisterstadt vor. Unkraut brach durch den zerstörten Asphalt und überwucherte stellenweise die Straßen. Kleine Bäume wuchsen wild in ehemaligen Vorgärten. Totes Gebüsch trieb wie in einem schlechten Westernfilm über den Boden, wenn ein Windstoß kam.
Direkt vor den drei ??? klaffte ein breiter Riss in der Straße, der in eine Erdspalte überging. Daraus stieg Rauch in die Höhe und zerkräuselte sich in etwa zwei Metern Höhe. Es stank nach Qualm. Justus musste husten, als er sich zu dicht heranwagte. Er erhaschte nur einen kurzen Blick in die Tiefe.
Nur noch vereinzelt gab es zumindest halbwegs intakte
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