Die drei ??? und die flüsternde Mumie
in Anspruch genommen war – er hatte sich für eine schwierige Aufgabe langfristig verpflichtet –, hatte er die Mumie einem Museum in Kairo geliehen. Als er sich dann zur Ruhe setzte, hatte er die ägyptische Regierung gebeten, ihm die Mumie für Studienzwecke zu übersenden. Jetzt, da er Zeit hatte, wollte er versuchen, ihr Geheimnis zu entschleiern.
An diesem Nachmittag, zwei Tage bevor die Jungen Alfred Hitchcocks Brief erhalten hatten, stand Professor Yarborough in seinem Museumssaal. Nervös tippte er mit einem Bleistift gegen den Deckel des Schreins – einen Deckel, der sich wie bei einer Truhe heben ließ. Der Sarkophag war im Grunde nichts anderes als eine Holztruhe, in der die Mumie ruhte.
Auch Wilkins war da, der Butler, ein großer, schlanker Mann, der schon seit Jahren in den Diensten des Professors stand.
»Sind Sie sicher, dass Sie es tun wollen, Sir, nach dem Schock von gestern?«, fragte Wilkins.
»Ich muss wissen, ob es noch einmal passiert, Wilkins«, sagte Professor Yarborough mit Nachdruck. »Aber lassen Sie bitte erst Luft herein. Ich kann geschlossene Räume nicht ausstehen.«
»Jawohl, Sir.« Wilkins öffnete die nächsten Türflügel. Vor vielen Jahren war Professor Yarborough zwei Tage lang in einer Grabkammer eingeschlossen gewesen, und seither mied er Räume mit geschlossenen Fenstern.
Als die Glastüren offen standen, hob Wilkins den Deckel vom Sarg. Beide Männer beugten sich vor und schauten hinein.
Mancher dürfte den Anblick einer Mumie nicht gerade als angenehm empfinden, doch ist er in keiner Weise abstoßend. Mit Bitumen und anderen Konservierungsmitteln einbalsamiert, darauf sorgfältig in Leinen gehüllt, blieben die Körper toter Könige und Edelleute des alten Ägyptens über Jahrtausende fast vollkommen erhalten. Aus religiösen Gründen mussten sie so für den würdigen Eintritt in die nächste Welt vorbereitet werden. Darum wurden auch viele Kleider, Geschmeide, Gerätschaften und Juwelen, die sie im Leben besessen hatten, mit ihnen bestattet – zum Gebrauch in der künftigen Welt. Die Mumie im Sarg trug den Namen Ra-Orkon. Die leinene Hülle war stellenweise aufgeschnitten worden, sodass der Professor Ra-Orkons Gesicht sehen konnte. Es war das Gesicht eines älteren Mannes mit feingeschnittenen Zügen, wie aus dunklem Holz geschnitzt. Die Lippen waren leicht geöffnet, als wollte er sprechen. Die Augen waren geschlossen.
»Ra-Orkon sieht sehr friedlich aus, Sir«, stellte Wilkins fest. »Ich glaube nicht, dass er heute zu Ihnen sprechen wird.«
»Das hoffe ich auch nicht.« Professor Yarborough kniff die Lippen zusammen. »Es ist nicht normal, Wilkins, dass eine vor dreitausend Jahren begrabene Mumie redet. Oder auch flüstert. Es ist vollkommen unnatürlich.«
»Wirklich unnatürlich, Sir«, bekräftigte der Butler.
»Aber gestern flüsterte er mir etwas zu«, sagte der Professor, »als ich mit ihm allein im Zimmer war. Er flüsterte in einer unbekannten Sprache, aber es hörte sich sehr eindringlich an, als wünsche er, dass ich etwas tun solle.«
Er beugte sich vor und sprach die Mumie an. »Ra-Orkon, wenn du zu mir sprechen willst: Ich höre. Ich werde versuchen zu verstehen.«
Eine Minute verstrich. Noch eine. Nichts war zu hören als das Summen einer Fliege.
»Vielleicht habe ich es mir doch nur eingebildet«, sagte der Professor. »Ja, so war es sicherlich. Holen Sie mir die kleine Säge aus dem Atelier, Wilkins. Ich will von dem Sarg eine Ecke abnehmen. Mein Freund Jennings von der Universität Los Angeles wird dann versuchen, mithilfe eines Radioaktivitätstests am Kohlenstoff des Holzes den Zeitpunkt zu bestimmen, zu welchem Ra-Orkon begraben wurde.«
»Sehr wohl, Sir.« Der Butler verließ das Zimmer.
Professor Yarborough ging um den Schrein herum und klopfte das Holz ab, um festzustellen, wo er das benötigte Stück absägen sollte. Einmal glaubte er einen etwas hohlen Klang zu vernehmen. An einer anderen Stelle erschien ihm das Holz so locker, als sei es hier schon vermodert.
Plötzlich kam ihm ein leises Murmeln zum Bewusstsein, das aus dem Sarg drang. Erschrocken richtete er sich auf, dann legte er sein Ohr dicht an den Mund der Mumie.
Die Mumie flüsterte ihm etwas zu! Über die leicht geöffneten Lippen kamen Worte – gesprochen von einem Ägypter, der seit dreitausend Jahren nicht mehr am Leben war.
Der Professor konnte die Worte nicht verstehen. Es waren Kehl- und Zischlaute, so leise, dass er sie kaum zu hören vermochte. Aber die
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