Die drei ??? und die silberne Spinne
aber wir pflegen überkommene Traditionen und halten in diesem Zeitalter des ständigen Wechsels daran fest. Vielleicht hängen wir sogar zu sehr an ihnen, weil sich rings um uns so vieles rasch verändert. Ihr seid Detektive, und ihr seid meine Freunde. Glaubt ihr, dass ihr die echte silberne Spinne für mich wiederfinden könnt?«
Justus knetete nachdenklich seine Unterlippe.
»Ich weiß nicht, Lars«, sagte er. »Ist diese silberne Spinne lebensgroß?«
Lars nickte. »Etwa so groß wie ein Vierteldollarstück.«
»Dann ist sie also ziemlich klein. Sie ließe sich überall verstecken. Vielleicht hat sie auch jemand zerstört.«
»Das glaube ich nicht«, sagte Lars. »Nein, ich bin sicher, dass sie nicht zerstört wurde. Dazu ist sie zu wichtig. Verstecken lässt sie sich allerdings sehr leicht. Aber wenn sie irgendjemand versteckt hat, dann muss er achtgeben, dass man sie nicht bei ihm findet, denn das ist nach der von meinem Vater geschaffenen Tradition ein schweres Vergehen. Selbst Staffan Forsberg könnte sich den Folgen nicht entziehen.« Lars holte tief Atem. »Na gut«, sagte er dann. »Jetzt habe ich euch alles erzählt. Ich kann mir nicht vorstellen, wie ihr mir helfen könnt, aber ich hoffe, dass ihr es auf irgendeine Weise schafft. Aus diesem Grund war ich gleich so begeistert, als irgendjemand meinte, ich hätte vielleicht gern für das festliche Ereignis meine neuen Freunde aus Kalifornien hier. Und jetzt seid ihr da. Nur weiß niemand, dass ihr Detektive seid, und niemand darf es erfahren. Ihr müsst euch in allem, was ihr tut, wie – na ja, wie ganz normale amerikanische Jungen geben.« Lars sah die drei ??? scharf an. »Was meint ihr jetzt? Könnt ihr mir helfen?«
»Ich weiß nicht«, sagte Justus aufrichtig. »Eine kleine Spinne in einem Versteck zu finden, das ist sehr schwierig. Aber wir können es versuchen. Ich finde, wir sollten zuerst einmal feststellen, wo sie gestohlen wurde und wie sie aussieht. Du sagst, es hätte sich an ihrer statt eine Imitation gefunden?«
»Ja, eine sehr geschickte Fälschung, aber doch nur eine Fälschung. Kommt mit, dann zeige ich sie euch. Ich werde euch zu unserem Museum bringen.«
Die drei ??? nahmen ihre Kameras mit, und Lars führte sie über einen langen fliesenbelegten Flur. Sie gingen eine Wendeltreppe hinunter zu einem noch breiteren Flur. Wände, Fußboden und Decke waren aus Stein.
Das wird ja immer schwieriger für unsere Juniordetektive – einmal die Ermittlungen in jenem Verdacht auf ein Wirtschaftsverbrechen, das ihnen bisher nur in äußerst vagen Umrissen angedeutet werden konnte, und nun zusätzlich eine völlig anders geartete Aufgabe: die Suche nach einem Kleinod, dem für die kleine Schwedenstadt in Texas eine fast magische Bedeutung als eine Art Super-Talisman zukommt. Schade, dass wir den verstorbenen Seniorchef der Magnus-Werke nicht mehr kennenlernen konnten; es müsste faszinierend sein, einem Mann zu begegnen, der aus einer literarischen Phantasie das Machtsymbol für ein Unternehmen und seine Mitarbeiter zu schaffen wusste.
»Der Palast ist einem Grafenschloss aus dem 17. Jahrhundert genau nachgebaut«, erzählte Lars. »Die Fundamente und Teile der Außenmauern sind entsprechend dem echten historischen Schloss in Schweden im Stil einer alten Burg gehalten. Mein Vater wollte eine getreue Kopie. Es gibt Dutzende von unbewohnten Räumen, und in die beiden obersten Geschosse kommt so gut wie niemand. So superreich sind wir nämlich gar nicht, und wir können uns nicht so viel Dienstpersonal leisten, wie es nötig wäre, um den ganzen Palast instand zu halten. Heizbar sind übrigens nur die Räume, die modern eingerichtet sind, und zum Modernisieren weiterer Räume steht wegen dringender Investitionen im Betrieb kein Geld zur Verfügung. Ohne Heizung aber – na, ich danke!«
Sie konnten es sich leicht vorstellen. Mitten im August war es in Lars’ Palast recht kühl.
»Es gibt hier Verliese und Keller, genau wie bei dem Bau, der als Vorbild gedient hat«, fuhr Lars fort, als sie noch eine weitere Treppenflucht hinunterstiegen. »Da sind Geheimeingänge, die wir schon ganz vergessen haben, und versteckte Treppen, die in toten Winkeln enden. Sogar ich könnte mich hier verirren, wenn ich einmal von den Wegen, die mir vertraut sind, abginge.« Nun lachte Lars. »Es ist nicht nur die ideale Kulisse für Bert Youngs Historienfilm, sondern es wäre auch ein phantastischer Schauplatz für ein Horrorspektakel«, meinte er.
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