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Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)

Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)

Titel: Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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hatte sich in einen glühenden Rost verwandelt. Er sah jetzt ein, daß er die Natur des Tieres, mit dem er sich eingelassen, verkannt hatte; er wußte seinem Hunger keine Weide, und es schlug um so wilder aus, je freier er es laufenließ. Wehe dem, der in dem Kampf unterlag, in dem Wunden geschlagen wurden, unheilbare, giftige Wunden, die sich der gute Ritter so nah vor seinem Tode mit Gottes Hilfe gern erspart hätte.
    Schon auf der Jagd konnte der alte Seneschall seiner Frau nicht mehr folgen, er schwitzte unter seinem Harnisch, keuchte, schnappte nach Luft, kam der Ohnmacht nahe, während die Seneschallin sich immer toller berauschte und sich ein zehnfaches Leben trank aus dem Becher der wilden Hatz. Am Abend nach dem Vesperbrot wollte sie dann tanzen. Wenn nun der unglückliche Mann, in einen ganzen Pack von dicken Stoffen eingewickelt, ihr den Partner machen mußte, als etwa ihr die Hand geben, wenn sie den Schüttertanz der Mohrin versuchte, oder ihr die Leuchter halten zum Fackeltanz, denn sie hatte die tollsten Einfälle, da meinte er oft, zusammenbrechen zu müssen vor Abspannung und Müdigkeit; aber es half alles nichts, er mußte die Zähne aufeinanderbeißen und den charmanten Schwerenöter machen, trotz Gicht, Zipperlein und Rheumatismus, und mußte den Entzückten spielen bei ihrem Schmiegen und Biegen, ihrem Wirbeln und Balancieren, ihren Pantomimen und tausenderlei Possen, bei denen sie kein Ende finden konnte. Er liebte sie trotzdem über alles; wenn sie die Glocken von Saint-Martin als Berlocken verlangt hätte, er hätte sie ihr geholt in hellem Lauf.
    Eines schönen Tages aber sah er doch ein, daß seine Lenden zu lahm und seine Glieder zu steif geworden, um es länger mit der strotzenden Gesundheit seiner Frau aufnehmen zu können. Er beschloß darum in demütiger Zerknirschung, der Sache ihren Lauf zu lassen und alles dem lieben Gott und der Schamhaftigkeit und Ehrbarkeit seiner Frau anheimzustellen. Dennoch schlief er nur mit einem Auge, denn er konnte den Gedanken nicht abweisen, daß Gott die Jungfernschaften gemacht habe, um entjungfert, die Rebhühner, um aufgespießt und gebraten zu werden.
    An einem feuchtgrauen Morgen, während es draußen fein regnete und nur Schnecken mit Behagen spazierengingen, an einem solchen wahrhaft trübseligen Morgen, der den Geist träumerisch und melancholisch macht, saß Blancheflor auf einem Stuhl am Fenster und sinnierte vor sich hin; denn ihr müßt wissen, daß nichts so sehr die substantiellen weiblichen Essenzen in Wallung und Gärung bringt, daß kein Rezept, Spezifikum oder Filter eindringlicher, durchdringlicher, beißender, kribbeliger, kitzeliger ist als die subtile Wärme, die sich erzeugt zwischen dem Haarpolster eines Sessels und dem einer Jungfrau, die lange darauf sitzt. Die arme Gräfin juckte es aller Ecken und Enden; ihre Jungfernschaft fing an, ihr unerträglich zu werden, ohne daß sie wußte, was das alles zu bedeuten habe.
    Mit Kummer sah der Ehemann den Zustand seiner Frau; denn er erriet das heimliche Spiel ihrer Gedanken als den feinen geistigen Anfang von sehr ungeistigen groben Dingen.
    »Was ist es, das Euch Sorge macht, mein Herz?« fragte er.
    »Ich schäme mich, darum bin ich bekümmert.«
    »Hat Euch jemand einen Schimpf angetan?«
    »Ein Schimpf liegt darin, daß mich Gott als Frau verworfen hat und daß ich Euch keine Nachkommenschaft geben kann. Ist man überhaupt eine Frau, wenn man nicht Mutter werden kann? Sicherlich nicht. Seht nur, alle meine Nachbarinnen haben Kinder; um Kinder zu haben, habe ich mich verheiratet, nur in dieser Absicht habt Ihr mich genommen. Die Edelleute von Touraine sind alle reichlich mit Kindern versehen. Die Frauen schenken ihnen ganze Nester voll. Ihr allein habt keine. Wahrlich, man wird über Euch lachen. Was soll da aus Eurem Namen werden und aus Eurem Lehen und aus Eurer Herrschaft? Ein Kind ist uns Frauen die liebste Gesellschaft. Wir kennen keine größere Freude, als es ein- oder auszupacken, zu putzen und zu waschen, anzuziehen und wieder auszuziehen; als es zu schaukeln, zu herzen, zu küssen, zu wiegen; als es zu päppeln bei Tag und bei Nacht. Oh! wenn ich nur einen Bürzel von einem Kind hätte, wie wollt ich es drücken und schmücken, wie wollt ich es schlecken und necken; wie sollt es hüpfen und springen um mich, wie sollt es lachen und tollen, ich glaube, ich würde närrisch werden vor Glück.«

     
    »Ihr bedenkt nicht, daß so viele Frauen sterben bei der Niederkunft; um

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