Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)
ernst und verschlossen war wie der Mund der Beaupertuys, deren anderer Mund sich doch gern jeder Spaßigkeit offen und zugänglich zeigte.
Er legte also entschlossen die Hand auf die Taler und sagte höflich zu den beiden andern: ›Küßt mich am Hintern.‹ Die beiden Geizkragen fürchteten nicht umsonst den holländischen Ernst, sie antworteten: ›Wohl bekomm's!‹ so etwa, wie wenn er geniest hätte.
Die ganze Gesellschaft und Cornelius selber mußte lachen.
Als der alte Marchandeau seine Hand nach den Dukaten ausstreckte, prickelte und kitzelte ihn der Lachreiz derartig, daß sein altes Gesicht, das von Blatternarben durchlöchert war wie ein Sieb, das Lachen so wenig zurückhalten konnte wie ein Seiher das Wasser oder ein alter sprüngiger Ofen den Rauch. Es drang mit Gekicher durch alle Poren, er konnte schon gleich kein Wort hervorbringen.
Jetzt kam die Reihe an den Rosenkranzhändler, ein kleines, spaßiges Männlein; seine Lippen waren zusammengezogen wie der Hals eines Gehängten. Er ergriff eine Handvoll Dukaten, blickte die andern der Reihe nach an, den König nicht ausgenommen, und mit lauernder Pfiffigkeit sagte er:
»Ihr könnt mich am Hintern küssen.«
»Ist er auch sauber?« fragte Marchandeau.
»Ihr könnt ihn euch ansehen«, antwortete ernst der Rosenkränzler.
Der König fürchtete schon für seine Dukaten; denn Peccard war bereits daran, das sakramentale Wort ohne das geringste Lachen zum dritten Male auszusprechen, als ihm die Beaupertuys ein Zeichen machte, wie wenn sie sagen wollte: »Ich auch?«, worüber der zusammengepreßte Mund des Bigotterienhändlers ein pfuchzendes Lachen fahrenließ gleich einem Furz.
»Wie hast du es nur fertiggebracht, so lange ernst zu bleiben?« fragte Dunois.
»Ich habe«, antwortete der Mann, »zuerst an meinen Prozeß gedacht, der morgen zur Verhandlung kommt, und dann an meine Frau, die eine verdammte Kratzbürste ist.«
Aus Gier nach dem Haufen Gold versuchten sie das Spiel nun noch einmal und belustigten wohl eine Stunde den König durch ihre Vorbereitungen, Gesichtsverzerrungen, Fratzen, Grimassen und andere Affigkeiten; aber wie große Duckmäuser sie auch waren und ganz und gar von der Art, die den Ärmel mehr liebt als den Arm, war doch zuletzt das Ergebnis kein anderes, als daß jeder von ihnen der Hausfrau dreihundert Taler zahlen mußte. Und mit gesenkten Ohren zogen sie ab.
»Majestät«, sagte Nicole, »wollt Ihr es nicht auch einmal mit mir probieren?«
»Papperlapapp«, erwiderte Ludwig lachend, »ich will ihn Euch gern küssen, aber so teuer darf's nicht sein.«
Das war noch ein haushälterischer König. Er hat es auch in anderen Fällen bewiesen.
Natürlich fanden auch die Freunde des Königs die dicke Nicole nach ihrem Geschmack und beehrten sie mit gelegentlichen Nachstellungen. Der vollblütige Kardinal La Balue trieb den Scherz eines Abends in Worten und Handgriffen um ein beträchtliches weiter, als es das kanonische Recht vorschreibt, aber die Beaupertuys war nicht auf den Kopf gefallen.
»Glaubt mir«, sagte sie zu dem Kardinal, »das Ding, das mein König liebt, braucht noch lange nicht die letzte Ölung.«
Auch Meister Olivier, der Barbier, trug ihr galant seine Dienste an.
»Nun«, sagte sie, »ich werde den König fragen, ob er erlaubt, daß ich mich rasieren lasse.« Da Meister Olivier nicht einmal um Verschwiegenheit bat, schöpfte sie den Verdacht, die beiden könnten im Auftrag und auf Anstiften des Königs gehandelt haben, dessen Eifersucht sie erweckt haben mochte. Am König selber konnte sie sich nicht rächen, sie beschloß also, sich an seine beiden Affen zu halten und ihnen einen Possen zu spielen, an den sie denken sollten. Sie wußte, daß sie zugleich dem König damit das größte Gaudium machte.
Als nun König Ludwig wieder einmal zum Abendessen kam, hatte Nicole eine Dame von hohem Rang bei sich, die Seine Majestät gern gesprochen hätte, um die Begnadigung ihres Mannes zu erflehen. Da gedachte die geriebene Nicole nicht nur zwei, sondern drei Mücken mit einer Klappe zu schlagen: die königlichen Hanswürste zu prellen, ihrem Ludwig einen gespaßigen Abend zu machen und die genannte Dame, ihre Freundin, in die königliche Gunst einzuschmuggeln. Denn diese Dame sollte ihr bei der Posse behilflich sein.
Sie nahm darum den König auf die Seite und sagte ihm, daß es heut einmal einen Spaß geben sollte, wie es noch keinen gegeben habe. Er solle nur die Herren bei Tisch in guter Eßlaune
Weitere Kostenlose Bücher