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Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)

Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)

Titel: Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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keine Möglichkeit, wie auch der Wurm in ihnen sich krümmte. Ihre Bedrängnis wurde von Minute zu Minute größer.
    Nicole, die ihre Tortur lächelnd mit ansah, nahm den König auf die Seite.
    »Nun gebt acht«, sagte sie, »was ich mir ausgedacht habe. Ich habe mir von Meister Peccard, dem Rosenkränzer und Wachsstockhändler, zwei Puppen machen lassen, die mir und meiner Freundin auf ein Haar ähnlich sehen. Wenn nun die Herren da von den Laxierpulvern, die ich unter die Speisen gemischt habe, sich so bedrängt fühlen, daß sie nicht mehr wissen, wo ein noch aus, und in Hast und Eile das Örtlein suchen, zu dem wir alle unsre Zuflucht nehmen müssen, solange wir im Fleische wandeln, werden sie diesen Stuhl der Könige und Thron der Menschlichkeit immer schon besetzt finden; und Ihr sollt sehen, das gibt einen Heidenspaß.«
    Die Damen entfernten sich nun aus dem Saal, und nach einer kurzen Weile kehrte Nicole allein zurück, so daß es den Eindruck machte, als ob die andere Dame sich irgendwo noch ein wenig aufhalte, wo in diesem Augenblick mehr als einer sich hinwünschte, am inbrünstigsten der Kardinal. Diesen aber winkte jetzt der König zu sich heran, und indem er das goldene Kreuz auf seiner breiten Brust ergriff, wie um das Email zu studieren, fing er an, ernstlich von Geschäften zu reden, kam vom Hundertsten ins Tausendste und konnte gar kein Ende finden. Der Kardinal sagte zu allem nur »ja, ja«, um so rasch wie möglich von der hohen Ehrenbezeigung loszukommen; denn er fühlte, wie das Wasser sich in seinen Kellern staute, und hatte eine Mordsangst, den Schlüssel zu jener Tür zu verlieren, wo man die Leute hinausläßt, aber niemand hinein. Die anderen waren nicht besser daran. Sie machten alle die Erfahrung, daß nicht nur das Wasser, sondern auch der Dreck von Natur die Eigenschaft erhalten hat, als hartnäckig unvernünftige Kreatur mit dem Kopf durch die Wand zu wollen und dem Gesetz der Gravitation zu folgen, wie alles, was Schwere hat. Diese verdammten Substanzen, was sie für ein Bollern und Kollern machten und immer ungebärdiger wurden gleich allen Gefangenen, denen widerrechtlich die Freiheit vorenthalten wird. So ein Dreck ist vollends ein gar unverschämter Geselle. Er ist so frech, er bricht aus, wo er kann, er stinkt sogar vor der Nase einer königlichen Majestät. Und also waren groß die Gebresten dieser Herren, die all ihre Kraft und Wissenschaft zusammennehmen mußten, um nicht vor den Augen des Königs ausgemachte Scheißkerle zu werden. Der gute Ludwig tat, als ob er nichts merkte. Seine Güte war heut grenzenlos. Er zog einen nach dem andern ins Gespräch, und wenn er dann sah, wie sie die Zähne aufeinanderbissen, wie ihre totenblassen Gesichter sich verzerrten, wie ihnen der kalte Schweiß von der Stirne tropfte, hatte er so recht das Gefühl, bei Gott, daß es sich doch noch der Mühe lohne, ein König zu sein.

     
    »Bei der Heiligen Jungfrau«, sagte der Parlamentsherr zu dem Barbier, »ich würde mein Amt dafür geben, wenn ich mich auf anderthalb Minuten an den Hasengraben wünschen dürfte.«
    »Ja, ja«, antwortete Meister Olivier, »es geht nichts über einen guten Schiß, und wahrhaftig, ich wundere mich nicht mehr über die Fliegen, die alles um einen her vollmachen.«

     
    Unterdessen dachte der Kardinal, das oberhofgerichtliche Verhör der Dame müsse doch einmal ein Ende erreicht haben. Mit einem heftigen Ruck, wobei das Kreuz in des Königs Hand blieb, riß er sich los, und ›laufst nicht, so gilt's nicht ...‹
    »Holla, Kardinal«, rief der König, »ist der Teufel in Euch gefahren?«

     
    »Wahrhaftig«, schrie das Ungetüm von La Balue, »er will aber mit Gewalt wieder heraus.« Unter diesen Worten entwischte er, indem er es den andern überließ, seinen Witz zu belachen. Mit großen Schritten strebte er dem gebenedeiten Örtlein zu, riß die Tür auf, auch ein wenig die eigene Hintertür, und fuhr zurück. Wie ein Papst, wenn er gesalbt wird, saß da die Dame auf dem Stuhl. Der Kardinal machte also seinen Riegel von hinten wieder sicher; er gedachte nun in den Garten zu kommen. Aber er hörte die Hunde anschlagen und fürchtete für seine kostbaren Hemisphären. Und nicht wissend wohin, mit dem ungeduldigen Gast im Gedärm, mit klappernden Zähnen wie vom Fieber geschüttelt, erschien er wieder in dem Saal. Bei seinem Erscheinen glaubten die übrigen, er sei glücklich genug gewesen, seine natürliche Kloake und geweihten Abzugskanäle zu entleeren.

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