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Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)

Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition)

Titel: Die dreißig tolldreisten Geschichten - 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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erhalten, sie gehörig nötigen, daß sie bis zum Übermaß schöpften und schenkten, und sie nach aufgehobener Tafel nicht aus dem Auge lassen, sie festhalten, sie zappeln lassen, so werde er Gesichter und Grimassen sehen, wie er noch keine gesehen, also daß er gewiß die Dame für ihre Beihilfe an dem saftigen Spaß nur so überschütten werde aus dem Füllhorn seiner königlichen Gunst und Gnade.
    »Zu Tisch, meine Herren!« rief der König, in den Saal tretend, »die Jagd war lang, ich habe einen Hunger wie sieben.« Es waren aber gegenwärtig der buckelige Barbier, der Kardinal, ein fetter Bischof, der Hauptmann der schottischen Leibwache und ein Abgesandter des Parlaments. Diese ganze Gesellschaft folgte nun den Damen in die Halle an den gedeckten Tisch und machte sich alsbald mit Fleiß und Eifer daran, sich die Wämser zu wattieren. Was das heißen will? Das will heißen, sich den Magen zu laden wie eine Bombe, die Retorte zu heizen, die Platten zu leeren, mit dem Degen des Kain einzuhauen, gebratene Leichname zu begraben, aus seinem Maul eine Mühle zu machen und aus seinen Zähnen Mühlsteine, philosophischer ausgedrückt: seinen Gedärmen Füllsel zu verschaffen. Wißt ihr nun, was das heißen will? Braucht man, bei Gott! einen Haufen Wörter, um euch die verrostete Gehirntüre aufzusprengen!
    Der König sorgte dafür, daß sie nicht feierten. Mit wahrhaft königlichen Worten spornte er ihren Eifer an, wenn er nur im geringsten erlahmen wollte. Er rühmte ihnen den Pickelsteiner mit den gelben Rübchen, er ließ ihnen ganze Berge grüner Erbsen auf die Teller häufen, er sagte zu dem einen: »Warum eßt Ihr nicht?«, zu dem andern: »Trinken wir auf die Gesundheit unsrer Wirtin« und dann wieder zu allen: »Mit diesen Krebsen müssen wir fertig werden.« »Schenkt ein zu diesen Lampreten, Fische müssen schwimmen.« »Bei Gott, ich glaube, dies ist die schönste Barbe der Loire. Da dreht mir nur gleich einem Dutzend Flaschen den Hals um.« »Dieses Wildschwein ist von meiner Jagd, wer ihm nicht Ehre antut, beleidigt den König.« »Meine Herren, eine solche Blutwurst habe ich noch nicht gegessen, da schmeckt gelber Sauternes gut dazu.« Und wieder: »Trinkt, meine Herren, der König schaut nicht hin.« »Zum Wein schmeckt das Süße gut, verachtet mir diese kleinen Kuchen nicht. Und dieses Eingemachte, ihr würdet die Hausfrau kränken, sie hat es selber bereitet.« »Und seht, wie euch die Birnen anlächeln und diese goldigbraunen Trauben. Holla, meine Herren, sie sind von meinem Weinberg.«
    Wahrhaftig, dieser König war nicht faul im Zureden. Dazu lachte er mit ihnen, gab derbe Scherze zum besten, beklatschte die Schweinereien des dicken Kardinals, kurz, es ging zu, wie wenn der König gar nicht der König gewesen wäre. Darüber wurden von Gesottenem, Gebratenem und Gebackenem ganze Wagenladungen voll eingeschifft und der Wein kübelweise in die Rinnen gegossen, die man die Gedärme nennt, als welche sich füllten von einem Ende zum andern, daß die Wänste schwollen bis zum Bersten und die Bäuche strotzten wie ein Ansbacher Preßsack.
    Als die Gäste in den Saal zurückkehrten, stand ihnen bereits der kalte Schweiß auf der Stirne, und schon bereuten sie ihre Unmäßigkeit. Der König spielte den Stummen, und die andern hatten um so weniger Lust zur Rede, als am liebsten ihr Bauch und Hinterer das Wort ergriffen hätte, was zu verhindern keine kleine Anstrengung kostete. Sie fingen an, Schlimmes zu befürchten. Einer sagte heimlich zu seinem Nachbar: »Ich glaube, von dieser Kapernbrühe hätt ich nicht essen sollen.« Ein anderer: »Mir ist, als ob der Aal in meinem Bauch lebendig würde.« Ein dritter: »Ich wollte, der Teufel hätte die Blutwurst im Leib.« Am meisten hatte der Kardinal geladen. Er hatte auch einen Wanst wie drei Benediktiner-Äbte zusammen, er stieß die Luft durch die Nase wie ein Roß, das Unheil wittert. Ihm entfuhr auch zuerst ein lauter Rülps. Man war aber zum Unglück nicht in Deutschland, wo man dazu ›Helf Gott!‹ sagt. In diesem Punkt verstand der König keinen Spaß. Er fand die gastrische Sprache garstig. Er zog drohend die Augenbrauen in die Höhe.
    »Haltet Ihr mich für Euren Meßpfaffen?« fuhr er den Kardinal an.
    Alles zitterte, da der König doch sonst einen kunstgerechten Rülps nach Gebühr zu schätzen wußte. Und heimlich berieten sie bei sich, wie sie ihre Ballen Luft auf andern Wegen gefahrlos über die Grenze schmuggeln könnten, doch sahen sie leider

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