Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition)

Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition)

Titel: Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
Vom Netzwerk:
ihr wollustvoller Rücken und Bug sich in einen schuppigen Schwanz, ihre rosigen Lippen und ihr kleiner lieblicher Mund in einen Krokodilsrachen verwandeln müsse.
    Und also faßte ich den festen Entschluß, den genannten Sukkubus foltern zu lassen, bis er eingestände, was Wir von ihm wissen wollten, wie es Brauch und Herkommen ist überall in der Christenheit. Als aber dieser Dämon fasernackt vor mir stand, um auf die Folterbank gestreckt zu werden, fühlte ich mich plötzlich von neuem von der Gewalt seines Zaubers überwältigt. Mein Kopf wurde mir heiß, mein Herz schwoll an von Strömen Blutes, ich fühlte mich jung wie mit einem Schlag. Mein langes christliches Leben, das hinter mir lag, war plötzlich vergessen, und ich kam mir vor wie ein Knabe, der der Schule entlaufen ist und süße Trauben maust in den Weinbergen. Ich hatte nicht einmal mehr die Kraft, das Zeichen des heiligen Kreuzes zu machen, und Kirche, Gott und Heiland waren wie weggelöscht aus meinem Gedächtnis. Wie ein Träumender wandelte ich durch die Straßen, immer die süße Stimme dieser Verdammten im Ohr, immer den satanisch lieblichen Körper dieses Dämons vor Augen, der mir unausgesetzt häßliche und schlechte Gedanken ins Ohr flüsterte.

     
    Und endlich konnte ich dem Antrieb des Teufels nicht mehr widerstehen. Wie angestachelt von seiner glühenden Gabel, trieb es mich hin zum Kerker der Unglücklichen, und es nützte nichts, daß mein heiliger Schutzengel mich von Zeit zu Zeit am Ärmel zupfte und warnte vor den Versuchungen der Hölle. Ungeachtet seiner Mahnungen und seines Beistands fühlte ich mich fortgezogen wie von scharfen Krallen, die sich in mein Herz einbohrten. So kam ich in den besagten Kerker. Die Türe wurde mir aufgetan, aber was ich da sah, glich keinem Gefängnis; denn der Sukkubus hatte mit Hilfe höllischer Genien oder sonstiger Zauberwesen ein Zelt von Purpur und Seide um sich her gebaut, wo es duftete wie auf einer Wiese im Frühling und wo das schöne Weib sich erlustigte, angetan mit köstlichen Kleidern und ohne die Spur einer Fessel an den Händen, am Hals oder an den Füßen. Ich ließ mir meine geistlichen Gewänder abnehmen und mich in ein duftendes Bad führen. Dann bekleidete mich der Dämon mit einem morgenländischen Gewand, ließ mir ein Festmahl anrichten, seltene Gerichte in kostbaren Gefäßen und morgenländischen Wein in goldenen Kannen; dazu ertönte eine bezaubernde Musik, und mit Gesang und süßen Schmeichelreden kitzelte sie meine Seele. Immer hielt sich der genannte Sukkubus an meiner Seite, und ihre satanischen Berührungen entzündeten neue Feuer mir im Herzen und Hirn. Mein heiliger Schutzengel verließ mich. Ich lebte ganz von der Kraft des Lichts, das aus den schrecklich schönen Augen der Mohrin leuchtete, und von der Zaubergewalt, die mit der Wärme ihres Körpers in meinen Körper strömte. Ich wollte ihre roten Lippen fühlen, und ich hatte keine Angst vor den Bissen ihrer Zähne, die in den Schlund der Hölle zerren. Ich war glücklich, ihre weichen, zarten Hände zu fühlen, und dachte nicht daran, daß es in Wahrheit scheußliche Krallen waren; kurz, ich zitterte wie ein Bräutigam, der sich anschickt, zu seiner Braut zu gehen, und vergaß ganz und gar, daß diese Braut der ewige Tod war. Ich vergaß Gott und die Welt und hatte nur die Liebe dieses Weibs im Kopf, die mich wie mit einer Flamme umgab. Und nach nichts brannte ich heißer, als mich in die ewige Höllenpforte zu stürzen, die sie mir auftat. Drei Tage und drei Nächte dauerte das, ohne daß, ich weiß selbst nicht wie, der Strom versiegte in meinen Lenden, in die sich die Hände des Sukkubus wie teuflische Klauen einkrallten. Zuerst war es eine sanfte Wollust, die mir wie süße Milch durch die Adern floß; doch immer heftiger und heftiger wurde sie und wurde wie ein brennender, schneidender Schmerz von scharfen Messern. Ich fühlte ihn in den Knochen, im Mark und Gehirn. Es war zuletzt die wahrhaftige Qual der Hölle. Wie mit glühenden Zangen fühlte ich mich gezwackt. Es war eine unglaubliche, unerträgliche, tödliche Wollust. Ihr üppiges Haar floß über meinen Körper, und es war mir, als ob Feuerströme sich über meine Haut ergössen. Ihre Strähnen brannten mich wie die Eisenstangen eines glühenden Rostes. Sie aber lachte und sagte mir tausend aufreizende Worte: wie, daß ich ihr Ritter wäre, ihr Herr und Gebieter, ihr heller Tag, ihre laute Freude, ihr Blitz und Donner, ihr Leben mit einem Wort.

Weitere Kostenlose Bücher