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Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition)

Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition)

Titel: Die dreißig tolldreisten Geschichten - 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Martin Maupertuis, Hieronymus Maschefer, Jacques de Ville d'Omer und der edle Herr Philippe von Ydré, in Vertretung des gegenwärtig abwesenden Bürgermeisters der Stadt Tours. Diesen Klägern und Beschwerdeführern, in Unserem früheren Protokoll und Verfahren bereits namhaft gemacht, haben Wir, auf Antrag der Blancheflor Bruyn, zuletzt Nonne bei den Karmeliterinnen unter dem Namen Schwester Ciaire, kundgemacht und zu wissen getan, daß die auf höllische Zauberei angeklagte Nonne Berufung eingelegt und sich anerboten hat, in einem Gottesgericht durch die doppelte Probe des Feuers und des Wassers in Gegenwart des Kapitels und der ganzen Stadt Tours ihre natürliche Weiblichkeit und Unschuld zu beweisen und darzutun. Und sind diesem Ansuchen der genannten Nonne die genannten Kläger beigetreten, als welche unter der Voraussetzung, daß die Stadt Tours Gewähr und Bürgschaft übernehme, sich anheischig gemacht haben, unter Zustimmung der Paten angeklagter Nonne einen geeigneten Platz auszusuchen und den Holzstoß vorzubereiten.
    Ist darauf durch Uns, den Richter, als Frist und Ziel der Gottesprobe festgesetzt worden der erste Tag nach dem Frühlingsvollmond, welcher nämlich für dieses Jahr der Tag des heiligen Osterfestes ist, und haben wir als Zeitpunkt bestimmt die Stunde nach der Elfuhrmesse, womit beide Parteien als einer hinreichenden Frist sich einverstanden erklärt und ihre Zustimmung ausgesprochen haben.
    Soll darum gegenwärtiger Beschluß in allen Städten, Märkten und Burgen von Touraine wie auch des ganzen Königsreichs auf Wunsch, Kosten und Betreiben der Parteien öffentlich ausgerufen und kundgemacht werden.
    Hieronymus Cornill.

III. Wie es der Sukkubus angefangen hat, sich der Seele des alten Richters zu bemächtigen, und welches die Folgen waren dieses neuen Hexenzaubers

     
    Das Folgende ist die Beichte in extremis, feierlich und öffentlich abgelegt am Ersten des März im Jahre Eintausendzweihundertundzweiundsiebzig nach Unsres Herrn Geburt, durch den Priester Hieronymus Cornill, Chorherrn im Kapitel der Kathedrale von St-Maurice, geistlichem Ober-Strafrichter, als welcher sich dieser Ämter und Ehren unwürdig erklärte und, wie sein letztes Stündlein herannahte, sich solchergestalt also von seinen Sünden, Übeltaten und Verfehlungen in seinem Gewissen beängstigt fühlte, daß er zur Verherrlichung der Wahrheit, zur größern Ehre Gottes, zur Rechtfertigung des Gerichtshofs wie auch zur Erleichterung seiner Strafen in der andern Welt mit einem öffentlichen und allgemeinen Sündenbekenntnis Genugtuung zu leisten wünschte. Der genannte Hieronymus Cornill lag auf den Tod danieder in seinem Bett, und waren, um seine Erklärungen entgegenzunehmen, herbeigerufen worden: Jan van dem Haag (de Haga), Vikar vom Münster zu St-Maurice, Pierre Guyard, Schatzmeister des Kapitels, beauftragt von Unserm gnädigen Herrn, dem Erzbischof, die Worte des Beichtenden niederzuschreiben; außerdem Louis Pot, ein Mönch von Marmoustiers, vom Sterbenden zu seinem geistlichen Vater und Beichtiger erwählt; wohnte überdies dem Akt bei der hochgeborne und hochgelehrte Doktor Guilelmo de Censoris, römischer Archidiakonus und gegenwärtig in unsrer Diözese anwesend als Abgesandter (legatus) unsres Heiligen Vaters, des Papstes. Vor den genannten geistlichen Herren und in Gegenwart einer großen Anzahl christlicher Mitbürger, die zum Tode des genannten Hieronymus Cornill herbeigeeilt waren, und nachdem dieser Wunsch und Willen bekanntgegeben, öffentliche Buße zu tun, weil die Fasten zu Ende gingen und seine Worte allen Christen, die auf dem Weg des Verderbens wandelten, die Augen öffnen könnten:
    hat vor ihm, dem genannten Hieronymus, als welcher vor großer Schwäche nicht reden konnte, Louis Pot unter großer Bewegung der genannten Versammlung die folgende Beichte vorgelesen:

     
    ›Meine Brüder, bis zum neunundsiebzigsten Jahre meines Lebens, in dem ich noch stehe, glaube ich, ausgenommen einige läßliche Sünden, deren sich wohl jeder Christ, so heilig er sein mag, gelegentlich schuldig macht und deren Verzeihung wir durch aufrichtige Reue von Gott erhoffen dürfen, ein christliches Leben geführt und das Los und die Ehrenstellung verdient zu haben, wie sie mir in unsrer Diözese zugefallen sind, wo mir das hohe Amt eines obersten Strafrichters in geistlichen Angelegenheiten übertragen worden ist, dessen ich mich zuletzt so unwürdig gezeigt. In diesem Bewußtsein und in Anbetracht der unendlichen

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