Die dreißig tolldreisten Geschichten - 3 (German Edition)
war doch gewiß ein christliches Begehren oder ein begehrliches Christentum, wie ihr wollt. Er beabsichtigte freilich nicht, gerade einen Rosenkranz mit ihr zu beten; was er vielmehr suchte, war eine gründliche Unterredung mit ihr über das weibliche ›Ding an sich‹ der Philosophie oder über die weibliche Philosophie des Dings an sich. Aber die Profosin, die, wie oben bemerkt, eine gesetzte und gesittete Hausfrau war, hatte an ihrer eigenen Philosophie gerade genug und war nicht im geringsten neugierig auf die des Herrn Feldzeugmeisters. Dieser aber, der bald erkannte, daß all sein Geplänkel, all sein Getue und Geschmuhe mit dem schönen Luderchen zu nichts führte und auch den Grund davon erriet, wettete seine große schwarze Coquedulle, daß er dem Geliebten der Profosin seinen Degen in den Leib rennen wolle, und wenn er auch ein Mann von Gewicht sein sollte. Doch schwur er nichts in Sachen der Frau, womit er sich als guter Franzose auswies; denn man kennt Leute, rüde Gesellen, die bei solcher Gelegenheit alles kurz und klein schlagen und von drei Personen am liebsten vier umbringen möchten.
Wettete also der Herr Feldzeugmeister vor dem König und der Dame von Sorel, die vor dem Abendessen ein Spielchen zusammen machten, seine große schwarze Coquedulle, daß er seinen Nebenbuhler umbringen werde, was sich ihm auch in den Weg stelle, dessen der Herr König sehr zufrieden war, der sich auf diese Weise eines verhaßten Menschen entledigte, ohne daß es ihm ein Paternoster kostete.
»Und wie gedenkt Ihr die Sache auszuführen?« sprach mit schelmischer Miene die schöne Agnes von Sorel.
»Ihr werdet mir glauben, schöne Frau, daß ich meine große schwarze Coquedulle nicht verlieren will ...«
Was war aber das, die große schwarze Coquedulle? Oder vielmehr, was hat man in jener Zeit darunter verstanden? Wahrlich, ein dunkles und schwieriges Problem. Und ihr könntet euch in alten Schmökern und Scharteken die Augen aus dem Kopf lesen und es doch nicht lösen. Jedenfalls war es eine hochwichtige Sache.
Nun denn, setzen wir einmal die Brille auf die Nase und suchen wir. ›Dulle‹ bedeutet im Kleinbritannischen ein Mädchen, und ›coque‹ vom küchenlateinischen ›coquus‹ abgeleitet, bedeutet soviel als ein Schwanzhaar. Davon kommt das französische Wort ›cocquin‹, was auf deutsch soviel heißt als ein ›Spitzbub‹ oder ›Lumpensäckel‹, nämlich ein Kerl, der voll ist von Spitzbübereien, Lumpereien und Nichtsnutzereien, auch soviel wie ›Luder‹ oder ›Galgenstrick‹, worunter man einen verstehen mag, der nichts anderes tut als Fressen, Saufen, Würfeln, Huren und in den Zwischenpausen nichts anderes als Huren, Würfeln, Saufen, Fressen, dabei immer lumpiger und lausiger wird, bis er zuletzt stiehlt und sogar bettelt, am Ende aber mit Fräulein Hänfin Hochzeit macht. Aus alledem geht einigermaßen hervor und wird auch sonst von Gelehrten bestätigt, daß die große Coquedulle ein Hausgerät und Werkzeug war, womit man die Weibsen frisierte.
»Wie ich also die Sache auszuführen gedenke, schöne Frau?« nahm von neuem Lord Richmond, der Feldzeugmeister, das Wort. »Ich werde diesem Justizerich sagen, ein wenig im Dienste des Königs bei Tag und auch bei Nacht auf den Dörfern umherzustreifen, wo einige Bauern im Verdacht stehen, den Engländern allerlei Spionendienste zu leisten. Werden alsdann meine Taube und mein Täuberich sich um so sicherer glauben und über ihrem Geschnäbel nicht nur den Profusen, sondern Gott und den König selber vergessen. Im Namen des Königs schicke ich darauf den Profosen an den Ort, wo er die beiden zusammen finden und nicht versäumen wird, unsern Freund zu töten, der den Anspruch erhebt, den guten Kapuziner für sich allein zu haben.«
»Den Kapuziner?« fragte Frau Agnes; »was ist das?«
»Ratet!« antwortete der König lächelnd.
»Kommen wir zu Tisch, meine Herren«, erwiderte die Dame Sorel, »ihr seid mir zu boshaft. Ihr beschimpft in einem Zug die Bürgerlichen und die Klösterlichen.«
Schon lange hatte sich die Lampeline darauf gefreut, einmal in den Palast ihres Kavaliers zu kommen, wo sie sich eine lustigere und freiere Nacht versprach als zu Hause und wo man sich keinen Zwang aufzuerlegen brauchte, vor Angst, die Nachbarn zu wecken, während sie in der Wohnung ihres Mannes das leiseste Geräusch vermeiden und sich mit kleinen, flüchtigen und oberflächlichen Näschereien begnügen mußte. Sie wünschte sich einmal etwas andres als die
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