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Die dreißig tolldreisten Geschichten - 3 (German Edition)

Die dreißig tolldreisten Geschichten - 3 (German Edition)

Titel: Die dreißig tolldreisten Geschichten - 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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aufzustöbern, den er hängen könnte, wenn ein Gehängter von ihm verlangt wurde, und wonach er, da er geschickt war, nie lange zu suchen brauchte. Während er jedoch schlief, kümmerte er sich den Teufel um die Spitzbuben. Kurz, ich zweifle, daß ihr in der ganzen justifizierten Christenheit einen vollkommneren Profosen finden könntet. Alle hängen entweder zuviel oder zuwenig, während dieser gerade so viel hängte, als eben ein Profos hängen muß, um noch Profos zu sein.

     
    Dieser Lampel hatte zur rechtmäßigen Ehefrau eine der schönsten Bürgerstöchter von Bourges, worüber nicht nur alle Welt, sondern auch er selber sich nicht genug verwundern konnte. Jeden Tag, wenn er sein Haus verließ, um seinem hängerlichen oder henkerlichen Amte obzuliegen, legte er im geheimen seines Herzens dem lieben Gott die Frage vor, die manch einer aus der Stadt dem lieben Gott auch schon vorgelegt hatte, nämlich: warum gerade er, der Justizrat Lampel, der königliche Profos und Hängemeister, ein so gelecktes und geschlecktes Weibchen für sich habe, ein so leckeres und schleckeres Weibchen, daß ein Esel vor Behagen wieherte, wenn sie vorüberging. Der liebe Gott antwortete ihm nichts auf seine Frage, er wird wohl seine Gründe dafür gehabt haben.
    Statt seiner antworteten um so eifriger die bösen Zungen der Stadt. Die einen behaupteten, es habe dem guten Weiblein nur eine Spanne an ihrer Jungfrauschaft gefehlt, als der Justizerich sie zur Frau genommen. Andre behaupteten, daß er sie nicht für sich allein habe. Wieder andre, die Schälke, hatten das Sprichwort zur Hand, daß ein Esel auch einmal einen hübschen Stall findet. Also hatte jeder seine Hohnrede, und wer sich die Mühe gemacht hätte, sie aufzulesen, würde keinen kleinen Sack voll zusammenbekommen haben. Man mußte aber fast vier Viertel davon abziehen, denn die Lampeline war eine durchaus tugendhafte Bürgerin, die aus Pflicht ihren Mann und aus Liebe nur einen einzigen andern liebte. Und nun geht doch einmal und sucht mir durch die ganze Stadt ein Weibsen, das sich eine solche Beschränkung auferlegte. Einen Kreuzer gebe ich euch oder einen Schneuzer, wie ihr wollt, wenn ihr mir eine findet. Ihr werdet wohl etwelche antreffen, die weder einen Mann noch einen Geliebten haben. Andre haben einen Geliebten, aber keinen Mann. Gewisse Vogelscheuchen haben wohl einen Mann, aber keinen Geliebten. Aber wahrlich, um eine Frau anzutreffen, die einen Mann und nur einen einzigen Geliebten hat und die, wenn sie einmal A gesagt hat, nicht auch B und C sagt und sich so weiter ins Alphabet hineinbuchstabiert, da könnt ihr weit gehen; denn so etwas ist ein wahres Wunder, begreift ihr das, ihr Schwachköpfe, ihr Gelbschnäbel, ihr Hanswürste? Also schreibt euch, wenn ihr eurem Gedächtnis nicht traut, die Lampeline in euren Kalender ein und geht eures Wegs. Ich kehre auf den meinigen zurück.
    Die gute Lampeline gehörte keineswegs zu jenen, die immer unterwegs sein müssen, gehörte nicht zu jenen flatterhaften, schnatterhaften und gevatterhaften Wesen, nicht zu jenen weiblichen Sausewinden und Brausewinden, die mit lautem Getue hinter jeder Narrheit und Verrücktheit her sind, die keine Ruhe geben und jeder Windbeutelei nachjagen, als wenn es die Quintessenz des Lebens wäre. Sie war im Gegenteil eine gute und vernünftige Hausfrau, immer an ihrem Platz, in Küche, Stube oder Bett, immer bereit wie ein Leuchter, bereit für den Geliebten, während der Profos hängte, und bereit für den Profosen, nachdem der Geliebte weggegangen war. Dieses kluge Weibchen vermied es, vor den andern ein Rad zu schlagen, daß sie kollerten. Sie wußte die schöne Zeit ihrer Jugend nützlicher zu verwenden; sie wußte, was sie wollte, und kam damit weiter als die andern.

     
    Ihr kennt nun also den Profos und die Profosin. Was aber den Adjunkten des Meisters Lampel betrifft, nicht den Adjunkten seiner schmählichen, id est henkerlichen, sondern ehelichen Obliegenheiten (als welche ein einzelner Mann ohne Adjunkt unmöglich versehen kann), so war dies ein großer Grundherr der Provinz, den der König haßte; merket dies wohl, denn es ist ein wichtiger Punkt in der Geschichte. Und nun gebt acht, nun rede ich euch vom königlichen Feldzeugmeister.

     
    Der war ein Schotte und wilder Gesell. Er sah einmal aus Zufall die Lampeline, und sie sehen und sie haben wollen war eins. Sie haben zu wollen, nicht gerade für immer, aber so einmal für die Zeit, um einen Rosenkranz zu beten, und das

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