Die dreizehnte Gabe: Der Dunkle Wald (Die 13. Gabe) (German Edition)
sprangen.
Sie
erreichten eine
kleinen Lichtung und Lavinia runzelte die Stirn.
»Was
ist?«
»Nichts,
nichts! Ich dachte nur, ich meine, ich
glaub, ich kenne diesen Ort aus dem Märchenbuch.«
Sie
verharrten regungslos.
Für
Nadia fühlte es sich fast an, als stünden sie nicht mehr im
Dunklen Wald, sondern bei
Abenddämmerung auf einer gemütlichen kleinen Insel. Diese
Lichtung flößte ihnen ein falsches Gefühl von
Sicherheit ein. Kein Geräusch, kein Lichtfleck und vor allem
kein Anzeichen von Roxy oder den anderen beiden.
»Wieso
passiert nichts?«, fragte Lavinia leise, nachdem sie bestimmt
zwei Minuten nur dagestanden und gelauscht hatten. »Wir
streifen hier durch den Dunklen Wald und nichts rührt sich. Wir
werden beobachtet das spür ich! Wieso kommen die nicht raus? Wo
sind Motzig und Maxim und wo ist Roxy?«, flüsterte
Lavinia.
Auch
Nadia wunderte sich, warum sie der Wald nicht angriff. »Ich
glaube der Wald … oder der Vampir oder was auch immer …
wartet, bis wir tiefer im Wald stecken, und schlägt erst zu,
wenn wir mit Sicherheit nicht mehr rauskommen können.«
Lavina
stieß einen schrillen Angstschrei aus.
Nadia
nahm ihre Hand und drückte sie fest. »Aber da sind immer
noch Motzig mit seiner ganzen Macht und Roxy, die ebenfalls ziemlich
stark ist. Und vergiss Maxim nicht«, versuchte Nadia sie
aufzumuntern. Stellte sich die Frage, wo die anderen waren. Hatte der
Dunkle Wald sie schon erwischt? Roxy sicherlich! Das hatte sie in
ihrer Ahnung gesehen. Hätte sie es auch gespürt, wenn
Motzig und Maxim etwas zugestoßen wäre? Sicherlich! Dass
sie nichts von ihnen mitbekam, war vermutlich ein gutes Zeichen.
»Nadia,
was spürst du, wenn du an Roxy denkst?«
»Wut,
Hass und das Verlangen, sie umzubringen, wenn sie noch nicht tot
ist.«
»Das
meinte ich nicht. Lebt sie noch?«
»Vermutlich.
Ich glaube, wir müssen dort entlang.« Lavinia ließ
sich nur widerwillig mitziehen.
»Weißt
du, ich bin gar nicht so fies, wie alle immer denken! In meinem
Apartment hab ich, als ich noch richtig dort gewohnt hatte, jede
Woche mindestens einmal eine Spinne aus meiner Badewanne gerettet.
Ich hätte sie einfach hinunterspülen können, doch ich
hatte es irgendwie nicht geschafft«, erzählte Lavinia.
Sie
wurde ihr immer sympathischer. Nadia nahm wieder ihre Hand.
Ein
leises Geräusch streifte Nadias Ohr. Sie hatte wie Lavinia das Gefühl,
beobachtet zu werden. Das Geräusch wurde langsam lauter und bald
konnte sie erkennen, was sie da hörte.
»Der
Regenbogenfluss!«, sagte Lavinia und rannte auf das Wasser zu.
M otzig
kam es vor wie Stunden, bis sich endlich etwas im Wald veränderte.
Sie wanderten auf einem engen Pfad, der direkt am Regenbogenfluss
entlangführte. So bunt sah er gar nicht aus. Algen wuchsen bis
zur Wasseroberfläche. Motzig würde es nicht überraschen,
wenn der Fluss bald in einem Sumpf enden würde. Er vergewisserte
sich regelmäßig mit einem Blick über die Schulter, ob
Maxim noch da war.
Der
Wald war totenstill, ihre Schritte waren kaum zu hören. Er hatte
den leisen Verdacht, dass, wenn
etwas Maxim nur schnell genug umbrachte oder vom Pfad zerrte, er es
nicht einmal mit bekommen würde. Alles fühlte sich an, als
hätte jemand den Lautstärkeregler auf null heruntergedreht.
Der Pfad wurde etwas breiter und Maxim konnte neben Motzig gehen.
Sein Gesicht schimmerte im Schein des dreckigen Flusses unheimlich
grün.
»Stop!«,
befahl Motzig seinem Gefährten grob und hinderte ihn mit seinem
ausgestreckten Arm am Weitergehen. In der Ferne sah er einen großen
dunklen Schatten, der sich langsam auf und ab bewegte – im Takt des
Flusses.
»Was
ist das?«, fragte Maxim. Seine Worte waren weniger ein
Flüstern, vielmehr der Schatten eines Hauches.
Langsam,
so leise wie möglich, gingen sie weiter.
Nach
ein paar Metern wurde aus dem
Schatten ein fast zerfallenes altes Schiff. Es hatte schwere
Metallbeschläge um seinen Bug. Auf dem Dach stand eine
Konstellation verschiedener Waffen. Das Schiff sah aus wie ein
Entdeckerschiff der Krieger aus St. Benedikt.
»Wo
kommt denn das her?«, fragte Maxim.
»Vermutlich
von einer der Einheiten der Krieger St. Benedikts«, sagte
Motzig, der ins Wasser stieg, um das Entdeckerschiff ans Ufer zu
ziehen.
»Und
wo sind die Krieger?«, fragte Maxim und hörte sich an, als
wollte er die Antwort gar nicht wissen.
»Tot.«
Motzig sprang gerade noch rechtzeitig zur Seite. Ein lebloser Körper
fiel aus einer der Luken des Schiffes und landete
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