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Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz

Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz

Titel: Die Drenai-Saga 2 - Der Schattenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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unterstreichen. Er holte tief Atem, dann noch einmal, und plötzlich breitete er seine Arme aus, als wollte er sie alle umfassen.
    »Ich will, daß ihr der Drache seid. Ich will, daß ihr als Drache denkt. Wenn der Feind angreift, will ich, daß ihr wie der Drache kämpft!
    Könnt Ihr das? Nun, kannst du?« brüllte er einen Mann in der ersten Reihe an.
    »Bei den Göttern, ja!« rief der Mann.
    »Kannst du es?« fragte Ananais und deutete auf einen Krieger ein paar Reihen weiter hinten. Der Mann nickte. »Gebrauche deine Stimme!« brüllte der General.
    »Ich kann es!« rief der Mann.
    »Und kennst du auch das Gebrüll des Drachen?«
    Der Mann schüttelte den Kopf.
    »Das Brüllen des Drachen ist Tod. Tod. Tod! Wir wollen dich hören, dich allein!«
    Der Mann räusperte sich und begann zu schreien, wobei er heftig errötete.
    »Helft ihm, ihr anderen!« rief Ananais und fiel in den Ruf der anderen ein.
    »Tod, Tod, Tod …« Der Lärm schwoll an, breitete sich aus, bis er von den schneebedeckten Gipfeln der Berge widerhallte, gewann an Kraft und Zuversicht, hypnotisch, und schweißte die Männer zusammen.
    Ananais kletterte von dem Wagen und zog Lake zu sich heran.
    »Jetzt du, mein Freund. Und halte ihnen diese ›kämpft-für-euer-Land-Rede‹. Beim Donner, jetzt sind sie dafür bereit.«
    »Keine schönen Reden, nein, wirklich«, sagte Lake grinsend.
    »Hinauf mit dir, Lake! Bring ihr Blut zum Kochen!«

10
    Pagan brachte Parise, die Frau aus dem Dorf, zu einem Gasthaus im Südviertel der Stadt, wo er dem Wirt drei Goldmünzen gab. Die Augen des Mannes traten hervor, als er das kleine Vermögen in seiner Handfläche glitzern sah.
    »Ich möchte, daß die Frau und das Kind von allem das Beste erhalten«, sagte Pagan leise. »Bei Freunden lasse ich noch mehr Gold zurück, wenn diese Summe nicht ausreichen sollte.«
    »Ich werde sie behandeln wie meine eigene Schwester«, sagte der Mann.
    »Gut«, erwiderte Pagan und beugte sich breit grinsend über ihn. »Denn, wenn du es nicht tust, werde ich dein Herz verspeisen.«
    »Du brauchst mir nicht zu drohen, schwarzer Mann«, sagte der dickliche, kahl werdende Wirt, nahm die Schultern zurück und ballte die kräftigen Fäuste. »Ich brauche keine Anweisung, wie man eine Frau behandelt.«
    Pagan nickte. »Die Zeiten sind zu schlecht, als daß man nur auf Vertrauen bauen kann.«
    »Da hast du recht. Willst du ein Glas mit mir trinken?«
    Die beiden Männer saßen beim Bier zusammen, während Parise in der Abgeschiedenheit ihrer neuen Unterkunft ihr Kind nährte. Der Wirt hieß Ilter, und er lebte schon seit dreiundzwanzig Jahren in der Stadt, seit sein Hof während der großen Dürre nichts mehr eingebracht hatte. »Du weißt, daß du mir zuviel Geld gegeben hast, nicht wahr?« fragte er.
    »Ich weiß«, antwortete Pagan. Ilter nickte und leerte sein Glas.
    »Ich habe noch nie einen schwarzen Mann gesehen.«
    »In meinem Land, jenseits der dunklen Dschungel und der Mondberge, haben die Menschen noch nie einen Weißen gesehen, obwohl einige Legenden von ihnen berichten.«
    »Eine seltsame Welt, nicht wahr?« meinte Ilter.
    Pagan starrte in die goldene Tiefe seines Glases, plötzlich voller Heimweh nach den grünen Weiden, den scharlachroten Sonnenuntergängen und dem hustenden Brüllen des jagenden Löwen.
    Er dachte an den Morgen des Tages des Todes. Würde er ihn je vergessen? Die Schiffe mit den schwarzen Segeln hatten in der Weißgoldenen Bucht geankert, und die Besatzung hatte sich rasch auf den Weg ins Landesinnere zum Dorf seines Vaters gemacht. Der alte Mann hatte schnell seine Krieger zusammengerufen, doch es waren zu wenige, und der Feind hatte sie schließlich vor dem Kral des alten Königs niedergemetzelt.
    Die Banditen waren auf der Suche nach Gold, denn es gab viele Legenden über das Volk an der Bucht. Doch die alten Minen waren schon lange erschöpft, und die Menschen hatten sich dem nachwachsenden Gold von Mais und Getreide zugewandt. In ihrer Wut hatten die Räuber die Frauen gepackt und viele von ihnen gefoltert, vergewaltigt und schließlich getötet. Insgesamt vierhundert Seelen waren an jenem Tag verschieden – darunter Pagans Vater, seine Mutter, drei Schwestern, ein jüngerer Bruder und vier seiner Töchter.
    Ein Kind entkam in den ersten Unruhen des Angriffs und lief wie der Wind, um Pagan und seine Leibwache zu suchen, der in den Hohen Hügeln jagte.
    Mit sechzig Männern rannte er barfuß über die Steppe, den Speer mit der langen Klinge

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