Die Drenai-Saga 3 - Waylander
eine Ruhepause, und die Männer setzten sich neben ihre Pferde.
»Vom Kampfgeist der Männer ist nicht mehr viel zu spüren«, sagte Gellan, und Sarvaj nickte. Gellan löste seinen roten Umhang und legte ihn über den Sattel. Er hielt sich die Seiten und stöhnte. Wie die meisten großgewachsenen Männer fand er lange Stunden im Sattel beschwerlich und wurde ständig von Rückenschmerzen geplagt.
»Ich bin zu lang geblieben, Sarvaj. Ich hätte letztes Jahr meinen Abschied nehmen sollen. Einundvierzig ist zu alt für einen Legionsoffizier.«
»Dun Esterik ist einundfünfzig«, bemerkte Sarvaj.
Gellan grinste. »Wenn ich gegangen wäre, hättest du das Kommando übernommen.«
»Und zu was für einem glücklichen Zeitpunkt, wo die Armee zerschlagen ist und die Legion in den Wäldern herumschleicht. Nein danke!«
Sie hatten in einem kleinen Ulmenwäldchen haltgemacht, und Gellan war davongegangen, um allein zu sein. Sarvaj sah ihm nach, dann nahm er seinen Helm ab. Sein dunkelbraunes Haar wurde ausgesprochen spärlich, die Kopfhaut glänzte vor Schweiß. Verlegen strich er sich das Haar über die kahlen Stellen und setzte den Helm wieder auf. Obwohl er fünfzehn Jahre jünger war als Gellan, sah er aus wie ein alter Mann. Dann mußte er über seine Eitelkeit grinsen und nahm den Helm wieder ab.
Er war untersetzt, linkisch, wenn er nicht im Sattel saß, und einer der wenigen Karrieresoldaten, die nach dem massiven Abbau im letzten Herbst, als König Niallad ein neues Militärprogramm angeordnet hatte, noch in der Legion waren. Zehntausend Soldaten waren entlassen worden, und nur Gellans Entschiedenheit hatte Sarvaj gerettet.
Jetzt war Niallad tot und die Drenai waren so gut wie erobert.
Sarvaj hatte keine Tränen um den König vergossen, denn der Mann war ein Narr gewesen … schlimmer als ein Narr!
»Wieder auf einer seiner Wanderungen?« fragte eine Stimme, und Sarvaj sah auf. Jonat setzte sich ins Gras, reckte seine knochige Gestalt zu voller Länge und legte sich dann auf den Rücken, die Arme hinter dem Kopf verschränkt.
»Er muß nachdenken«, sagte Sarvaj.
»Ja. Er muß darüber nachdenken, wie er uns durch das Land der Nadir bringt. Ich bin Skultik leid.«
»Wir alle sind Skultik leid, aber ich sehe nicht, daß es uns helfen würde, nach Norden zu reiten. Es würde lediglich bedeuten, gegen die Nadirstämme zu kämpfen statt gegen die Vagrier.«
»Wenigstens hätten wir dort eine Chance. Hier haben wir keine.« Jonat kratzte sich den dünnen schwarzen Bart. »Zum Teufel, wenn sie nur letztes Jahr auf uns gehört hätten, steckten wir jetzt nicht in diesem Schlamassel.«
»Haben sie aber nicht«, erwiderte Sarvaj müde.
»Diese pockennarbigen Höflinge! In gewisser Weise haben die Hunde uns einen Gefallen getan, als sie diese Hurensöhne abschlachteten.«
»Sag das nicht zu Gellan – er hat in Skoda und Drenan viele Freunde verloren.«
»Wir alle haben Freunde verloren«, fuhr Jonat auf, »und wir werden noch viel mehr verlieren. Wie lange will Egel uns noch in diesem verdammten Wald einpferchen?«
»Ich weiß es nicht, Jonat. Gellan weiß es nicht, und ich bezweifle, daß Egel selbst es weiß.«
»Wir sollten uns nach Norden durchschlagen, durch Gulgothir, und dann weiter zu den Häfen im Osten. Ich hätte nichts dagegen, mich in Ventria niederzulassen. Immer schön warm, reichlich Frauen. Wir könnten uns als Söldner verdingen.«
»Ja«, sagte Sarvaj, zu erschöpft, um zu streiten. Er konnte nicht verstehen, warum Gellan Jonat zum Befehlshaber einer Schar befördert hatte – der Mann war voller Verdrießlichkeit und Bitterkeit.
Aber – und das war so ärgerlich – er hatte recht. Als Niallads Militärplan zum ersten Mal veröffentlicht wurde, hatten die Männer der Legion erbitterten Widerstand geleistet. Alle Anzeichen deuteten darauf hin, daß die Vagrier sich auf eine Invasion vorbereiteten. Aber Niallad hatte behauptet, daß die Vagrier den Angriff einer starken Drenai-Armee fürchteten und daß seine Geste einen dauerhaften Frieden und Wachstum für den Handel nach sich ziehen würde.
»Sie hätten den Bastard über dem Feuer rösten sollen«, sagte Jonat.
»Wen?« fragte Sarvaj.
»Den König, Gott möge seine Seele verfaulen lassen! Es heißt, er wurde von einem Attentäter getötet. Man hätte ihn in Ketten durchs Reich schleifen sollen, damit er hätte sehen können, was seine Dummheit angerichtet hat.«
»Er glaubte eben, das Beste zu tun«, meinte Sarvaj. »Er hatte die
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