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Die Drenai-Saga 4 - Der Bronzefürst

Die Drenai-Saga 4 - Der Bronzefürst

Titel: Die Drenai-Saga 4 - Der Bronzefürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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zurück. Ihr Atem ging stoßweise, und ihre violetten Augen waren vor Angst weit aufgerissen. Allmählich wurde ihr Atem wieder gleichmäßig. »Es tut mir leid«, flüsterte sie, drehte sich um und verließ das Lager. Beltzer rollte sich grummelnd wieder in seine Decken. Kiall folgte Tanaki und fand sie auf einem flachen Stein sitzend. Ihr Gesicht war im Mondschein blaß wie Elfenbein, und wieder einmal war er ergriffen von ihrer Schönheit. Einen Augenblick sagte er nichts; dann setzte er sich neben sie.
    Sie drehte sich zu ihm. »Du und die anderen – ihr müßt mich für schwach halten«, sagte sie. »Niemand hält dich für schwach«, erwiderte er. »Aber ich weiß nicht, wie ich dir helfen soll, Tanaki. Ich kann Verletzungen heilen, Wunden nähen, Kräuter mischen, die das Fieber senken. Aber ich kann deine Schmerzen nicht lindern.«
    »Ich habe keine Schmerzen«, sagte sie. »Ich bin geheilt.«
    »Das glaube ich nicht. Jede Nacht wälzt du dich hin und her. Oft schreist du auf, und manchmal weinst du sogar. Es tut mir weh, dich in deinem Schmerz zu sehen.«
    Plötzlich lachte sie, stand auf, stemmte die Hände in die Hüften und sah ihm ins Gesicht. »Ich weiß, was du willst«, sagte sie. »Du willst das, was diese Soldaten wollten. Gib es zu. Sei ein Mann! Komm mir nicht mit deinem >Es tut mir weh, dich in deinem Schmerz zu sehen. Du liebst mich nicht. Warum solltest du auch? Soweit es dich angeht, bin ich nur eine von vielen Nadirhuren, die man benutzt, wenn man es wünscht.«
    »So sehe ich dich nicht«, widersprach er. »Ja, du bist schön. Ja, jeder Mann würde dich begehren. Aber ich sprach von Freundschaft – und ich liebe dich.«
    »Dein Mitleid will ich auch nicht«, fauchte sie. »Ich bin kein Fohlen mit einem gebrochenen Bein oder ein blinder Welpe.«
    »Warum bist du so wütend auf mich? Falls ich irgend etwas gesagt oder getan habe, was dich so aufregt, dann entschuldige ich mich.«
    Sie schien etwas sagen zu wollen; dann aber stieß sie einen langen Seufzer aus und sank wieder neben Kiall auf den Stein. »Ich bin nicht wütend auf dich, Kiall.« Sie schloß die Augen und beugte sich vor, so daß ihre Ellbogen auf den Knien ruhten. »Es liegt nicht an dir«, wiederholte sie. »Ich kann es einfach nicht hinter mir lassen. Jedesmal, wenn ich die Augen schließe, sehe ich ihre Gesichter, spüre ihre Hände, ihre … jedesmal. Wenn ich schlafe, kommen sie mich holen. Und in meinen Träumen glaube ich, daß die Rettung ein Traum war und
dies
die Wirklichkeit ist. Ich denke immer darüber nach. Es ist nicht die Vergewaltigung selbst, oder die Prügel, es ist …«
    Sie brach ab, und Kiall sagte nichts, sondern ließ das Schweigen wachsen. »Ich habe immer von solchen Greueltaten gewußt. Aber wenn man so etwas nicht selbst erleidet, kann man die Ungeheuerlichkeit nicht begreifen. Und schlimmer noch, du kannst es nicht erklären. Zwei dieser Männer waren früher Palastwachen in Ulrickham. Einer hat mich oft auf den Schultern getragen, als ich noch ein Kind war. Deshalb frage ich mich, wie er mir so etwas antun konnte. Und warum sollte er so etwas überhaupt
wollen?
Ich habe das Gefühl, als wäre die Welt nie so gewesen, wie ich sie gesehen habe – als hätte ein hauchdünner Schleier vor meinen Augen gehangen, den diese Männer heruntergerissen haben, so daß ich die Schlechtigkeit sehen kann, die die Wirklichkeit ausmacht. Vor wenigen Wochen habe ich diesen Ausdruck in Harokas’ Augen gesehen und ihn als Kompliment aufgefaßt. Er gab mir ein gutes Gefühl. Und jetzt? jetzt ist es wie der Blick, den der Fuchs einem Huhn zuwirft. Er jagt mir Angst ein.« Sie schaute zu ihm auf. »Verstehst du, was ich meine?«
    »Ich verstehe
alles«,
sagte er und streckte die Hand aus, doch sie wich davor zurück. »Angst«, sagte er sanft, »ist für gewöhnlich etwas Gutes. Sie hält uns davon ab, leichtsinnig zu sein. Sie sorgt für Vorsicht. Doch Chareos sagt, daß die Angst ein Diener ist, der danach strebt, der Herr zu werden. Und sie ist ein furchtbarer Herr, der bekämpft und in Schach gehalten werden muß. Du bist stark, Tanaki. Du bist aus Eisen. Du bist stolz. Nimm deine Hand.«
    »Ich glaube, ich kann nicht«, sagte sie.
    »Denk an die Frau, der ich zuerst begegnet bin. Du bist immer noch diese Frau. Du hast gelitten, aber du bist noch immer Prinzessin Tanaki, Tochter Tenaka Khans. In dir fließt das Blut der Größe.«
    Er streckte die Hand aus, und ihre Finger bewegten sich auf sie zu, sanken herab

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