Die Drenai-Saga 4 - Der Bronzefürst
marschierte davon, gefolgt von Oshi. Beltzer grinste. »Schneidiger kleiner Kampfhahn, was? Auch wenn ich ihn nicht leiden kann – ich werde ihn in Ruhe lassen.«
»Das ist auch besser so«, sagte Chareos leise. »Hättest du ihn angegriffen, hätte er dich getötet.« Ohne ein weiteres Wort stieg Chareos in den Sattel und trieb sein Pferd an.
In der Höhle verschlungen die Suchenden das Wildbret mit atemberaubender Geschwindigkeit. Chien schüttelte den Kopf. Aber sie waren schließlich Barbaren. Was konnte man anderes von ihnen erwarten?
»Wo ist Asta Khan?« fragte Chareos und wischte sich die fettigen Finger an seinem Hemd ab.
»Schläft«, antwortete Chien. »Er wird sich heute abend zu uns gesellen. Würdest du mir nun deine Gefährten vorstellen?«
»Selbstverständlich. Das ist Beltzer.« Der Riese grinste und streckte eine Hand aus. Chien betrachtete sie mit leichtem Abscheu. Sie machte den ästhetischen Eindruck einer Schaufel: Die Finger waren dick und kurz und schmutzverkrustet, und die Haut zweigte Fettflecken. Chien seufzte und drückte die Hand des Riesen. Harokas nickte nur, wie auch Tanaki, doch Kiall bot Chien seine Hand. Die war wenigstens sauber.
»Wie kommt es vor, daß ein Botschafter aus dem Osten als Nadir verkleidet ist?« fragte Chareos.
Chien erzählte ihm von den Brautgeschenken und dem Angriff auf seine Gruppe. »Leider gehört Verrat zur Lebensweise der Nadir«, sagte er.
»Nicht nur der Nadir«, warf Tanaki errötend ein. »Auch die Gothir haben eine lange Geschichte voller Verrat und gebrochener Versprechen.«
»Es tut mir leid, Prinzessin«, sagte Chareos. »Du hast natürlich recht. Es war eine unhöfliche Bemerkung. Aber sag mir, Botschafter, wie sehen deine Pläne aus? Warum hast du nicht versucht, einen Hafen und ein Schiff in die Heimat zu erreichen?«
»Alles zu seiner Zeit, Chareos«, antwortete der Krieger. »Für den Augenblick habe ich Asta Khan meine Hilfe angeboten, und er ist bereit, euch zu helfen. Das macht uns, glaube ich, zu Gefährten.«
»Du bist herzlich willkommen, mit uns zu reisen. Aber ich würde doch gern deinen Beweggrund erfahren. Es gefällt mir nicht besonders, einen Gefährten zu haben, dessen Pläne ein Geheimnis sind.«
»Das kann ich verstehen. Aber ich werde deiner Führung folgen, sogar deinen Anweisungen als Führer der Gruppe. Mehr brauchst du nicht zu wissen. Wenn meine Pläne mehr Stein als Rauch geworden sind, werde ich dich informieren – und dann werden wir uns trennen.«
Chien zog sich in den hinteren Teil der Höhle zurück und ließ sich an einem zweiten Feuer nieder, daß Oshi für ihn entzündet hatte. Er fühlte sich jetzt entspannter. Chareos war beinahe zivilisiert zu nennen, und er war ein Mann, der seinen Verstand benutzen konnte. Beltzer war offensichtlich kein großer Denker, doch er schwang die riesige Axt, als besäße sie überhaupt kein Gewicht. Die Frau war ungewöhnlich – ein wunderschönes Gesicht, aber ein Körper, der für Chiens Geschmack zu sehnig und zu knabenhaft war. Doch ihre Augen strahlten Stärke und Zielstrebigkeit aus. Chien konnte keine schwache Stelle in der Gruppe finden, und das freute ihn.
Er legte sich zum Schlafen nieder.
Chareos ging zum Eingang der Höhle und blickte zu den Sternen auf. Es waren nur wenige Wolken zu sehen, und das Himmelsgewölbe wirkte gewaltig, atemberaubend in seiner Größe.
»Willkommen an meinem Feuer«, sagte eine zischende Stimme, und Chareos spürte, wie sich die Haare in seinem Nacken aufrichteten. Er drehte sich langsam um. In den Schatten kauerte ein alter Mann, der ein dünnes Lendentuch aus Haut und eine Halskette aus Menschenzähnen trug.
»Danke, Asta Khan«, antwortete Chareos und setzte sich dem alten Mann gegenüber. »Ich freue mich, dich wohlauf zu sehen.«
»Deine Hilfe war entscheidend. Ich werde es nicht vergessen.«
»Okas ist tot«, sagte Chareos.
»Ich weiß. Mich zu schützen war eine große Anstrengung für ihn, und er hatte nur noch wenig Kraft. Jetzt werde ich euch helfen. Ich kenne einen Weg in die Stadt – mitten in den Palast. Dort könnt ihr die Frau retten.«
»Warum tust du das, Schamane? Und erzähl mir nichts von einer Schuld, die du begleichen mußt: Das ist nicht die Art der Nadir. Was hoffst du zu gewinnen?«
»Was spielt das für eine Rolle?« fragte Asta. Sein Gesicht war eine Maske, die Augen kalt und undurchsichtig.
»Es gefällt mir nicht, das Spiel eines anderen zu spielen.«
»Dann laß mich dies sagen – ich
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