Die Drenai-Saga 4 - Der Bronzefürst
geschmeidig sind, geh weiter. Wo sie knotig und verspannt sind, lockere sie.«
»Ich weiß nicht, wie’s geht«, sagte er, doch versuchsweise berührten seine Hände ihre Haut. Sie setzte sich auf ihre Wolldecke, und Kiall kniete hinter ihr. Ihre Haut war glatt und weiß, die Muskeln darunter stark und fest, während Kiall die Finger darübergleiten ließ.
»Entspann dich, Kiall. Schließ die Augen. Denk an nichts. Laß deine Hände forschen.«
Seine Finger glitten über ihre Schulterblätter abwärts. Die Muskeln auf der rechten Seite fühlten sich an, als hätte man Kieselsteine hineingesteckt. Sehr behutsam rieb er sie und gewann an Zutrauen, als die Spannung nachließ. »Das ist gut«, sagte sie. »Du hast gute Hände – heilende Hände.«
Er spürte, daß er erregt wurde, und haßte sich dafür. Nach dem, was sie durchgemacht hatte, war es schäbig und unrecht von einem Mann, so auf sie zu reagieren. Seine Hände verloren ihre Sicherheit, und er stand auf und ging fort. Tanaki deckte sich zu und legte sich auf den Boden. Die Schmerzen in ihrem Körper ließen allmählich nach, doch sie würde niemals die bittere Demütigung vergessen, die sie erlitten hatte. Die Erinnerungen an die schwitzenden Männer, ihren Gestank, ihr Gerammel und die Schmerzen würde sie nie mehr verlassen. Sie schauderte und rollte sich auf die Füße. Kialls Pferd stand in der Nähe angepflockt. Tanaki sattelte es und stieg in den Steigbügel, um sich auf den Rücken des Tieres zu schwingen. Kiall sah sie und rannte herbei. »Was tust du da?« fragte er besorgt.
»Ich kann den Rest meines Lebens nicht in diesen Kleidern beginnen«, sagte sie. »Meine Kleider sind unten in der Halle. Und ich brauche Waffen.«
»Ich komme mit dir«, erbot er sich und streckte die Hand aus. Tanaki nahm sie, und Kiall schwang sich hinter ihr in den Sattel. »Das ist nicht klug, Tanaki.«
»Das können wir erst hinterher entscheiden«, sagte sie.
Die Toten hatte man aus der Siedlung gebracht, doch getrocknetes Blut befleckte noch immer den Boden und das Holz der Auktionsplattform. Tanaki glitt aus dem Sattel und betrat die Halle. Kiall band sein Pferd an und ging zur Brüstung, um nach Nadirkriegern Ausschau zu halten. Während die Minuten verstrichen, stieg seine Anspannung. Als er gestiefelte Füße auf der Treppe hinter sich hörte, fuhr er herum und tastete nach seinem Säbel. Tanaki lachte ihn an. Sie war jetzt in Hosen aus weichem, geöltem Leder und hohe Reitstiefel gekleidet. Ihr Oberkörper steckte in einer passenden Kapuzentunika, und in einem Gürtel um ihre Hüften hingen zwei kurze Schwerter. Über ihre Schulter hatte sie einen pelzbesetzten Umhang aus schwarzem Leder geschlungen, und in ihrer Hand hielt sie einen Leinenbeutel.
»Hast du alles, was du brauchst?« fragte er.
»Nicht ganz. Ich brauche Tsudais Kopf – aber das kommt schon noch.«
Sie ritten zurück zu ihrem Lager und banden das Pferd an. Tanaki zog ihre Schwerter. »Komm«, sagte sie zu Kiall, »zeig mir, was du kannst.«
»Nein. Ich … ich bin nicht sehr gut. Ich bin kein Krieger, weißt du.«
»Zeig’s mir trotzdem.«
Verlegen zog er seinen Säbel und nahm die Haltung ein, die Chareos ihn gelehrt hatte. Als sie vorwärts sprang, blockte er ihren Stoß ab, doch sie wirbelte herum, und ihre zweite Klinge senkte sich und berührte seinen Nacken. »Du bist zu steif«, erklärte sie ihm.
»Ich werde lockerer, wenn ich Angst habe«, sagte er lächelnd.
»Dann habe Angst!« sagte sie mit tiefer, eisiger Stimme. Ihr Schwert sauste auf seinen Kopf zu, und er sprang zurück, doch sie folgte ihm. Er wehrte einen Stoß ab, dann einen zweiten … sie drehte sich, aber er ließ sich auf die Knie fallen, so daß ihre Klinge nur die Luft traf, wo gerade noch sein Kopf gewesen war. Als ihr Schwert herabsauste, warf er sich nach links und rollte sich ab. »Das ist besser«, sagte sie, »aber wenn du kein Meister bist – und du bist keiner – , solltest du mit Säbel und Messer kämpfen. Das verdoppelt deine tödliche Kraft.«
Sie steckte ihre Klingen in die Scheiden und schleuderte zur Hügelkuppe hinauf, um von dort über das Land zu blicken.
Kiall ging zu ihr. »Hast du immer noch die Absicht, dein Mädchen zu retten?« fragte sie.
»Ja, wenn ich kann. Aber sie ist nicht mein Mädchen. Sie war es nie. Das weiß ich jetzt.«
»Daran gibst du mir die Schuld, Kiall.«
»Ich gebe dir für gar nichts die Schuld, Prinzessin. Ich war töricht. Ich hatte einen Traum und
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