Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Drenai-Saga 5 - Im Reich des Wolfes

Die Drenai-Saga 5 - Im Reich des Wolfes

Titel: Die Drenai-Saga 5 - Im Reich des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
Vom Netzwerk:
Anshi Chen. Nur Anshi überlebte den Angriff. Er war hinter der Herde, und als die Räuber zuschlugen, floh Anshi.«
    »Herrscht deswegen ein solcher Zorn zwischen euch? Weil er ein Feigling war?«
    »Er ist kein Feigling!« fuhr Belash auf. »Es waren zu viele Räuber, und es wäre dumm gewesen zu kämpfen. Nein, Anshi und ich liebten dieselbe Frau. Sie wählte ihn. Aber er ist ein guter Häuptling – möge meine Zunge schwarz werden, weil ich das zugebe. Ich versuchte, den Räubern zu folgen. Ich fand den Leichnam meines Vaters, nahm diese Knochen und begrub den Rest. Aber die Spuren waren zu alt. Anshi beobachtete, wie mein Vater niedergeschlagen wurde. Er sah den Mann, der den Todesstoß austeilte. Er beschrieb ihn mir. Seitdem lebe ich in der Hoffnung, ihn zu finden – einen weißhaarigen Krieger, mit Augen von der Farbe des Blutes.«
    »Es ist noch immer Zeit«, meinte Senta.
    »Vielleicht.« Belash stand auf und schlenderte an der Mauer entlang, sprach mit den Verteidigern, kniete neben den Verwundeten und Sterbenden nieder.
    Senta streckte sich auf dem Rücken aus, den Kopf in die Hände gelegt, und beobachtete, wie die Sterne am dunkel werdenden Himmel erschienen. Die Luft war frisch und kühl, und die Steine unter seinem Rücken fühlten sich beinahe weich an. Er schloß die Augen. Als er sie wieder öffnete, saß Miriel neben ihm. Er lächelte. »Ich bin eingeschlafen«, sagte er. »Aber ich habe von dir geträumt.«
    »Bestimmt etwas Lüsternes.«
    Er setzte sich auf und reckte sich. »Nein. Wir saßen auf einer Wiese an einem Fluß, unter den Zweigen einer Weide. Wir hielten uns bei den Händen. So.« Er ergriff ihre Hand und hob sie an seine Lippen.
    »Du gibst wohl nie auf, was?« sagte sie und zog ihre Hand zurück.
    »Niemals! Warum küßt du mich nicht, meine Schöne? Nur das eine Mal. Um zu sehen, ob es dir gefällt.«
    »Nein.«
    »Du triffst mich bis ins Mark.«
    »Ich glaube, du wirst es überleben.«
    »Du hast Angst, nicht wahr? Angst zu geben. Angst zu leben. Ich habe dich letzte Nacht mit Angel gehört, wie du dich ihm angeboten hast. Es war ein Fehler, meine Schöne, und Angel hatte recht, als er nein sagte. Das war zwar verrückt, aber richtig. Wovor hast du Angst?«
    »Ich will nicht darüber reden«, sagte Miriel und wollte aufstehen. Er legte ihr leicht eine Hand auf den Arm.
    »Rede mit mir«, sagte er leise.
    »Warum?« flüsterte sie.
    »Weil ich dich liebe.«
    Sie lehnte sich zurück und sagte eine Zeitlang nichts. Er drängte sie nicht, sondern blieb schweigend neben ihr sitzen. »Wenn du jemanden liebst«, sagte sie schließlich, »öffnest du alle Türen in dein Herz. Du läßt ihn hinein. Wenn er stirbt, hast du keine Verteidigungslinie mehr. Ich sah den Schmerz meines Vaters, als … als Mutter starb. Ich will diesen Schmerz nicht erleiden. Niemals.«
    »Du kannst ihn nicht vermeiden, Miriel. Das kann niemand. Wir sind wie die Jahreszeiten – wir wachsen im Frühling, reifen im Sommer, verblassen im Herbst und sterben im Winter. Aber es ist dumm zu sagen: ›Es ist Frühling, aber ich will keine Blüten tragen, denn sie müssen verwelken.‹ Was ist das Leben ohne Liebe? Ewiger Winter. Kälte und Schnee. Das ist nichts für dich, meine Schöne. Vertrau mir.«
    Seine Hand strich über ihr Haar. Er beugte sich zu ihr hinüber, und seine Lippen streiften ihre Wange. Langsam wandte sie den Kopf, und sein Mund berührten den ihren.
    Ein Pfeil segelte über die Mauer, und aus der Ferne hallte das Stampfen marschierender Füße über den Paß.
    »Die Gothir haben ein untrügliches Gespür für den richtigen Zeitpunkt«, sagte Senta, stand auf und zog sein Schwert.
     
    Angel fühlte sich unbehaglich, als er am Rand des Tales stand und über das mondbeschienene Grasland und die sanften Hügel blickte. In der Ferne konnte er die Türme und Mauern von Kar-Barzac sehen, unweit eines großen, flachen Sees, der die Farbe alten Eisens hatte. Nadirfrauen und -kinder zogen in einer langgestreckten Linie langsam ins Tal; viele von ihnen zerrten hochbeladene Karren mit ihren Habseligkeiten hinter sich her. Angel lenkte seinen Blick auf die hohen Berge, die das Tal umstanden, und musterte prüfend die verformten Gipfel. Das alles war offenes Gelände, und er dachte an die Verteidiger, die die drei Pässe bemannten. Er betete, daß die Nachhut standhalten möge. Denn wenn sich die Gothir den Weg durch einen der Pässe erkämpften …
    Er verschloß seine Gedanken vor dem Gemetzel, das dann

Weitere Kostenlose Bücher