Die dritte Ebene
Expertenteam zur Besprechung um den großen Tisch im Konferenzraum versammelte. Professor Paul sah müde und abgespannt aus, als er die Kollegen begrüßte. Fast so, als ob ihn etwas bedrückte. Dabei gab es überhaupt keinen Grund dafür, wie Brian fand, schließlich hatte das Physiker-Team in dieser Woche große Fortschritte erzielt, wie er von Wayne Chang wusste, und auch Zieglers Zustand hatte sich drastisch verbessert. Der österreichische Astronaut hatte seine Sprache wiedergefunden und befand sich auf einem guten Weg.
»Unsere Ergebnisse sind eindeutig auf eine Überspannung des Systems zurückzuführen«, berichtete Professor Haarmann. »Durch den Blitzeinschlag gab es einen kurzzeitigen elektromagnetischen Störimpuls, der für die Abweichung verantwortlich ist. Wir wissen nur noch nicht, wo genau es zu dieser Störung kam. Ich gehe nicht davon aus, dass eine tatsächliche elektromagnetische Beeinflussung des atomaren Resonanzsignals erfolgte. Ergo liegt der Fehler außerhalb der Resonanzapparatur. Störungen im Bereich des Synchrondetektors, des Modulators oder des Integratorsystems sind denkbar. Der Transmitter, der nach dem Quarzoszillator angebracht ist, wurde von uns untersucht. Er weist wie alle anderen Teile keine nachhaltigen Schädigungen auf. Also war es nur eine vorübergehende Störung.«
»Wie wenn man einen Stein ins Wasser wirft«, warf Brian ein. »Ein paar Sekunden lang entstehen Wellen, doch wenn sich die Oberfläche wieder beruhigt hat, ist es so, als wäre nichts geschehen.«
Haarmann lächelte. »Ein schönes, zutreffendes Bild. Und genau deswegen ist es schwierig, den genauen Ursprung der Anomalie zu lokalisieren. Wir haben in zwei Versuchen im Hochspannungslabor Abweichungen erzielt. Die Auswertung der aufgezeichneten Daten wird aber noch einige Tage dauern.«
»Noch haben wir etwas Zeit«, sagte Professor Paul. »Ihre Ergebnisse sind sehr wertvoll für uns. Jedenfalls dürfen wir es nicht wagen, unsere Jungs mit anfälligen Raumshuttles ins All zu schicken. Sie riskieren ihr Leben, dafür sind wir ihnen Sicherheit schuldig.« Zustimmendes Gemurmel erfüllte den Raum.
»Wie geht es Helmut Ziegler?«, wandte sich Paul an Suzannah Shane.
»Ich bin sehr zufrieden. Nachdem die Blockade seines Sprachzentrums überwunden ist, verbessert sich sein Zustand Tag für Tag. Allerdings weiß er nicht, was geschehen ist. Er hat auch keine Erklärung für die schrecklichen Bilder seiner anfänglichen Albträume. Tief in seinem Unbewussten schlummert etwas, an das wir bislang nicht herangekommen sind. Ich habe ihn zweimal in eine Hypotaxie, also eine Hypnose mittleren Levels, versetzt, aber noch keinen Zugang gefunden.«
Professor Thomas Brandon saß ihr gegenüber am Tisch und zeichnete mit einem Füller Kreise auf den Block Papier, der vor ihm auf der Tischplatte lag. Er wirkte desinteressiert und schaute immer wieder aus dem Fenster. Brian beobachtete ihn, während Suzannah von ihren Fortschritten berichtete. Die Frustration und die Missgunst ob des Erfolgs der jungen Psychologin spiegelten sich in Brandons Gesicht. Als sie mit ihrem Bericht endete, meldete sich Brian zu Wort.
»Es ist nicht gesagt, dass wir in seinem Unbewussten belegbare Hintergründe für Erlebtes oder unverarbeitete Wahrnehmungen finden werden. Nicht immer sind es Erinnerungen, die uns in Angst und Schrecken versetzen. Manchmal sind es visionäre Beobachtungen, die noch gar nicht stattgefunden haben.«
Brandon hatte seinen Füller beiseitegelegt und wandte sich mit einem Lächeln an die Anwesenden. »Hört, hört!«, sagte er in sarkastischem Ton. »Unser Fantast will uns wieder in seine metaphysischen Ebenen entführen. Das ist doch purer Blödsinn.«
»In Ihren Augen vielleicht«, sagte Brian ruhig. »Und dennoch gibt es genügend belegbare Beweise für das zweite Gesicht.«
»Zweites Gesicht, dritte Ebene oder Hellseherei«, sagte Brandon abfällig. »Aberglaube und Humbug. Wir stellen unsere Untersuchungen auf eine rein wissenschaftliche Basis. Für die seriöse Psychologie ist die Metaphysik keine ernst zu nehmende Wissenschaft. Wir wissen doch alle, welche Scharlatane sich in diesem Sammelsurium aus Sterndeutern, Astrologen und Parapsychologen tummeln. Magazine wie Ihres, Saint-Claire, zielen doch nur darauf ab, mit Halbwissen und Lügen den schnellen Dollar zu machen. Haben Sie sich schon einmal Ihre Leserschaft angesehen? Lauter jämmerliche Existenzen, die sich an Ihre Halbwahrheiten klammern wie Ertrinkende
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