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Die dritte Ebene

Die dritte Ebene

Titel: Die dritte Ebene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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einem Fass und rauchte Pfeife. Geschnitzte Pfeifen und Indianerschmuck waren auf der Theke ausgelegt.
    Der Indianer grinste freundlich, als Dwain stehen blieb. Jacks Bude war nur wenige Schritte entfernt.
    Dwain deutete auf den benachbarten Stand. »Ist Silverwolfe letzte Woche hier gewesen?«
    Der Mann überlegte, ob er antworten sollte. Dwain kannte die Mentalität der Indianer. Fremden gegenüber waren sie eher verschlossen. Es war besser, mit offenen Karten zu spielen.
    »Der alte Jack ist tot«, fügte er hinzu. »Ich bin der Sheriff vom Socorro County, und ich glaube, dass Jack ermordet wurde. Ich bin hier, weil ich seinen Mörder suche.«
    Mit weit ausholender Geste wies der alte Indianer über den Parkplatz. »Hier gibt es keine Mörder«, antwortete er. »Wir sitzen hier und verkaufen unsere Waren an Touristen, damit wir unsere Familien durch den Winter bringen. Das Leben ist hart geworden.«
    Dwain nickte. »Ich weiß. Aber mich interessiert, ob Silverwolfe letzte Woche hier war. Man hat ihn als verkohlte Leiche gefunden, und daher können wir nicht feststellen, wann er starb.«
    »Ist das Leben eines alten Indianers wirklich so wichtig, Sheriff?«
    Dwain wusste, dass diese Frage eine Prüfung darstellte. Noch immer klaffte eine Kluft zwischen dem roten und dem weißen Mann in Amerika. »Der Große Geist hat jedes Leben erschaffen«, sagte er in den blumigen Bildern der indianischen Sprache. »Er liebt den roten und den weißen Mann. Niemand darf dem Großen Geist ein Leben stehlen.«
    Der Indianer schmunzelte. Dwain hatte die Prüfung bestanden. »Jack war hier«, sagte er. »Jeden Tag saßen wir hier, wir haben geraucht, gesprochen und zusammen geschwiegen. Dann ist er nicht mehr gekommen. Es war am letzten Donnerstag.«
    »Mittwoch war er also noch hier?«
    Der Indianer nickte. »Bis die Sonne unterging. Es war ein guter Tag. Viele Menschen, gute Geschäfte.«
    »War irgendetwas anders als sonst? Ist dir etwas aufgefallen? Männer, die hier herumlungerten, oder hat Jack etwas erzählt? Vielleicht, dass er Angst hat?«
    »Nein, es war ein Tag wie jeder andere unter der heißen Sonne.«
    Dwain nickte enttäuscht. Er hatte sich mehr von diesem Besuch versprochen. Als er am Abend über Magdalena zurück nach Socorro fuhr, kreisten seine Gedanken um den alten Jack Silverwolfe. Wer konnte ein Interesse am Tod des indianischen Einsiedlers gehabt haben?
    Als er an der Abzweigung zum Rio Salado vorüberfuhr, dem Weg, der zu Jacks Hütte führte, fiel sein Blick auf den grünen Metallcontainer neben der Straße. Überall an Haltebuchten und Parkplätzen hatte die Bezirksverwaltung diese Müllcontainer aufstellen lassen. Seither waren die Straßenränder beinahe frei von Unrat, den die vielen Touristen einfach aus den Wagenfenstern geworfen hatten. Dwain lenkte seinen Maverick in die Haltebucht und stieg aus. Er hob den Deckel des grünen Metallcontainers an. Der Container war etwa ein Viertel mit Abfall angefüllt. Er musste vor Kurzem erst geleert worden sein.
     

8
Kennedy Space Center Hospital, Florida
    Brian hatte Kopfschmerzen. Nach der gestrigen Konferenz und dem Streitgespräch mit Thomas Brandon hatten sich Wayne, Suzannah und er noch in seinem Apartment zusammengesetzt und eine Flasche kalifornischen Rotwein getrunken. Brian hatte Wayne erzählt, woher die Feindschaft zwischen ihm und Brandon rührte, dass er durch Brandon seinen Job als frischgebackener Dozent in Chicago verloren hatte.
    »Dann werdet ihr wohl in diesem Leben keine Freunde mehr«, hatte Wayne geantwortet, doch Brian schüttelte nur den Kopf.
    »Im Nachhinein betrachtet, bin ich froh, dass Brandon meine akademische Laufbahn so früh beendet hat. In irgendeinem Lehrsaal zu verkümmern und naseweise Studenten zu unterrichten war nie das Ziel meiner Träume. Im Grunde genommen hat er meinen Ausbruch aus der Monotonie erst ermöglicht.«
    Suzannah saß ruhig am Tisch und nippte an ihrem Weinglas. Keine Miene verriet den Schmerz, den sie empfand. Hatte Brandon auch ihre Trennung beschleunigt, oder wäre ihre Beziehung ohnehin an Brians Freiheitsdrang zerbrochen?
    »Dinge sind, wie sie sind«, meinte Wayne. »Sie schönzureden macht keinen Sinn. Wir müssen versuchen, das Beste daraus zu machen.«
    Ein paar Minuten später war er aufgebrochen. Er hatte Jennifer versprochen, sie nach Redaktionsschluss anzurufen.
    Suzannah trank ihr Glas leer, ehe auch sie sich erhob. Brian wünschte sich, dass sie blieb, doch er hatte nicht den Mut, sie darum

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