Die dritte Ebene
Sinnen war, unbändige Kräfte und war durchaus in der Lage, jemanden ernsthaft zu verletzen.
»Lasst ihn doch endlich los!«, kreischte Suzannah wieder. Die Pfleger schauten auf. Die Schwester kam mit einer aufgezogenen Spritze zurück ins Zimmer. Bevor sie das Bett erreichte, verstellte ihr Suzannah den Weg. Im Raum kehrte Stille ein.
»Brian, lass ihn los, er ist wieder ruhig, glaub mir«, sagte Suzannah mit flehentlicher Stimme.
Langsam löste Brian den Griff. Auch die Pfleger lockerten ihre Umklammerung. Einer nach dem anderen trat beiseite. Ziegler lag mit zitterndem Körper auf dem Bett. Alle starrten auf ihn.
Zögerlich richtete er den Oberkörper auf. Tränen liefen ihm über die Wangen.
»… was … was ist … was ist … geschehen?«, fragte er. Seine Stimme klang brüchig.
Suzannah ging auf ihn zu und ergriff seine Hand. Zärtlich streichelte sie über den Handrücken. Ziegler blickte in ihre Augen, dann ergriff er ihre Hand und zog sie zu seiner Stirn.
»Wo … wo bin ich hier?«, fragte er.
Nachdem Suzannah und Brian an diesem Abend das Krankenhaus verlassen hatten, standen sie noch eine Weile vor der Tür und schauten in den Sternenhimmel.
»Wie konntest du dir so sicher sein, dass wir ihn loslassen können?«, fragte Brian nach einer Weile.
Suzannah lächelte. »Ich sah, dass er weinte. Er hatte die Augen voller Tränen. Ich glaube, er wollte mir nichts tun. Ich glaube, er wollte mich nur berühren. Verstehst du?«
Brian schaute sie nachdenklich an. »Ich verstehe, was du meinst«, antwortete er.
»Wir haben heute einen riesigen Fortschritt gemacht«, sagte Suzannah. »Danke, dass du mich so wunderbar unterstützt.«
Sie legte ihre Hand in Brians Nacken, zog ihn zu sich heran und küsste ihn auf den Mund. »Jetzt lass uns schlafen gehen. Wir haben morgen viel vor. Sagen wir um acht zum Frühstück?«
»Ich hole dich pünktlich ab«, erwiderte Brian leise.
Socorro County, New Mexico
Über dem schwarzen Asphalt der Straße, die durch Black Range nach Dusty führte, flirrte die Luft. Es war heiß geworden in New Mexico. Das Thermometer war über die 35-Grad-Marke geklettert, und Dwain hatte die Klimaanlage in seinem Wagen auf höchster Stufe laufen. Dennoch brannten die Sonnenstrahlen auf der Haut, die durch die getönten Scheiben ins Innere des Wagens fielen.
Obwohl Dwain dienstlich unterwegs war, trug er keine Uniform. Wann musste Jack Silverwolfe sterben? Diese Frage beherrschte zurzeit seine Gedanken.
»Es ist uns leider nicht möglich, den Todeszeitpunkt genauer zu definieren«, hatte Dr. Deringer am Telefon gesagt. »Es muss im Laufe der letzten Woche passiert sein, sonst wären die Spuren des Zerfalls ausgeprägter, aber bei Brandleichen ist eine nähere Bestimmung leider nicht möglich, da die Zersetzungsprozesse im Körper und den Körperflüssigkeiten schlagartig durch die Hitze in Gang kommen.«
Diese Auskunft nutzte Dwain recht wenig. An die Unfalltheorie, die Tom Winterstein vertrat, wollte er nicht glauben. Er zweifelte nicht daran, dass es einen Zusammenhang mit dem Tod von Allan Mcnish gab. Irgendwie fühlte sich Dwain verantwortlich für den Tod des Alten, denn er war der Einzige, dem der alte Jack von dem jungen Mann erzählt hatte. Andererseits hatte Dwain niemanden außer seinen Neffen Dave Lazard eingeweiht, und der hatte bestimmt zu keinem anderen ein Wort gesagt. Oder hatte jemand anders Gründe, den alten Indianer zu töten? Hatte Jack vielleicht etwas erfahren, das er nicht wissen durfte? Steckten etwa die Geheimdienste hinter dem Anschlag, weil sie vertuschen wollten, dass sich im Cibola Forest ein Internierungslager für Staatsfeinde und Terroristen befand, in dem Menschenrechte missachtet wurden? Oder war es doch ein Unfall gewesen – war Jack Silverwolfe vielleicht im betrunkenen Zustand auf die Tischplatte gestürzt und hatte sich den Hals gebrochen, so wie Tom mutmaßte? Die Obduktion hatte Spuren von Alkohol in der breiigen dunkelbraunen Masse erbracht, zu der das Blut und das Gewebe des Verbrannten reduziert worden waren.
Dwain beschleunigte und überholte einen kleinen Truck, der mit mäßiger Geschwindigkeit vor ihm herfuhr. Vielleicht konnte ihm ja die alte Tante Gippy sagen, wann Jack gestorben war. Zumindest würde er von ihr erfahren, wann der Alte zum letzten Mal bei ihr gewesen war.
Zwei Kilometer weiter trat Dwain auf die Bremse und bog nach links in einen Feldweg ab, der in einem nahen Wäldchen verschwand. Unmittelbar vor der Baumgrenze
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