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Die dritte Ebene

Die dritte Ebene

Titel: Die dritte Ebene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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Temperaturberechnungen. Für Außenstehende eine unüberschaubare Aneinanderreihung von Zahlenkolonnen. Doch Wayne Chang wusste genau, welche Bedeutung jede einzelne Zahlenreihe hatte. Er rief die Datei mit den Aufzeichnungen des Vorjahres auf und druckte sie ebenfalls aus. Der Strang aus Papier war nur unwesentlich kürzer. Dann setzte er sich an seinen Schreibtisch, nahm einen Markierungsstift in die Hand und ging Stück um Stück die einzelnen Zahlenreihen durch. Überall, wo er einen ungewöhnlichen Wert feststellte, markierte er diesen mit seinem Stift. Eine wahre Sisyphosarbeit lag vor ihm. Ab und zu fuhr er sich über die Augen. Doch es half nichts. Die Stunden verrannen. Als er fertig war, verglich er die grün markierten Felder mit den Aufzeichnungen der aufgetretenen Stürme. Er runzelte die Stirn. Auf was war er da nur gestoßen?
    »Das darf doch nicht wahr sein«, murmelte er entgeistert, nachdem er die Aufzeichnungen zum zweiten Mal durchgesehen hatte. Er aktivierte das E-Mail-Programm. Brian Saint-Claire musste unbedingt erfahren, welchen Stein er mit seiner These ins Rollen gebracht hatte. Schade nur, dass sich Schneider in Baton Rouge aufhielt und Cliff Sebastian noch immer in Washington weilte.
Seattle, Washington
    Im Schatten des Washington State Convention and Trade Center stand ein Bürohochhaus, dessen Glasscheiben in der Nachmittagssonne rötlich glänzten. Auf einer der goldenen Hinweistafeln am Portal stand geschrieben: Young, Melbours and Jankers, Attorneys at Law.
    Dwain hatte gefunden, wonach er schon seit einer Stunde suchte. Er ging zurück zum Taxi und bezahlte den Fahrer, der sich über das üppige Trinkgeld freute und dann mit quietschenden Reifen davonfuhr.
    Das Anwaltsbüro befand sich im neunten Stock, wie Dwain dem Plan entnehmen konnte, der neben dem Fahrstuhl an der Wand hing. Das Ambiente in diesem Haus war sehr ansprechend. Wände und Fußboden aus Marmor, langflorige Teppiche in der Lobby und in den Fluren, an den Wänden moderne Gemälde und in den Ecken Skulpturen. Lazard musste sich geirrt haben, dies hier war keine kleine Anwaltskanzlei. Wer sich eine Kanzlei in einem solchen Umfeld leisten konnte, der hatte es geschafft. Dwain drückte auf den Fahrstuhlknopf. Eine Frau in einem roten Kostüm stand neben ihm und musterte ihn abfällig. Dwain trug Jeans, Stiefel und ein dunkel kariertes Kurzarmhemd. Der schwarze Oklahoma-Hut auf seinem Kopf ließ ihn wie einen verirrten Westernhelden aus längst vergangenen Tagen erscheinen. Irgendwie schien der Frau Dwains Erscheinung derart suspekt, dass sie es vorzog, auf den nächsten Fahrstuhl zu warten. Soll sie nur, dachte Dwain. Insgeheim hoffte er, dass die weiteren fünf Aufzüge irgendwo in den oberen Stockwerken steckten und sich ihre Wartezeit ins Unendliche ausdehnte.
    Im neunten Stockwerk angekommen, stand Dwain vor einer Glastür, die ins Innere der Anwaltskanzlei führte. Eine junge, hübsche Empfangsdame mit blonden Locken empfing ihn. Er nannte seinen Namen. Die Frau blickte auf die Uhr.
    »Sie sind der Sheriff aus New Mexico«, sagte sie. »Mr Jankers erwartet Sie bereits.«
    »Ich habe mich etwas verspätet, tut mir leid.« Dwain folgte der Frau in ein Büro. Der Anwalt führte im Nebenzimmer ein Telefonat. Die Frau bat Dwain zu warten.
    Vom gediegenen und äußerst geräumigen Büro aus konnte man den nahen Pazifik sehen. Dwain stellte sich ans Fenster und schaute den Segelbooten zu, die sich vom Wind über das Wasser treiben ließen.
    »Heute ist College-Regatta«, ertönte eine Stimme hinter ihm.
    Dwain fuhr herum. Er hatte überhört, dass jemand das Büro betreten hatte.
    »Fred Jankers«, sagte der Mann und streckte seine Hand aus. »Was um Gottes willen will ein Sheriff aus New Mexico von mir?«
    Er bot Dwain einen Platz vor seinem Schreibtisch an und setzte sich dahinter.
    Dwain stutzte, er hatte sich Fred Jankers erheblich jünger vorgestellt. Doch vor ihm saß ein Mittfünfziger in einem edlen Anzug, der bestimmt nicht von der Stange stammte. »Es geht um eine sehr alte Geschichte«, sagte Dwain zögernd.
    »Das dachte ich mir schon, als Ihr Deputy von einer Ermittlungssache sprach, aber was habe ich mit New Mexico zu tun?« Der Anwalt lächelte.
    »Sagt Ihnen der Name Robert Allan Mcnish etwas?«
    Das Lächeln gefror. »Diese alte Geschichte. Eine wirklich traurige Angelegenheit.«
    Dwain fasste in die Tasche seines Hemdes und zog ein Foto heraus. Er reichte es dem Anwalt.
    Fred Jankers betrachtete das Bild

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