Die dritte Ebene
wissen, und spannen Sie uns nicht länger auf die Folter.«
Oppermann wischte sich den Schweiß von der Stirn. Ein leichtes Nicken war zu erkennen. »Am letzten Samstag wurde die Caribbean Queen von einer etwa dreißig Meter hohen Flutwelle getroffen«, erklärte er mit unsicherer Stimme. »Das Schiff wurde beschädigt. Es wurden Menschen verletzt, einige schwer. Außerdem gibt es Vermisste. Die Caribbean Queen ist in den Hafen von Santiago de Cuba eingelaufen. Seither haben wir keine Informationen mehr erhalten. Wir sind bemüht, aber die Welle hat in Santiago schwere Zerstörungen angerichtet und die Kommunikationssysteme lahmgelegt.«
Suzannah schlug die Hände vor die Augen.
Brian legte ihr die Hand auf die Schulter. »Ich gehe davon aus, dass sich jemand von Ihrer Firma nach Santiago aufgemacht hat, um festzustellen, was passiert ist?«
Oppermann nickte. »Wir haben ein Team hinuntergeschickt, aber der Flug wurde nach Havanna umgeleitet. Unser Team sitzt derzeit in Holguin fest. Ihr Fahrzeug ist defekt. Das dortige Militär hat alles abgeriegelt. Noch nicht einmal Journalisten dringen nach Santiago vor. Es ist zu gefährlich, wird behauptet.«
»Sie sind tot«, schluchzte Suzannah.
Brian zog sie zu sich heran und nahm sie in den Arm. »Das weißt du doch noch gar nicht. Ebenso gut können sie noch am Leben sein«, sagte er.
»Du hörst doch, es gibt Vermisste«, sagte Suzannah. »Deswegen kann ich sie nicht erreichen. Sie sind tot.«
Brian schaute Oppermann grimmig an. »Wenn Sie uns etwas verschweigen, dann werden Sie etwas erleben.«
Oppermann hob abwehrend die Hand. »Ich habe alles gesagt, was ich weiß. Selbst die Regierung ist machtlos. Fidel Castro hat das Ausnahmerecht über die Region um Santiago verhängt. Wir halten diese Information zurück, weil sich unsere Geschäftsleitung einstimmig dazu entschlossen hat, keine Details zu veröffentlichen, solange wir nicht die Namen der Betroffenen kennen.«
Brian erhob sich. »Komm, Suzannah!«, sagte er entschlossen. »Wir haben noch einen weiten Weg vor uns.«
»Aber wie wollen Sie die Absperrungen umgehen?«, fragte Oppermann verdutzt.
»Da wird mir schon etwas einfallen«, entgegnete Brian.
National Weather Service, Camp Springs, Maryland
Zum dritten Mal lief das Analyseprogramm über den Bildschirm, und zum dritten Mal wurden die Aufzeichnungen bestätigt. Wayne Chang schaute erwartungsvoll auf die ausgeworfenen Daten. Er hatte eine thermische Anomalie innerhalb sämtlicher Schichten der Ionosphäre an drei Punkten festgestellt. Nicht sofort augenfällig und wahrscheinlich nicht problematisch, schließlich war die Ionosphäre kein statisches Gebilde, sondern eine inkonstante Schicht, die ihr Gesicht stetig veränderte. Sie war ein Gürtel aus ungeladenen Atomen, die durch die Sonneneinstrahlung Ionen und Elektronen bildeten und die in der Nacht wieder in sich zusammenfielen, sobald die Sonne untergegangen war. Man sprach von fünf Kernschichten mit unterschiedlichen Eigenschaften. Eine dieser Schichten, die so genannte F-Schicht, war ständig vorhanden und stabil. Diese Schicht schützte die Erdoberfläche vor der Sonne, indem sie einen Teil der Strahlung ins All zurückwarf. Und eben diese Eigenschaft machte die Ionosphäre für unseren Planeten so immens wichtig. In der letzten Zeit hatten französische Forscher sogar herausgefunden, dass elektromagnetische Turbulenzen innerhalb der Ionosphäre auf tektonische Aktivitäten und Erdbeben schließen ließen. Noch war diese Erkenntnis umstritten, aber in Bälde würde ein Satellit der französischen Weltraumorganisation dem Phänomen auf den Grund gehen.
So dramatisch waren Waynes Entdeckungen nicht, die er nunmehr zum dritten Mal verifiziert hatte. Es war schlicht und einfach die Erkenntnis, dass sich an den Eckpunkten seines entdeckten »Dreiecks der Stürme« thermische Abweichungen von drei bis sechs Prozent im Vergleich zu den über die letzten Jahre statistisch aufgezeichneten Werten ergaben.
»Die Abweichung pflanzt sich durch alle Schichten fort, aber beginnend bei der D-Schicht wird sie nach oben hin größer«, murmelte er, als er die Satellitendaten miteinander verglich. »Fast so, als ob sie von der Oberfläche aufgeheizt wird.«
Er aktivierte den Drucker und wartete geduldig, bis der lange Papierstreifen endlich wieder zur Ruhe kam. Beinahe zwei Meter lang war der Ausdruck auf dem Endlospapier. Der Inhalt bestand vorwiegend aus Positionsangaben, Frequenzströmen und
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