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Die dritte Ebene

Die dritte Ebene

Titel: Die dritte Ebene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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weitere Spur wies. Und die führte ihn zu dem alten Grease am Lake Jackfish bei Meota.
    Die kleine Straße war nicht einfach zu finden, und beinahe hätte Dwain die Abzweigung übersehen. Der alte Grease wohnte außerhalb der Kleinstadt in einer Fischerhütte direkt am südwestlichen Ufer des Sees. Als Dwain aus dem Wagen stieg und auf die Hütte zuging, saß der alte Mann auf der überdachten Veranda und reparierte Fischernetze. Ein großer brauner Hund lag zu seinen Füßen und döste im Sonnenschein. Der Alte sowie der Hund hoben noch nicht einmal die Köpfe, als Dwain vor die Veranda trat.
    »Hallo!«, grüßte er den Alten. »Sind Sie Mr Grease?«
    Der Mann hatte langes schlohweißes Haar und ein rosiges Gesicht und mochte wohl an die siebzig Jahre alt sein. Er trug ein blauweiß kariertes Hemd sowie eine etwas zu große Jeans, die von breiten Hosenträgern gehalten wurde.
    »Grease, nicht Mr Grease«, sagte der Alte gleichmütig. »Und wer sind Sie?«
    Dwain trat näher und holte seinen Dienstausweis und die Sheriffmarke hervor. »Ich bin Sheriff Dwain Hamilton aus dem Socorro County, das liegt in New Mexico.«
    »Und was treibt ein Sheriff aus dem Süden hier oben am Lake Jackfish?«
    »Robert Allan Mcnish«, antwortete Dwain und schaute sich um. Ein Boot lag vertäut an einem grob gezimmerten Holzsteg. Auf einem Holzgestell neben der Hütte hingen mehrere ausgenommene Fische zum Trocknen.
    »Ich kenne keinen Robert Allan Mcnish«, antwortete Grease mürrisch und abweisend.
    »Wakefield hat mich hierhergeschickt«, antwortete Dwain und holte das Foto aus seiner Hemdtasche. Er streckte es dem alten Mann hin. Der Hund hob den Kopf und bellte.
    »Still!«, befahl Grease.
    Offenbar war der Hund dankbar für diesen Befehl und ließ den Kopf wieder auf den Boden sinken. Seine Pflicht hatte er zumindest erfüllt. Der Alte griff nach dem Foto. Beinahe eine Minute starrte er darauf, ehe er es Dwain wieder reichte.
    »Woher haben Sie das?«, fragte er.
    »Das ist das Bild eines Toten, der in meinem County gefunden wurde«, sagte Dwain mit brüchiger Stimme. »Der Tote hatte keine Papiere bei sich. Nur ein Namensschild einer Firma oder Institution mit eben diesem Namen: Allan Mcnish.«
    »Wie ist der Mann gestorben?«
    »Er starb an einer Überdosis eines Drogencocktails«, erwiderte Dwain. »Hören Sie, ich weiß, dass Robert Allan Mcnish seit sechs Jahren als vermisst gilt und vermutlich in den Fluten des Mackenzie ertrunken ist. Aber in Albuquerque gibt es ein Grab mit einem Kreuz, auf dem kein Name steht.«
    Der alte Mann schwieg und wies mit der Hand auf einen Stuhl.
    Dwain kam der Aufforderung nach und setzte sich. »Ich kenne die näheren Umstände nicht, unter denen der Tote in meinem County gestorben ist«, fuhr er fort. »Es sieht nicht so aus, als ob er umgebracht wurde. Aber ich will wissen, um wen es sich handelt, welcher Mensch sich hinter diesem Namen verbirgt.«
    Grease erhob sich. Wortlos verschwand er in seiner Hütte. Dwain blickte ihm nach. Kurz darauf kam er mit einer Ansichtskarte in seiner Hand zurück. Er reichte sie Dwain. Die Karte stammte aus Alamogordo in New Mexico, die Abbildung zeigte das White Sands National Monument. Der Stempel trug das Datum des 20. März 2002. Dwain wendete die Karte und las die Nachricht.
     
    Hi, Grease,
    Mom würde es nicht verstehen, sage ihr bitte nichts,aber mir geht es gut. Ich habe endlich eine Aufgabe gefunden, für die es sich zu leben lohnt.
    Vielen Dank für alles,
    Rob.
     
    »Ist die Karte von Robert?«
    Der alte Mann nickte.
    »Dann ist er also nicht im Mackenzie ertrunken?«
    »Seine Mutter konnte ihn nie loslassen«, begann Grease zögernd zu erzählen. »Sie hat ihn umklammert wie einen Rettungsring. Rob brauchte Freiheit. Er suchte sich selbst. Er suchte nach einem Sinn.«
    »Sie haben die ganze Zeit über gewusst, dass er nicht tot war?«
    Der alte Mann nickte. »Rob war anders als die Jungs in seinem Alter. Er war etwas Besonderes. Er hatte besondere Gaben, die den meisten Menschen heutzutage abhandengekommen sind. Deswegen war er ein Außenseiter, in der Schule, in der Stadt, egal, wo er war. Er war für die anderen Jungen ein Spinner, dabei konnte er nur tiefer blicken als andere Menschen. Seine Sinne waren wach. Er liebte die Natur.«
    »Er war in seiner Kindheit oft hier draußen?«
    »Er lebte bei mir, weil er hier Ruhe vor diesen üblen Burschen hatte«, sagte Grease. »Er war auf der Suche, aber er konnte hier nicht finden, was er

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