Die dritte Ebene
brauchte.«
»Ist er der junge Mann auf dem Foto?«
Der Alte nickte.
»Wissen Sie, was er in Amerika wollte?«
Diesmal schüttelte Grease den Kopf. »Nach dem Vorfall auf dem Mackenzie hat er mich mitten in der Nacht aufgesucht. Er hat mir gesagt, dass er verschwinden wird und dass es besser ist, wenn seine Mutter nichts davon weiß.«
»Und Sie haben geschwiegen?«
»Er konnte sogar die Gegenwart von Fischen spüren«, lenkte der alte Mann ab. »Wenn er mit mir hinausfuhr, lotste er mich an Stellen, an denen ich selbst niemals meine Netze ausgeworfen hätte. Immer wenn ich die Netze einzog, waren sie prall gefüllt. Der Junge hatte das zweite Gesicht.«
»Ihre Aussage wird mir nicht viel nutzen, um zu beweisen, dass der Tote aus dem Socorro County Robert Allan Mcnish ist«, murmelte Dwain.
»Er soll ein Grab mit seinem Namen haben«, entgegnete der alte Mann und erhob sich. Als er zurückkehrte, trug er ein Schächtelchen bei sich. Er öffnete es und reichte es Dwain. In dem kleinen Kästchen lag ein halb verfaulter Zahn.
»Es war sein letzter Milchzahn«, erklärte Grease. »Ich habe ihm den Zahn selbst gezogen. Er sagte: ›Behalte ihn, du hast ihn dir verdiente«
Dwain atmete tief ein. »Damit wäre es möglich, sein DNA- Muster zu überprüfen.«
»Ich möchte, dass Sie dafür sorgen, dass Rob neben seiner Mutter liegt«, sagte der alte Mann. »Nehmen Sie den Zahn, wenn er Ihnen dabei nützlich ist.«
Dwain versprach, dass er für die Überführung des Leichnams sorgen werde, sollte sich herausstellen, dass es sich um Robert Allan Mcnish handelte.
6
New Orleans, Louisiana
Je näher das Auge des Hurrikans der Stadt kam, umso tiefer ertrank New Orleans im sintflutartigen Regen. Beinahe zweihunderttausend Menschen befanden sich noch in der Metropole, aber bereits um die Mittagszeit waren mehr als die Hälfte Fjodor zum Opfer gefallen, und das Leben der übrigen hing an einem seidenen Faden.
»Wir kommen hier nie mehr lebendig heraus!«, schrie der junge Feuerwehrmann, als er vom zweiten Stock hinunter in die Sturmfluten blickte, die den Theaterbau umströmten. Aus dem Erdgeschoss drangen das Rauschen und Fauchen der Wassermassen herauf, die durch die zerborstenen Scheiben in das Gebäude strömten.
»Gibt es so etwas wie einen Anbau hier, aus dickem Stahlbeton vielleicht?«, schrie Schneider ihm zu.
»Wir ersaufen wie die Ratten.«
Schneider trat an seine Seite und schüttelte ihn. »Einen Anbau, gibt es einen sicheren Anbau in diesem Gebäude? Etwas aus Stahlbeton mit dicken Wänden? Mann, überlegen Sie schon!«
Der Gesichtsausdruck des jungen Feuerwehrmannes entspannte sich. Es war, als würde er aus tiefer Trance erwachen. »Dort … dort hinten … der Fahrstuhlschacht«, stotterte er und zeigte den Gang entlang.
»Dann nichts wie los!«, schrie Schneider. »Die Decke wird nicht mehr lange halten.«
Santiago de Cuba, Südküste von Kuba
Suzannah verbarg ihre tränengeröteten Augen hinter ihren Händen. Fassungslos saß sie auf der kleinen Holzbank. Sie zitterte am ganzen Leib.
Peggy wischte sich die Tränen aus den Augen. »Plötzlich war sie weg. Einfach so. Vom Wasser verschluckt.«
Brian stand hilflos neben Suzannah und legte ihr die Hand auf die Schulter.
»Was sollen wir tun … was sollen wir nur tun?«, stammelte sie unentwegt. »Wir können sie doch nicht einfach dort draußen lassen.«
Peggy schaute auf. »Sie ist tot«, antwortete sie. »Sie ist gestorben. Mutter lebt nicht mehr. Wir müssen es akzeptieren.«
Suzannah schüttelte den Kopf. »Wir müssen nach ihr suchen, wir können doch nicht so einfach von hier weggehen. Vielleicht lebt sie noch, vielleicht wurde sie irgendwo an Land gespült und ist verletzt.«
»Suzannah, komm zu dir«, erwiderte Brian. »Niemand überlebt diese Welle. Das Meer hat sie mit sich genommen. Du musst es endlich begreifen.«
Suzannahs Kopfschütteln wurde heftiger. »Nein!«, schrie sie und erhob sich. »Nein! Ich muss mit ihr reden, ich muss sie um Verzeihung bitten. Sie muss mir diese Chance geben. Sie kann nicht einfach so verschwinden! Nein!«
Suzannah wurde immer hysterischer. Brian zog sie in seine Arme und drückte sie fest an sich. Immer wieder sagte sie: »Nein, nein«, bis die Worte schwächer wurden und in ihren Tränen ertranken.
Ein Weinkrampf schüttelte sie. Brian hielt sie eng umschlungen und streichelte ihr sanft über den Rücken. Allmählich wurde sie ruhiger.
»Ich hätte ihr noch gern gesagt, dass es mir leid tut«,
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