Die dritte Ebene
konzentrieren.«
Suzannah überlegte. »Was macht Robert in Mobile?«, sagte sie, um vom Thema abzulenken.
»Wegen des Hurrikans«, erklärte Peggy. »Dort unten sieht es aus wie nach einem Bombardement. Seine Einheit leistet Katastrophenhilfe, und ich dachte, ich nutze die Gelegenheit und fahre mit den Kindern nach Baltimore. Aber ich verspreche dir, dass ich auch in Racine vorbeischaue, wenn es dir lieber ist.«
Suzannah hasste die penetrante Art ihrer Schwester. Sie hatte schon immer erreicht, was sie wollte. Peggy hatte immer ihren Willen ihr gegenüber durchgesetzt. Also wusste Suzannah, dass es keine leeren Worte waren – Peggy tat meist, was sie androhte. Außerdem konnte sie sich ihrer Mutter nicht ewig entziehen. Irgendwann würde sie den Haussegen wieder geraderücken müssen.
»Also gut, am nächsten Wochenende«, willigte Suzannah schließlich ein. »Aber am Montag fahre ich wieder nach Hause.«
»Das werden wir sehen«, erwiderte ihre Schwester, ehe sie das Gespräch beendete.
Suzannah legte sich auf die Couch und blickte stumm hinaus über den See. Ihre Augen wurden feucht, als sie über das Gespräch mit ihrer Schwester nachdachte. Peggy hatte recht. Nur Arbeit und Schlaf waren zu wenig, um glücklich zu sein. Doch was zum Teufel sollte sie tun? Sie fuhr sich über die Stirn. Schließlich erhob sie sich und ging in das Badezimmer. Die Tabletten lagen in der unteren Schublade des Wandschranks. Sie nahm eine der kleinen rosa Pillen und schluckte sie mit einem Glas Wasser hinunter. Eine weitere Dosis scheinbaren Glücks. Dann ging sie in ihr Schlafzimmer, ließ sich auf das Bett fallen und ließ ihren Tränen freien Lauf. Nach einer Weile beruhigte sie sich und trocknete die Augen. So hatte bislang jeder Urlaub der letzten Jahre begonnen. Stolpern ja, aber fallen niemals wieder.
Kennedy Space Center Hospital, Florida
Der Raum wirkte nüchtern und steril. Im Halbdunkel waren nicht mehr als das Bett und die Apparate zu erkennen. Schläuche und Kabel führten von den Maschinen zu dem Körper und dem Kopf des Mannes, der regungslos auf dem Bett festgeschnallt in leicht aufgerichteter Position lag. Die Fenster waren geschlossen, die grünlichen Vorhänge zugezogen. Ein Piepton erklang im gleichmäßigen Rhythmus. Verschiedenfarbene Wellenlinien liefen über die grünlichen Monitore, die auf dem Rolltisch neben dem Bett standen. Der Astronaut Helmut Ziegler von der Austrian Space Agency lag nun schon seit drei Tagen regungslos und mit geschlossenen Augen auf dem Bett in dem Hospital des Space Centers. Alle Vitalfunktionen, bis auf die Atmung, bewegten sich am unteren Level. Doch alle eineinhalb Stunden begannen sich die Linien des Elektroenzephalogramms, des Elektrookulogramms und des Elektromyogramms wie wild hin und her zu bewegen, die Geräte verzeichneten deutliche Ausschläge. Mittels der Magnetresonanztomografie wurden dazu korrespondierend abwechselnde Gehirnaktivitäten im Hippokampus und im Kortex festgestellt. Zweifellos schlief Helmut Ziegler. Er schlief einen komaähnlichen Schlaf, aus dem er trotz aller Bemühungen des Ärzteteams der NASA nicht erweckt werden konnte. Ein vollkommen unnatürlicher, komatöser Zustand, der mit allen bislang gemachten Erfahrungen und den bisherigen Erkenntnissen unerklärlich blieb.
»Bei Sanders ist es keinen Deut anders«, sagte Dr. Brown, der verantwortliche Chefarzt des Hospitals, und sah auf seine Armbanduhr.
Professor Paul blickte durch die Glasscheibe in das Zimmer und beobachtete die Apparate.
»Es ist bald so weit«, erklärte Brown. »Sie können die Uhr danach stellen.«
»Und was steckt dahinter?«, fragte Paul.
»Hirnströme, dazu heftige Augenbewegungen und Muskelspannung. Der Mann träumt. Es gibt keine Zweifel. REM-Phasen wechseln sich mit Tiefschlafphasen ab. Alles ganz natürlich. Die Symptomatik lässt sich eindeutig diagnostizieren, nur eine Ursache hierfür können wir nicht finden. Also, ich habe so etwas noch nicht erlebt. Aber ich bin ja auch Internist und Bakteriologe. Uns fehlen Spezialisten. Neurologen, Psychiater oder fachlich kompetente Psychologen, in diesem Fall Schlafforscher, die sich ausschließlich mit einer solchen Problematik beschäftigen. Unser Team ist für solche Fälle nicht ausgestattet.«
»Und was raten Sie mir?«
Brown schüttelte den Kopf. »Ohne Fachleute kommen wir nicht weiter. Wir haben vergeblich die Bibliotheken sämtlicher Fachkliniken nach ähnlichen Fällen durchsucht. Wir sind lediglich auf eine
Weitere Kostenlose Bücher