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Die dritte Ebene

Die dritte Ebene

Titel: Die dritte Ebene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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Geländewagen hinüber zur Ostspitze gefahren war. Frische und feuchte Seeluft und die atemberaubende Schönheit seiner Heimat waren bislang immer die beste Medizin gewesen. Er hatte sich warm eingepackt und die gefütterten Stiefel angezogen, ehe er sich kurz vor sechs Uhr in der Frühe aufgemacht hatte. Er brauchte die Ruhe und das Wasser, um seine Gedanken wieder zu ordnen. Als er den Anrufbeantworter nach seiner Ankunft abgehört hatte, war er ein wenig enttäuscht. Außer dem Chefredakteur des Magazins, für das er arbeitete, seiner Mutter und der Besitzerin des Gemischtwarenladens in Port Rowan hatte niemand angerufen. Cindy schwieg sich aus. Und dabei hatte er fest damit gerechnet, dass sie anrufen würde.
    Auf der anderen Seite hätte er ihr nichts anderes gesagt als an dem Tag, bevor er nach Venezuela aufgebrochen war. Dennoch schmerzte die Erkenntnis, dass sie ihn so schnell aus ihrem Leben streichen konnte. Sein Verstand sagte ihm, dass er nicht für eine feste Bindung geschaffen war, doch sein Ego vertrug es nun einmal nicht, wenn man ihn einfach beiseitestellte wie einen Schirm nach dem großen Regen.
    Seine Angelschnur trieb im Wasser, während er in seinem Campingstuhl saß und in der neuen Ausgabe von ESO-TERRA blätterte. Im Nachhinein betrachtet, war es eine kluge Entscheidung gewesen, das Leben der Warao in den Mittelpunkt seines Berichts zu rücken. Die Reportage schien ihm rundum gelungen, sie war unterhaltend, spannend und mit einer Prise Übersinnlichkeit angereichert. Ein Lächeln huschte über seine Lippen. Seit langer Zeit war er wieder einmal zufrieden mit seiner Arbeit. Dieser ewigen Kurzberichte über Scharlatane, die versuchten, ihm einen Bären aufzubinden, war er langsam überdrüssig. So wie dieser seltsame Missionar der Heilslehre vor zwei Monaten in einem Vorort von Seattle, dem stets pünktlich um Mitternacht die Muttergottes in einer stillgelegten und halb verfallenen Kirche erschienen war. Zugegeben, der technisch begabte Pfarrer hatte sich alle Mühe gegeben, um die Projektion echt wirken zu lassen. Dank der aufwendigen Technik war der Schwindel nicht leicht zu durchschauen, doch am Ende scheiterte der Versuch dennoch, als die Erscheinung für einen kurzen Moment in elektromagnetischen Interferenzen in sich zusammenfiel, nachdem Brian sein Handy betätigt hatte.
    Um den Abriss der Kirche zu verhindern, hatte sich der Pfarrer zu Lug und Betrug hinreißen lassen, und Brian konnte nur hoffen, dass ihm seine Verfehlungen vor dem Jüngsten Gericht verziehen wurden. Er hatte dennoch zwei Seiten über den Pfarrer und seine einfallsreiche Technik verfasst. Und die Veröffentlichung hatte auch einen positiven Aspekt: Spender und Sponsoren kamen dem Geistlichen zu Hilfe. Ob es am Ende reichte, den Abriss der Kirche zu verhindern, hatte Brian nie erfahren. Vielleicht sollte er in den nächsten Tagen mal nach Seattle fahren.
    Das Klingeln des Glöckchens, das er an die Angel gebunden hatte, riss ihn aus seinen Gedanken. Die Rute neigte sich unter dem Zug eines kräftigen Fisches. Die Angelschnur rollte sich mit rasender Geschwindigkeit ab. Brian sprang auf, ergriff die Angelrute und bremste behutsam die rotierende Rolle. Kräftig stemmte er sich gegen den Zug des Fisches und fixierte den Schnurfangbügel. Allmählich gewann er Oberhand, doch der Kampf mit seinem Fang trieb ihm den Schweiß auf die Stirn. Nach knapp zehn Minuten erlahmte der Widerstand des Fisches. Vorsichtig zog Brian die Schnur ein, doch bevor er das Ufer erreichte, stemmte sich der Fisch noch einmal mit aller Kraft gegen sein Schicksal. Brian war so überrascht, dass er wohl ein wenig zu kräftig dagegenhielt. Schließlich riss der Angelhaken von der Schnur, und Brian stürzte unsanft zu Boden. Er musste lachen. Offenbar gab es noch andere Geschöpfe, die sich mit aller Macht gegen ihre Gefangennahme wehrten, dachte er. Und noch ein Gedanke setzte sich in seinem Gehirn fest – zum Teufel mit Cindy.
Plaza Hotel, Midtown, New York, USA
    Professor Wayne Chang fühlte sich unwohl in seinem schwarzen Anzug. Er stand vor dem Spiegel und nestelte an seiner Krawatte, die für sein Gefühl mal wieder zu eng saß. Offizielle Anlässe waren ihm ein Graus, und er mied öffentliche Auftritte normalerweise wie die Pest. Doch diesem Symposium, veranstaltet von der World Meteorological Organization, durfte er keineswegs fernbleiben. Führende Wissenschaftler aus aller Welt diskutierten über die Frage, ob die Erde in eine

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