Die dritte Ebene
Immer tiefer stürzte die Maschine in das dunkle Wolkenfeld. Walters schwanden die Sinne. Sein Kopf schwankte im Rhythmus der Drehungen hin und her. Mit einem Mal durchstieß die Maschine die dunkle Wolkendecke, und das blaue Wasser tauchte unter ihnen auf. Rasend schnell kam es näher. Coldmann stemmte sich gegen den Sitz und versuchte, das Steuerrad zu ergreifen und die Panik, die ihn erfasst hatte, zu unterdrücken. Mittlerweile betrug die Höhe unter 2000 Fuß. Endlich gelang es ihm, das Steuer festzuhalten. Mit aller Kraft riss er das Ruder in seine Richtung. Für einen Augenblick hatte er den Eindruck, dass sich die Nase der Maschine aufrichten würde. Hoffnung keimte in ihm auf. Doch keine fünf Sekunden später schlug die Fairchild auf das Wasser auf und brach in der Mitte auseinander. Coldmann, Walters und die beiden Meteorologen versanken in den Fluten des Karibischen Ozeans. Der Sturm setzte seinen Weg unbeirrbar fort und hielt auf die amerikanische Küste zu.
7
WestSide, New York, USA
Wayne und Jennifer hatten am Abend im Po gespeist und anschließend einen Club in der Leroy Street besucht. Spät am Abend hatten sie im Larchmont an der Hotelbar noch einen Drink zu sich genommen. Der Alkohol und ihr verständnisvoller Gesprächspartner hatten Jennifer redselig werden lassen. Sie erzählte, dass sie früher bei der Washington Post gearbeitet, aber nach der Trennung von ihrem langjährigen Freund ein neues Betätigungsfeld weit weg von der Hauptstadt gesucht habe. So sei sie schließlich beim South Coast Magazine in Beaumont gelandet. Einem Magazin, das sich in den letzten Jahren zu einem viel beachteten und weit verbreiteten Blatt an der Südküste entwickelt hatte. Auch wenn das Magazin nicht mit der Washington Post vergleichbar sei, die Arbeit mache ihr Spaß und erfülle sie. Wayne Chang lauschte Jennifers Erzählungen und vermittelte ihr den Eindruck, dass er sich tatsächlich für ihr Leben interessierte. In der lockeren Stimmung der beginnenden Nacht und nach ein paar weiteren Drinks kamen sich die beiden näher. In dieser Nacht kehrte Wayne nicht mehr in das Plaza Hotel zurück. Das Bett in seinem Zimmer blieb unbenutzt. Nach dem Frühstück am nächsten Morgen fuhren sie gemeinsam mit dem Taxi ins Plaza, wo am Morgen die letzten Referate gehalten wurden und die Veranstaltung mit einem gemeinsamen Mittagessen endete. Eine Stunde später saßen Jennifer Oldham und Wayne Chang zusammen in einem Café im Schatten der Metropolitan Opera und tranken Cappuccino.
Jennifer plauderte von ihrer Kindheit und von ihren drei Brüdern, mit denen sie sich ständig gezankt hatte. Wayne lachte herzhaft, als sie von ihren Streichen berichtete.
»Jetzt habe ich dir beinahe mein ganzes Leben erzählt, würde aber auch gern etwas von dir erfahren«, sagte sie und nahm einen Schluck aus ihrer Tasse.
»Da gibt es nicht viel zu erzählen«, antwortete Wayne.
Jennifer strich sich eine Locke aus dem Gesicht und stützte das Kinn auf die Hand. Sie lächelte entwaffnend, und ihre dunklen Augen glänzten. »Das glaube ich nicht, jeder hat eine Geschichte – und eine Kindheit. Was war dein Traum, damals, als du klein warst?«
Wayne winkte ab. »Meine Kindheit verlief nicht so lebensfroh und lustig wie deine. Ich war ein Einzelkind, und meine Eltern waren sehr beschäftigt und oft auf Reisen. Mein Vater war Professor für Astrophysik und hielt Vorlesungen an allen möglichen Universitäten auf der Welt, und meine Mutter war Historikerin. Ich wuchs unter der Fuchtel eines altmodischen Kindermädchens auf, und später wurde ich in ein Internat gesteckt. Es gab ständig Probleme, für meine Lehrer und Betreuer war ich ein Enfant terrible. Schließlich stellte man in Tests fest, dass ich hochbegabt bin, und daher rührte wohl meine Neigung, den Unterricht zu stören.«
»Aber ist das nicht fantastisch, wenn man feststellt, dass man den anderen haushoch überlegen ist, dass man sich aus der grauen Masse hervorhebt und mit seinem Gehirn Höchstleistungen vollbringen kann?«
Wayne schüttelte den Kopf. »Alle Dinge haben zwei Seiten. Wenn man in der Welt des Durchschnitts lebt, dann bleiben Schwierigkeiten nicht aus. Ich erinnere mich noch an die neidvollen Blicke meiner Mitschüler angesichts meiner Zensuren. Plötzlich wird man in eine Ecke gestellt und ist ein Außenseiter. Mein Spitzname war übrigens Zulu, so wie der Steuermann aus Startrek, wobei meine Mitschüler ihn nicht gerade schmeichlerisch gebrauchten. Als
Weitere Kostenlose Bücher