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Die dritte Ebene

Die dritte Ebene

Titel: Die dritte Ebene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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Bericht sprach von 26,4 Grad Celsius. Die Portland kreuzt vor Mexiko und führt dort Messungen der Meeresströmungen durch. Einige meinen, dass El Niño zurückgekehrt ist. Es liegt wohl doch an der zunehmenden Konzentration von Kohlendioxyd in der Atmosphäre. Der Treibhauseffekt nimmt stetig zu. Ich dachte aber nicht, dass es so schnell gehen wird …«
    »Wir fliegen jetzt rein, gleich wird es etwas holperig«, unterbrach Coldmann den Vortrag seines Copiloten.
    Walters richtete den Blick nach draußen. Die ersten Wolkenschleier umhüllten das Cockpit. Immer dichter wurde der obere Wolkenschild, und bald schon konnte sich der Pilot nur noch auf seine Instrumente verlassen. Während die Fairchild auf knapp 28000 Fuß ihre gerade Bahn mitten hinein in den Nebel aus feuchter, warmer Luft und Wasserdampf verfolgte, waren die Messgeräte an Bord unermüdlich im Einsatz, maßen Windgeschwindigkeiten, Luftdruck, die relative Feuchte und die Dichte der Wolke. Die Luftdruckwerte fielen zusehends weiter ab. Zweifellos entwickelte sich diese tropische Depression mit rasender Geschwindigkeit zu einem gigantischen Wirbelsturm. Mittlerweile hatte er fast das doppelte Ausmaß von Amy und Bert, den beiden vorangegangenen Stürmen, erreicht. Cäsar hatten die Meteorologen des National Hurricane Center den neuen Wolkenwirbel getauft, und er war das größte Wolkengebilde, das Ronald Coldmann jemals durchflogen hatte. Wenn dieser Sturm die amerikanische Küste erreichen würde, dann wären die Schäden unabsehbar.
    Trevor Walters blickte aus dem Cockpitfenster. »Es ist immer wieder überwältigend«, sagte er beinahe melancholisch. »Diese ungebändigte Kraft der Natur macht mir jedes Mal aufs Neue klar, wie klein und zerbrechlich wir Menschen doch sind.«
    »Jetzt werde bloß nicht philosophisch«, erwiderte Coldmann. »Bei der Vorstellung, was passiert, wenn er das Land erreicht, wird aus meiner Ehrfurcht blanke Wut.«
    Ein lauter Knall beendete jäh die Unterhaltung. Das Schnarren des Warntons erfüllte die Kabine, und die hektisch blinkende rote Warnlampe am Instrumentenpult spiegelte sich auf den blassen Gesichtern der Piloten. Die Maschine erzitterte und neigte sich zur Seite.
    »Verdammt, was ist passiert?«, schrie Coldmann gegen den schrillen Ton an.
    Krampfhaft umklammerte er das Steuer, sodass seine Knöchel weiß hervortraten.
Kennedy Space Center Hospital, Florida
    »Sie sind beide fast zur gleichen Zeit erwacht. Plötzlich waren sie einfach wieder zurück im Leben. Ziegler erwachte um 8 Uhr 28 und Sanders genau 53 Sekunden später. Irgendwie gespenstisch, oder? Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.«
    James Paul schaute durch die Glasscheibe in das Krankenzimmer. Der venezianische Spiegel war nur von dieser Seite lichtdurchlässig. Für den Astronauten Sanders, der mit angezogenen Beinen auf seinem Bett saß und mit schreckensstarren Augen in die Leere des Raums blickte, blieb die Scheibe undurchdringlich. Sanders wirkte wie eine versteinerte Statue. Regungslos, teilnahmslos, leblos.
    »Was kann so etwas verursachen?«, wandte sich James Paul an Dr. Brown, den Chefarzt des Kennedy Space Center Hospital. »Ich meine, es muss doch irgendeine Erklärung dafür geben.«
    »Ehrlich gesagt, ich habe keinen blassen Schimmer.« Dr. Brown fuhr sich mit der Hand über die Glatze.
    »Panische Angstattacken, Albdruck, Schlafstörungen, Krampfanfälle und Phasen wie bei einer Aphasie. Jegliches Erinnerungsvermögen an ihre Zeit vor dem Raumflug ist ausgelöscht oder tief im Unbewussten vergraben. Nur diese Bilder vom Feuer und einer Katastrophe spuken in ihren Köpfen herum. Und das Verrückte daran ist, dass sie beide unabhängig voneinander nahezu den gleichen Albtraum schildern. Fast so, als hätten sie ihn tatsächlich erlebt.«
    »Und was haben Sie vor?«
    »Wir werden ihr Gehirnwasser analysieren, aber ich bin mir fast sicher, dass wir keine Anomalien feststellen werden. Wenn Sie mich fragen, dann ist ihre Erkrankung eher psychischer Natur. Dr. Phillips hat ebenfalls keine Erklärung. Natürlich kann eine unterbewusste Posttraumatisierung aufgrund der gefährlichen Situation bei der Landung vorliegen. Obwohl sie nach Aussage des Piloten geschlafen haben. Das bestätigen auch die letzten brauchbaren Überwachungssequenzen der Bodenkontrolle.«
    Professor James Paul nickte nachdenklich. Erneut warf er einen Blick durch den Spiegel in das halbdunkle Zimmer. Sanders machte einen bemitleidenswerten Eindruck. Wie ein Kind im

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