Die dritte industrielle Revolution - die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter
dass die älteren Bezirke der Stadt den Anschluss verlieren? Kompliziert wurde unsere Aufgabe durch die Maßgaben, einerseits das Wirtschaftswachstum nicht zu gefährden und mit dem rasanten Bevölkerungszuwachs Schritt zu halten und andererseits die Klimabilanz der Region zu verbessern.
Statt in die Falle der typischen Dichotomie ökonomischer Fortschritt vs. Nachhaltigkeit zu tappen, nahm die Provinz die Möglichkeit unter die Lupe, eine grüne Sanierung durch weiteres Wachstum zu finanzieren. |129| Anders gesagt, Neubauten, die normalerweise einen größeren Energieaufwand mit sich bringen und zur bestehenden CO 2 -Zeche beitragen würden, hätten von vorneherein kohlenstoffneutral auszufallen und den älteren Bezirken der Stadt bei der Modernisierung ihrer Infrastruktur unter die Arme zu greifen.
Der Gedanke dahinter ähnelt dem amerikanischen Prinzip des Tax Increment Financing, der Finanzierung durch eine zu erwartende Erhöhung der Steuereinnahmen, deren man sich bei der Revitalisierung heruntergekommener Bezirke in Städten wie Chicago, Albuquerque oder Almeda bedient. Im Prinzip würde die Provinz also mit dem Mehr an Steuereinnahmen, das aufgrund der Entwicklung eines Sektors zu erwarten ist, die Erneuerung älterer Stadtsektoren finanzieren. Da das Endziel solcher Initiativen immer ein ökonomisches ist, werden solche Programme gern als »Robin-Hood-Maßnahmen« kritisiert – man stiehlt von den Reichen, um den Armen zu geben.
Umfasste der Gedanke der Stadterneuerung jedoch auch Energieeinsparungen und Umweltschutz für die ganze Region, würden von dieser »Energiefinanzierung« sowohl die Armen als auch die Reichen profitieren. Man könnte die Einnahmen aus der Grundsteuer neu entwickelter Bezirke in einen Fonds stecken, mit dem sich die Sanierung von Gebäuden in heruntergekommenen Stadtvierteln bezuschussen ließe. Eine Sanierung bringt immer eine Senkung des Energieaufwands mit sich, also Energieeinsparungen und einen geringeren CO 2 -Ausstoß, was positive Auswirkungen auf Hausbesitzer, Geschäfte und die Gesellschaft im Allgemeinen hat.
Aber selbst mit derart innovativen Finanzierungskonzepten ist die Sanierung einer ganzen Stadt leichter gesagt als getan. Wie bei jedem wirtschaftlichen Problem stellt sich auch hier die Frage der Prioritätensetzung. Wie entscheidet eine Verwaltung, welche Gebäude als Erste zu sanieren sind? Einerseits könnte sich die Wärmedämmung von Einfamilienhäusern erheblich auf den Energieverbrauch niederschlagen, andererseits jedoch ließen sich zum Beispiel mit dem Strom, den man durch eine Sanierung des Chicagoer Willis Towers sparen würde, 2500 Haushalte versorgen.
|130| Die Provinz Utrecht bräuchte einen so umfassenden wie finanzierbaren Plan, so viel war klar. Adrian Smith + Gordon Gill Architecture, eine Chicagoer Stadtplanungsfirma und Mitglied unseres globalen Entwicklungsteams, schlug eine Software-Lösung für Utrecht vor, die die ganze Kommune in den Weg in eine emissionsfreie Zukunft mit einbeziehen würde.
Grundlage für den Plan ist ein virtuelles 3-D-Modell der Stadt. Der erste Schritt besteht darin, in Zusammenarbeit mit der Universität eine umfassende Energieflusserfassung sämtlicher Gebäude Utrechts durchzuführen. Als Erstes sind die öffentlichen Gebäude dran, dann Wohn- und Geschäftsimmobilien. So lässt sich jedes Gebäude nach dem Potenzial seiner Energieeinsparungen klassifizieren – die Gebäude mit dem größten Potenzial für Energieeinsparungen werden rot markiert, die mit dem zweitgrößten Potenzial gelb und so weiter.
Ist das Einsparungspotenzial quantifiziert, besteht der nächste Schritt in einer Kostenschätzung für die Sanierung jedes einzelnen Gebäudes. Stehen diese Informationen erst einmal zur Verfügung, lässt sich klar sagen, wo man mit dem Investieren beginnen sollte. Sind die Identifizierung der Einsparungspotenziale und die Kosteneinschätzung abgeschlossen, bleibt nur noch die Sicherung der Finanzierung sowie die Sichtung von Projekten und Vorschlägen.
Das virtuelle 3-D-Entkarbonisierungsmodell schafft einen Online-Marktplatz für Energie. Eines der größten Hindernisse bei der Sanierung von Wohngebäuden ist die Rentabilität. Aus diesem Grund kaprizieren sich Energieberatungsfirmen größtenteils auf große gewerbliche Projekte, weil sie profitabler sind, wohingegen die Marge bei Einfamilienhäusern sehr gering ausfällt. Durch der Öffentlichkeit, etwa per Internet, frei verfügbare Informationen
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