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Die dritte industrielle Revolution - die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter

Die dritte industrielle Revolution - die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter

Titel: Die dritte industrielle Revolution - die Zukunft der Wirtschaft nach dem Atomzeitalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Campus
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eher wie Ökosysteme denn wie Märkte funktionieren.
    In dieser neuen Ära werden auf Konkurrenz gebaute Märkte in zunehmendem Maße kollaborativen Netzwerken weichen, und hierarchische kapitalistische Strukturen werden von den neuen Kräften eines dezentralen Kapitalismus zunehmend marginalisiert werden.

|133| Teil II
Laterale Macht

|135| Kapitel 4
Dezentraler Kapitalismus
    E nergieregime wirken auf das Wesen von Kulturen – sie bestimmen ihre Organisation, die Verteilung der Früchte von Gewerbe und Handel, die gesellschaftliche Interaktion und die Art der Ausübung von politischer Macht. Im 21. Jahrhundert wird sich die Kontrolle über Energieproduktion und -verteilung verschieben, von riesigen zentralen, auf die Verarbeitung fossiler Energieträger gegründeter Energieunternehmen hin zu Millionen kleiner Erzeuger, die ihre eigene erneuerbare Energie zu Hause produzieren und Überschüsse in Info-Energie-Allmenden teilen. Die Demokratisierung von Energie hat tiefgreifende Implikationen für die Art und Weise, wie wir in diesem Jahrhundert unser Leben an sich orchestrieren. Wir befinden uns an der Schwelle zur Ära des dezentralen Kapitalismus.
    Um zu verstehen, wie dramatisch die neue Infrastruktur der Dritten Industriellen Revolution die Verteilung ökonomischer, politischer und sozialer Macht im 21. Jahrhundert verändern dürfte, treten wir besser kurz einen Schritt zurück und sehen uns an, wie die auf fossilen Energien gegründeten ersten beiden industriellen Revolutionen die Machtstrukturen im Verlauf des 19. und 20. Jahrhunderts veränderten.
    Die alte Machtelite
    Fossile Brennstoffe – Kohle, Öl und Erdgas – sind elitäre Energien aus dem einfachen Grund, dass man sie nur an bestimmten Orten findet. Es bedarf eines erheblichen militärischen Engagements, um sich |136| zunächst den Zugang zu ihnen und dann ihre geopolitische Verwaltung zu sichern, aber nur so vergewissert man sich ihrer Verfügbarkeit. Außerdem bedarf es eines zentralen, hierarchischen Befehls- und Kontrollsystems sowie massivster Kapitalkonzentration, um sie aus der Erde und unter die Leute zu bringen. Die Fähigkeit zur Kapitalkonzentration – das Wesen des modernen Kapitalismus – ist kritisch für die Effizienz des ganzen Systems. Die zentralisierte Energie-Infrastruktur wiederum schafft die Bedingungen für die Wirtschaft und fördert ähnliche Geschäftsmodelle in allen Sektoren.
    Denken Sie an die Eisenbahnen, zweifelsohne das Herzstück der kohlebefeuerten, dampfgetriebenen Ersten Industriellen Revolution und der frühe Inbegriff einer zentralisierten geschäftlichen Unternehmung. Zunächst einmal war der Bau einer Eisenbahn mit einem Kapitalaufwand verbunden, der den Kapitalbedarf von Textilfabriken, Schiffen, Kanälen oder anderen Großunternehmungen der Periode weit überstieg. Noch nicht einmal die reichsten Familien konnten im Alleingang eine ganze Eisenbahn finanzieren. Es mussten also Fremdmittel aufgenommen werden. Um das benötigte Kapital aufzubringen, begannen die Eisenbahnen, Wertpapiere zu verkaufen. Anfangs waren es europäische Investoren – größtenteils britische, französische und deutsche –, die den größten Teil der Expansion in der Frühphase der amerikanischen Eisenbahn finanzierten. 1 Die Notwendigkeit großer Mengen konzentrierten Kapitals ließ die winzige New Yorker Provinzbörse schlagartig zu einem Koloss anwachsen und machte die Wall Street zum Epizentrum des modernen Kapitalismus. 2
    Mit dem Aufkommen der Eisenbahnen trennte sich das Management vom Eigentum, von den Kapitalgebern. Eine neue Art professioneller Verwalter übernahm das Ruder dieser riesigen neuen Unternehmen, während sich die Eigentümer in alle Winkel der Erde zerstreuten. Die neuen Verwalter hatten wenig Ähnlichkeit mit den kleinen familiären Geschäftsinhabern, die klassische Wirtschaftstheoretiker wie Adam Smith und Jean-Baptiste Say zu Beginn der marktwirtschaftlichen Ära Ende des 18. Jahrhunderts noch gefeiert hatten.
    Die organisatorischen Herausforderungen bei der Leitung einer |137| Eisenbahn waren beispiellos. Das Verlegen von Schienen über Hunderte von Meilen nicht selten unwegsamsten Terrains war schon schwierig genug; die Pflege der Schienenstränge, die Wartung von Lokomotiven und Waggons, die Unfallverhütung taten das Übrige, um die Organisation zu erschweren. Das Routen von Gütern, das Auf-dem-Laufenden-Bleiben über den jeweiligen Standort Tausender Waggons, das Garantieren verlässlicher

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