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Die dritte Jungfrau

Die dritte Jungfrau

Titel: Die dritte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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glauben. Roland und Pierrot werden davonkommen, glauben Sie mir, und Sie landen im allergrößten Schlamassel.«
    »Nein«, unterbrach Veyrenc ihn. »Kein Beweis, keine Verurteilung.«
    »Aber ein neuer Ruf, Lieutenant, und Gerüchte. Hat er die beiden Kerle nun umgebracht, hat er sie nicht umgebracht? Ein Verdacht, der an Ihnen klebenbleiben wird wie eine Zecke, die Sie nie wieder losläßt. Die Sie noch in neunundsechzig Jahren jucken wird, selbst wenn man Sie nicht verurteilt.«
    »Ich verstehe«, sagte Veyrenc nach einem Augenblick. »Aber ich vertraue Ihnen nicht. Was haben Sie davon? Vielleicht arrangieren Sie deren Flucht ja auch nur, damit sie später erneut zuschlagen können.«
    »So weit ist es mit Ihnen schon gekommen, Veyrenc? Wirklich, denken Sie ernsthaft, ich hätte Ihnen Roland und Pierrot heute nacht auf den Pelz gehetzt? Und deshalb auch vor Ihrem Haus gestanden?«
    »Ich muß es in Betracht ziehen.«
    »Und warum hätte ich Sie dann gerettet?«
    »Damit kein Verdacht auf Sie fällt, wenn es zu einem zweiten Überfall kommt, der erfolgreicher wäre.«
    Eine Krankenschwester kam hereingehuscht und legte zwei Tabletten auf das Nachtschränkchen.
    »Schmerzmittel«, sagte sie. »Mit den Mahlzeiten einzunehmen, wir sind doch vernünftig.«
    »Man muß sie schlucken«, sagte Adamsberg und reichte dem Lieutenant die Pillen. »Gleich mit einem Schluck Brühe.«
    Veyrenc gehorchte, und Adamsberg stellte die Tasse auf das Tablett zurück.
    »Es klingt logisch«, sagte der Kommissar, setzte sich wieder hin und streckte seine Beine aus. »Aber es entspricht nicht der Wahrheit. Es kommt oft vor, daß die Lüge glaubwürdig klingt, und die Wahrheit nicht.«
    »Na, dann erzählen Sie sie mir.«
    »Ich will aus einem persönlichen Grund, daß die beiden fliehen. Ich habe Sie nicht verfolgt, Lieutenant, ich habe Sie abgehört. Ich habe Ihr Mobiltelefon anzapfen und eine Wanze und ein GPS in Ihrem Wagen anbringen lassen.«
    »So weit war es schon gekommen?«
    »Ja. Und ich würde es vorziehen, wenn niemand was davon erfährt. Im Fall einer Untersuchung käme alles auf den Tisch, inklusive der Abhöraktion.«
    »Wer sollte es ausplaudern?«
    »Diejenige, die die Anlage auf meinen Befehl hin installiert hat, Hélène Froissy. Sie hat mir vertraut, sie hat mir gehorcht. Sie glaubte in Ihrem Interesse zu handeln. Sie ist eine redliche Frau, bei einer Untersuchung wird sie alles sagen.«
    »Ich verstehe«, sagte Veyrenc. »Wir haben also beide was davon.«
    »So ist es.«
    »Aber solch ein Ausbruch ist nicht leicht. Die können nicht einfach aus dem Krankenhaus spazieren, ohne ein paar Bullen umzuhauen. Das wäre dubios. Man wird Sie verdächtigen oder im besten Fall belangen wegen beruflicher Fehlentscheidung.«
    »Sie werden ein paar Bullen umhauen. Ich habe zwei ergebene junge Männer, die bezeugen werden, daß die Kerle sie zu Boden gestreckt haben.«
    »Estalère?«
    »Ja. Und Lamarre.«
    »Nur müssen Roland und Pierrot den Versuch auch unternehmen. Sie werden sich wahrscheinlich nicht vorstellen, daß sie aus diesem Krankenhaus fliehen können. Man könnte ja Bullen an den Ausgängen postiert haben.«
    »Sie werden fliehen, weil ich es von ihnen verlangen werde.«
    »Und sie werden gehorchen?«
    »Selbstverständlich.«
    »Und wer sagt uns, daß sie nicht noch einmal zuschlagen werden?«
    »Ich.«
    »Befehlen Sie denen noch immer, Kommissar?«
    Adamsberg stand auf und lief um das Bett herum. Er warf einen Blick auf das Blatt, auf dem die Temperatur eingetragen war, 38,8 Grad.
    »Wir reden später darüber weiter, Veyrenc, wenn wir in der Lage sind, einander zuzuhören. Wenn das Fieber wieder gesunken ist.«

41
    Drei Türen neben Veyrencs Zimmer, in der Nummer 435, verhandelten Roland und Pierrot erbittert mit dem Kommissar. Veyrenc hatte sich Meter für Meter bis zur Türschwelle geschleppt, lehnte, vor Schmerz schwitzend, mit dem Rücken an der Wand und lauschte.
    »Du bluffst doch«, sagte Roland.
    »Du solltest mir eher dankbar dafür sein, daß ich dir eine Gelegenheit biete, von hier zu verschwinden. Andernfalls warten mindestens zehn Jahre Knast auf dich und drei auf Pierrot. Auf Bullen zu schießen kommt einen teurer zu stehen, da läßt man keine Gnade walten.«
    »Der Rotschopf wollte uns abknallen«, sagte Pierrot. »So was ist Notwehr.«
    »Vorweggenommene«, stellte Adamsberg klar. »Und du hast keine Beweise, Pierrot.«
    »Hör nicht auf ihn, Pierrot«, sagte Roland. »Der Rotschopf wandert in den

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