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Die dritte Jungfrau

Die dritte Jungfrau

Titel: Die dritte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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würde einem besser gehen. Noch etwas taumelig, dachte Adamsberg kurz an die dritte Jungfrau. Es war Mittag, man mußte ans Essen denken. Man durfte keine Angst haben, alles würde gut werden.
     
    Der Kommissar betrat Veyrencs Zimmer, als er gerade seine Mahlzeit zugeteilt bekommen hatte. Ein Tablett mit einer Tasse Brühe und einem Joghurt stand auf seinen Knien, und er betrachtete beides mit schwermütigem Blick.
    »Man muß es essen«, sagte Adamsberg und setzte sich neben das Bett. »Man hat keine Wahl.«
    Veyrenc nickte zustimmend und nahm den Löffel.
    »Wenn man an alte Erinnerungen rührt, Veyrenc, geht man immer ein Risiko ein. Jedes. Die Arterie wurde nur knapp verfehlt.«
    Veyrenc hob seinen Löffel, legte ihn wieder hin und starrte auf seine Schale mit Brühe.
    »Ein grausames Schicksal zerteilt meine Seele.
    Mein Stolz mich drängt, daß ich den Krieger ehr’, der mich errettete von schurkischem Gequäle.
    Mein Herz jedoch läuft Sturm gegen denselben Herrn.
    Er ist mein Unglücksgrund, wer jubelt da schon gern.«
    »Ja, genau da liegt das Problem. Aber ich verlange nichts von Ihnen, Veyrenc. Und ich bin in einer ebenso schwierigen Lage wie Sie. Ich rette das Leben eines Mannes, der meines zerstören kann.«
    »Wie das?«
    »Weil Sie mir das weggenommen haben, was mir das kostbarste ist.«
    Mit einer schmerzhaften Grimasse stützte Veyrenc sich auf den Ellbogen, und seine Lippe zog sich nach oben.
    »Etwa Ihren Ruf? Den habe ich noch nicht angetastet.«
    »Aber meine Frau schon. Treppenabsatz siebter Stock, die Tür geradezu.«
    Veyrenc ließ sich mit offenem Mund auf das Kopfkissen zurückfallen.
    »Das konnte ich nicht wissen«, sagte er leise.
    »Nein. Man weiß niemals alles, erinnern Sie sich immer daran.«
    »Es ist wie in dieser Geschichte«, sagte Veyrenc nach einer Weile.
    »In welcher?«
    »Der von dem König, der einen seiner Generäle in die Schlacht und damit in den sicheren Tod schickte, weil er dessen Frau über alles liebte.«
    »Das habe ich nicht ganz mitgekriegt«, gab Adamsberg ehrlich zu. »Ich bin müde. Wer liebt wen?«
    »Es war einmal ein König«, begann Veyrenc noch einmal.
    »Ja.«
    »Der die Frau eines anderen Kerls liebte.«
    »Einverstanden.«
    »Der König schickte den Kerl in den Krieg.«
    »Einverstanden.«
    »Der Kerl starb.«
    »Ja.«
    »Und der König nahm sich die Frau.«
    »Nun, das bin ich nicht.«
    Der Lieutenant, in Gedanken weit weg, starrte konzentriert auf seine Hände.
    »Und doch hättet Ihr’s tun können.
    In dunkler Nacht, Seigneur, hat sich die Chance gestellt, den endlich loszusein, der Euch so lästig fällt.
    Der Tod griff schon nach ihm, der Unglück Euch gebracht und den das Schicksal Euch zum Erzfeinde gemacht.«
    »Einverstanden«, wiederholte Adamsberg.
    »Welch Einfall bremste Euch, ist’s das, was Mitleid heißt, daß Ihr mich rettet, schützt und so dem Tod entreißt?«
    Adamsberg zuckte mit den Schultern, die vor Müdigkeit schmerzten.
    »Haben Sie mich überwachen lassen?« fragte Veyrenc. »Wegen ihr?«
    »Ja.«
    »Und haben Sie die Kerle auf der Straße wiedererkannt?«
    »Als sie Sie gezwungen haben, ins Auto zu steigen«, log Adamsberg und überging das Thema Wanzen.
    »Ich verstehe.«
    »Wir müssen uns verständigen, Lieutenant.«
    Adamsberg stand auf und schloß die Tür.
    »Wir werden Roland und Pierrot laufen lassen. Nie gesehen, nie gehört. Da kein Wachtposten vor der Tür steht, werden sie die erstbeste Gelegenheit nutzen, um von hier abzuhauen.«
    »Ein Geschenk?« fragte Veyrenc mit starrem Lächeln.
    »Nicht für sie, für uns, Lieutenant. Wenn wir sie gerichtlich verfolgen, wird Anklage erhoben werden, es wird zu einem Prozeß kommen, darüber sind wir uns doch einig?«
    »Ich hoffe sehr, daß es zu einem Prozeß kommt. Und zu einer Verurteilung.«
    »Sie werden sich verteidigen, Veyrenc. Ihr Anwalt wird auf Notwehr plädieren.«
    »Und wie das? Die haben mich bei mir zu Hause überfallen.«
    »Unter Berufung darauf, daß Sie Fernand den Grindigen und den Dicken Georges umgebracht haben und Anstalten trafen, nun auch sie umzulegen.«
    »Ich habe sie nicht umgebracht«, sagte Veyrenc schroff.
    »Und ich habe Sie nicht auf der Hochwiese überfallen«, sagte Adamsberg ebenso frostig.
    »Ich glaube Ihnen nicht.«
    »Niemand ist bereit, dem anderen zu glauben. Und keiner von uns beiden hat einen Beweis für das, was er behauptet, außer dem Wort des anderen. Die Geschworenen werden auch nicht mehr Gründe haben, Ihnen zu

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