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Die dritte Jungfrau

Die dritte Jungfrau

Titel: Die dritte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Knast wegen Mord und beabsichtigtem Mord, wir dagegen sind aus dem Schneider und kriegen eine Entschädigung, ein ordentliches Bündel Kohle.«
    »So wird es keineswegs ablaufen«, sagte Adamsberg.
    »Ihr werdet abhauen und hübsch den Mund halten.«
    »Wieso?« fragte Pierrot mißtrauisch. »Aus welchem besonderen Grund solltest du uns laufen lassen? Das stinkt doch gewaltig nach Verschleierung.«
    »Zwangsläufig. Doch die geht nur mich etwas an. Ihr verschwindet, weit weg, und man wird nichts mehr von euch hören, mehr verlange ich nicht.«
    »Und aus welchem Grund?« wiederholte Pierrot.
    »Weil, wenn ihr nicht von hier verschwindet, ich den Namen eures damaligen Auftraggebers preisgeben werde. Und ich glaube nicht, daß der sehr erfreut sein würde, wenn ihr vierunddreißig Jahre später noch Werbung für ihn macht.«
    »Was für ein Auftraggeber?« fragte Pierrot, ehrlich überrascht.
    »Frag Roland«, sagte Adamsberg.
    »Hör nicht auf ihn«, sagte Roland, »der erzählt Blödsinn.«
    »Der stellvertretende Bürgermeister des Dorfes, Beauftragter für öffentliche Bauarbeiten und selber Winzer. Du kennst ihn, Pierrot. Der Mann, der heute eines der größten Unternehmen der Baubranche leitet. Er hat der Bande eine fette Anzahlung geleistet dafür, daß der kleine Veyrenc ordentlich zusammengeschlagen würde. Der Rest sollte gezahlt werden, wenn ihr aus der Besserungsanstalt kämt. Mit diesem Geld hat Roland seine Eisenwarenhandlungen aufgebaut, und Fernand hat sich’s in teuren Hotels gutgehen lassen.«
    »Aber ich habe dieses verdammte Geld nie zu Gesicht bekommen!« schrie Pierrot.
    »Weder du noch Dicker Georges. Roland und Fernand haben alles kassiert.«
    »Du Dreckskerl«, zischte Pierrot.
    »Schnauze, Blödmann«, antwortete Roland.
    »Sag, daß das nicht wahr ist«, befahl Pierrot.
    »Das kann er nicht«, sagte Adamsberg. »Es ist wahr. Der Stellvertreter gierte nach dem Weinberg von Veyrenc de Bilhc. Er hatte beschlossen, ihn notfalls unter Anwendung von Zwang zu kaufen, und drohte dem Vater Veyrenc mit Repressalien, wenn er ihn nicht aufgeben würde. Doch Veyrenc klammerte sich an seinen Wein. Da organisierte der Stellvertreter den Überfall auf das Kind, er wußte, daß der Vater unter dem Druck der Angst nachgeben würde.«
    »Du lügst«, versuchte Roland. »All das kannst du überhaupt nicht wissen.«
    »Ich hätte es eigentlich nicht wissen sollen. Wo du diesem Mistvieh von Stellvertreter doch geschworen hattest, das Geheimnis für dich zu behalten. Aber man verrät sein Geheimnis immer einer Person, Roland. Und du hast es deinem Bruder erzählt. Und dein Bruder hat es seiner Verlobten erzählt. Und seine Verlobte erzählte es ihrer Cousine. Die es ihrer besten Freundin erzählt hat. Welche es wiederum ihrem Freund erzählte. Der mein Bruder war.«
    »Du bist ein verdammter Dreckskerl, Roland«, sagte Pierrot.
    »Das stimmt, Pierrot«, bestätigte Adamsberg. »Und du verstehst: Solltet ihr mir nicht gehorchen oder Veyrenc auch nur ein einziges Haar krümmen, ob ein braunes oder ein rotes, verpfeife ich den Namen des stellvertretenden Bürgermeisters. Der euch alle beide in die Hölle schicken wird. Wofür entscheidet ihr euch?«
    »Wir hauen ab«, grummelte Roland.
    »Ausgezeichnet. Ihr braucht die beiden wachhabenden Brigadiers nicht allzu heftig zusammenzuschlagen. Sie werden Bescheid wissen. Seid einfach nur glaubwürdig, weiter nichts.«
    Veyrenc draußen auf dem Gang humpelte in sein Zimmer zurück. Er schaffte es gerade noch rechtzeitig, an seiner Tür zu sein, bevor Adamsberg aus der 435 kam. Erschöpft warf er sich auf sein Bett. Er hatte nie gewußt, weshalb sein Vater dem Verkauf des Weinbergs letztendlich zugestimmt hatte.

42
    »Da beging das weise Kamel eine riesige Dummheit, aus Eifersucht, obwohl es doch sämtliche Bücher gelesen hatte. Es suchte zwei große Wölfe auf, die unglücklicherweise hundsgemeine Grützköpfe waren. ›Nehmt euch vor dem rothaarigen Steinbock in acht‹, sagte er zu ihnen, ›er wird euch mit seinen Hörnern aufspießen.‹ Die beiden Wölfe fackelten nicht lange und stürzten sich auf den rothaarigen Steinbock. Sie hatten einen Riesenhunger, und so verschlangen sie ihn mit Haut und Haaren, man hörte nie wieder was von ihm. Und der braunhaarige Steinbock lebte fortan friedlich und frei, zusammen mit den Murmeltieren und den Eichhörnchen. Und der Steinbockfrau. Aber nein, Tom, so hat sich’s nicht abgespielt, denn das Leben ist viel, viel komplizierter

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