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Die dritte Jungfrau

Die dritte Jungfrau

Titel: Die dritte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Bastien, die neun Polizisten und der Arzt in der Dunkelheit das Gebiet um den alten Hangar, die Autowracks und die wildwuchernde Vegetation zwischen den herumliegenden Schrotteilen. Die Hunde hatten die Eindringlinge entdeckt und näherten sich mit wütendem Gebell.
    »Es sind drei oder vier«, schätzte Voisenet. »Große.«
    »Vielleicht läuft Die Kugel ihretwegen nicht mehr weiter«, meinte Froissy. »Sie weiß nicht, wie sie das Hindernis überwinden soll.«
    »Wir machen die Hunde unschädlich und warten ab, wie die Katze sich verhält«, entschied Adamsberg. »Gehen Sie nicht zu nah an sie heran, lenken Sie sie nicht ab.«
    »Sie scheint in einer seltsamen Verfassung zu sein«, sagte Froissy, die das Feld mit ihrem Nachtfernglas abgesucht und Die Kugel vierzig Meter vor ihnen entdeckt hatte.
    »Ich habe Angst vor Hunden«, sagte Kernorkian.
    »Bleiben Sie zurück, Lieutenant, und schießen Sie nicht. Ein Hieb mit dem Kolben auf den Kopf.«
    Drei große Tiere, die in halbverwildertem Zustand in dem riesigen Gebäude vegetierten, stürzten heulend auf die Polizisten zu, noch bevor diese überhaupt die Tore der Halle erreicht hatten. Kernorkian lief zum warmen Bauch des Hubschraubers und zur beruhigenden Masse des dicken Bastien zurück, der an seiner Maschine lehnte und rauchte, während die Männer die Tiere zu Boden streckten. Adamsberg betrachtete die Halle, die dreckstarrenden oder herausgeschlagen Fenster, die zur Hälfte hochgezogenen, rostigen Metalltore. Froissy ging einen Schritt vor.
    »Gehen Sie nicht weiter als bis auf zehn Meter heran«, sagte Adamsberg. »Warten Sie, bis die Katze sich bewegt.«
    Die Kugel, bis zum Latz schwarz von Erde und durch ihr verklebtes Fell viel schmaler wirkend, schnupperte an einem der am Boden liegenden Hunde. Dann leckte sie sich eine Pfote und begann sich ausgiebig zu putzen, als gäbe es nichts anderes mehr zu tun.
    »Was macht die denn jetzt?« fragte Voisenet und leuchtete sie von weitem mit seiner Taschenlampe an.
    »Kann sein, daß ihr ein Dorn in der Pfote steckt«, sagte der Arzt, ein geduldiger, vollkommen kahlköpfiger Mann.
    »Mir auch«, sagte Justin und zeigte seine vom Zahn eines Hundes aufgerissene Hand. »Trotzdem höre ich nicht gleich auf zu arbeiten.«
    »Sie ist ein Tier, Justin«, sagte Adamsberg.
    Sorgfältig säuberte Die Kugel sich erst die eine, dann die andere Pfote und lief schließlich auf die Lagerhalle zu, wobei sie plötzlich sehr schnell zu rennen begann, zum zweitenmal an diesem Tag. Adamsberg preßte sich die Faust in die Hand.
    »Sie ist angekommen«, sagte er. »Vier Mann hintenherum, die anderen mit mir. Doktor, folgen Sie uns.«
    »Doktor Lavoisier«, präzisierte der Arzt. »Lavoisier, wie Lavoisier, ganz einfach.«
    Adamsberg blickte ihn ausdruckslos an. Er wußte nicht, wer Lavoisier war, und es war ihm auch vollkommen egal.

48
    Schweigend ging jede der beiden Gruppen im Dunkel der Halle voran, die Lichtkegel ihrer Stablampen streiften verwüstete Tische, Reifenstapel, Berge von Lappen. Das Gebäude, das vermutlich schon zehn Jahre leer stand, stank noch immer nach verbranntem Gummi und Diesel.
    »Sie weiß genau, wohin sie geht«, sagte Adamsberg und beleuchtete die runden Abdrücke, die die Pfoten der Kugel in der dicken Staubschicht hinterlassen hatten.
    Mit gesenktem Kopf und schwer atmend folgte er diesen Spuren überaus langsam und ohne daß einer seiner Mitarbeiter ihn zu überholen suchte. Nach elfstündiger Jagd war niemand mehr begierig darauf, ans Ziel zu gelangen. Der Kommissar setzte einen Fuß vor den anderen, als watete er durch Schlamm, bei jedem Schritt zog er seine steifen Beine mühsam vom Boden ab.
    Sie trafen die zweite Mannschaft vor einem langen dunklen Gang, der nur von einem hohen Glasdach erhellt wurde, durch das der Mond hereinschien. Dort war die Katze zwölf Meter vor ihnen stehengeblieben und hatte sich vor einer Tür postiert. Ihre Augen leuchteten auf, als Adamsbergs Taschenlampe sie streifte. Sieben Tage und sieben Nächte war es her, daß Retancourt hierhergebracht worden war, in dieses dunkle Loch, in dem drei verwahrloste Hunde lebten.
    Schwerfällig lief der Kommissar in den Gang hinein, nach ein paar Metern drehte er sich um. Keiner seiner Beamten folgte ihm, alle standen sie dichtgedrängt am Eingang des langen Korridors, zu einer Gruppe erstarrt, die keine Kraft mehr hatte, das letzte Stück noch zu gehen.
    Ich auch nicht, dachte Adamsberg. Aber sie konnten doch nicht einfach dort an die

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