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Die dritte Jungfrau

Die dritte Jungfrau

Titel: Die dritte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Robert gesagt.
    »Ich fahre heute nach Paris zurück«, sagte der Arzt. »Ihr Zustand ist so, daß sie durchaus reisen kann, ich nehme sie im Krankenwagen mit. Falls Sie uns suchen, wir werden gegen abend im Krankenhaus Saint-Vincent-de-Paul sein.«
    »Warum nehmen Sie sie mit?«
    »Ich gebe sie nicht mehr her, Kommissar. Sie ist ein besonderer Fall.«
     
    Adamsberg legte auf und sah noch immer auf das Gemälde. Da irgendwo war es, das verfitzte Knäuel, mit dem Lebendigen der Jungfrauen und dem Kreuz im Ewigkeitssproß. Eine ganze Weile betrachtete er wie gebannt die Hirschkuh, und plötzlich begann er zu ahnen, was ihm bis jetzt noch gefehlt hatte. Es steckt ein Knochen im Rüssel des Schweins. Es steckt ein Knochen im Glied des Katers. Und wenn er nicht irrte, und so unmöglich es auch schien, steckte ein Knochen im Herzen des Hirschs. Ein kreuzförmiger Knochen, der ihn geradewegs zu der dritten Jungfrau führen würde.

53
    Unterstützt von zwei Technikern und einem Fotografen, die ihnen die Brigade in Dourdan gestellt hatte, arbeitete die Mannschaft seit zehn Uhr morgens in der Halle. Lamarre und Voisenet hatten die Umgebung des Areals übernommen und suchten das brachliegende Feld nach Reifenspuren ab. Mordent und Danglard hatten sich die Halle geteilt, Justin kümmerte sich um den Verschlag, in dem Retancourt eingeschlossen gewesen war. Adamsberg stieß zu ihnen, als sie mit dem Mittagessen begannen; sie saßen in einer wohltuenden Aprilsonne, holten Sandwichs, Obst, Bier und Thermosflaschen hervor – Froissy hatte die Mahlzeit bestens organisiert. In der Halle waren keine Stühle aufzutreiben gewesen, und so saßen sie denn alle auf Autoreifen und bildeten einen seltsamen kreisförmigen Salon auf der Wiese. Die Katze, der man den Zugang zu Retancourts Krankenwagen verwehrt hatte, lag zusammengerollt zu Danglards Füßen.
    »Von hier aus ist das Fahrzeug aufs Feld gefahren«, erklärte Voisenet mit vollem Mund und zeigte auf einen Punkt auf der Landstraße. »Es hat neben dem Seitentor am Ende der Halle geparkt, nachdem es zuvor ein Stück rückwärts gefahren ist, um den Kofferraum zum Eingang hin auszurichten. Überall hier wuchert das Grünzeug, es gibt kein Fleckchen Erde, auf dem man noch Abdrücke finden könnte. Aber dem plattgedrückten Gras nach zu urteilen ist es ein Lastwagen, wahrscheinlich ein Neuntonner. Ich glaube nicht, daß die Alte so einen Wagen besitzt. Sie muß ihn also gemietet haben. Vielleicht finden wir einen Hinweis bei Firmen, die auf die Vermietung von Frachtfahrzeugen spezialisiert sind. Eine alte Dame, die einen Lastwagen mietet, das dürfte nicht allzu häufig vorkommen.«
    Adamsberg hatte sich mit überkreuzten Beinen ins warme Gras gesetzt, und Froissy stellte ein reichhaltiges Mahl vor ihn hin.
    »Absolut durchorganisierter Transport eines menschlichen Körpers«, setzte Mordent fort, der sich auch hier auf dem Autoreifen wie ein Reiher auf seinem Nest gebärdete. »Die Alte hatte eine Sackkarre dabei, oder aber sie hat sie zusammen mit dem Laster gemietet. Den Spuren zufolge verfügte der Laster über einen herunterklappbaren Ladesteg. Die Krankenschwester brauchte den Körper nur die Schräge herunterrollen zu lassen und ihn mit der Sackkarre aufzufangen. Danach hat sie ihn in die Halle und bis zur Werkzeugkammer geschoben.«
    »Haben wir Spuren von den Rädern?«
    »Ja, sie führen durch die gesamte Halle. Dort hat sie auch die Hunde außer Gefecht gesetzt, und zwar mit Fleisch, das sie mit Novaxon gespickt hatte. Dann biegen die Spuren ab, und man kann sie den gesamten Gang entlang weiterverfolgen. Teilweise werden sie von den Spuren vom Rückweg überdeckt.«
    »Und ihre Fußabdrücke?«
    »Das wird Ihnen gefallen«, sagte Lamarre mit dem Lächeln eines Jungen, der sein Geschenk versteckt hält, um sein Vergnügen zu steigern. »Die Biegung im Gang war nicht einfach zu nehmen, sie mußte sich gegen die Sackkarre stemmen, um den Schwenk zu vollziehen, dabei hat sie sich kräftig mit den Füßen abgedrückt. Verstehen Sie, welche Bewegung ich meine?«
    »Ja.«
    »Und der Zementboden ist rauh.«
    »Ja.«
    »Und an dieser Stelle haben wir Spuren.«
    »Blaue Schuhcreme«, sagte Adamsberg.
    »Genau.«
    »Vom Boden ihrer Verbrechen getrennt«, sagte der Kommissar langsam, »aber ihre Spur hinterläßt sie doch. Keiner ist ganz und gar ein Schatten. Wir kriegen sie an ihrer blauen Fährte.«
    »Die Abdrücke sind nirgendwo vollständig, über die Schuhgröße können wir

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