Die dritte Klaue Gottes: SF-Thriller
auch immer getan hatte, direkt an ihm vorbeigegangen. Die Pearlmans hatte ich nach dem Nothalt nicht in seiner Nähe gesehen, aber beide hätten dem Khaajiir die Klaue Gottes in den Rücken klatschen können, als das Licht ausgefallen war. Jeder, der zum Zeitpunkt des Verbrechens auf diesem Deck war, konnte der Mörder sein, und jeder, der auf einem tieferen Deck war, konnte ihm eine wertvolle Hilfe gewesen sein.
Dazu war nichts weiter nötig als entschlossenes Handeln in einem einzigen Moment, in dem alle anderen abgelenkt waren.
Und es war auch nichts weiter nötig, sollte der Attentäter noch nicht fertig sein und ich mit dem Verdacht richtig liegen, dass es noch eine dritte Klaue Gottes gab.
Ich war noch dabei, mir den Kopf über die widerlichen logischen Schlussfolgerungen zu zerbrechen, als die Leute im Barbereich anfingen zu schreien.
9
MAGRISONS MÄDCHEN
Oscin hatte einen achteckigen Chip entdeckt, etwa so groß wie der Fingernagel eines kleinen Fingers und so gut in die Haut integriert, in die er eingebettet war, dass dort, wo die Haut endete und das Metall begann, nicht einmal eine Nahtlinie zu erkennen war. Auch ohne ihn genauer in Augenschein zu nehmen, wusste ich, dass er nur ein paar Moleküle dick sein konnte, dass er sich jedem Versuch, ihn zu entfernen, widersetzen würde, und dass die Tausende winziger Fasern auf seiner subkutanen Seite mit dem Nervensystem des Trägers verbunden sein mussten, mit dem sie eine Art Geflecht bildeten, das in einem brodelnden Endpunkt irgendwo in seiner Gehirnmasse kulminieren musste. Schlimmer aber war das Muster aus erhabenen Punkten in der Mitte, das einen Buchstaben bildete, der in meinen Augen von jeher an zwei Schlangen erinnert hatte, die sich gegenseitig im Ganzen verspeisten. Dieser Buchstabe, der dem schärfsten der drei Konsonanten entsprach, den Merkantil dem M-Laut zuweist, gehörte nicht zum Merkantil-Alphabet, sondern entstammte einem Ort, der lediglich als der Geburtsort eines Zerstörers berühmt war, den seit beinahe dreißig Jahren niemand mehr im zivilisierten Raum gesehen hatte.
Der bloße Anblick brachte das aufgestaute Blut in meinen Ohren zum Pulsieren. Ich ließ den Unterarm los, in dem das verhasste Artefakt ruhte, wandte der zornig blickenden Gestalt, der es gehörte, die Kehrseite zu und widmete mich den drei Bettelhines, die sich derzeit in erbleichtem Schweigen zusammengerottet hatten. »Wussten Sie davon?«
Jason Bettelhine schüttelte den Kopf.
Jelaine war so blass geworden, als hätte sie einen ähnlich schweren Blutverlust erlitten wie der Khaajiir. »Ich schwöre Ihnen, Counselor, ich hatte keine Ahnung.«
Philip sagte nichts. Aber mir fiel auf, dass Monday Brown ein wenig näher an ihn herangerückt war, beinahe wie eine Mutterkatze bei dem Versuch, ein Kitten nach einem großen Sturz zu besänftigen.
Mein Zorn vernebelte mein Blickfeld wie ein roter Vorhang, der alles in blutigrote Farbe taucht. »Sie wussten es, nicht wahr? Nicht wahr?«
Philip Bettelhines Mund war nurmehr ein horizontaler Einschnitt in seinem Gesicht, so fahl wie eine blutleere Wunde. »An Ihrer Stelle würde ich auf meinen Ton achten, Counselor. Sie befinden sich auf unserem Terrain.«
»Zum Teufel mit meinem Ton! Beantworten Sie meine Frage!«
Er verdrehte die Augen. »Ich wusste es. Ebenso wie Vater, falls Sie sich das fragen. Und mein Großvater hat es auch schon gewusst.«
»Und Sie hatten kein Problem damit?«
»Dergleichen hat es in der Geschichte schon oft gegeben. Wann immer ein großer Krieg endet, nimmt der Sieger einige der führenden Köpfe des Gegners gefangen, exekutiert andere, lässt ein paar laufen und rekrutiert die Übrigen im Dienst seiner eigenen Zwecke. Ihr eigenes Dip Corps beschäftigt einige Geheimagenten, die nicht minder abscheulicher Verbrechen schuldig sind als diese arme Frau. Verdammt, sehen Sie doch nur sich selbst an. Sind Sie etwa in der Position, sich über ein System zu beklagen, das Kriegsverbrecher beschäftigt?«
Ich bebte vor Zorn. »Wir beschäftigen keinen von Magrisons Leuten. Wir jagen Magrisons Leute.«
Sein mitleidiger Blick goss Öl in mein Feuer. »Das ist blauäugig, Counselor. Auf den Gehaltslisten Ihrer Konföderation finden sich einige von Magrisons Leuten. Wenn Sie wollen, stelle ich Ihnen eine Liste zur Verfügung.«
Die Trägerin des Chips, Dina Pearlman, begegnete meinem Blick mit einem kalten, trotzigen Ausdruck in den Augen, die nun nicht mehr die geröteten Tränenquellen von vor ein
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