Die dritte Sünde (German Edition)
hineingehen. Du musst mir genau erzählen, was vorgefallen ist und dann werden wir sehen, was ich für euch beide tun kann.«
Kapitel 68
»Aaron, Cathys Vater ist gekommen!« Emma war leise in die Kammer getreten, die ihnen auf dem kleinen Hof elf Meilen vor Salisbury in den letzten Tagen zur Verfügung gestanden hatte. Diesen Zufluchtsort hatte Martha ihnen besorgt. Emma war eine Nichte von ihr und Mutter dreier Söhne, die alle durch Marthas kundige Hilfe das Licht der Welt erblickt hatten. Emmas Ehemann war vor zwei Jahren gestorben, aber die inzwischen fast erwachsenen Söhne bewirtschafteten das Anwesen auch alleine gut.
Hinter ihr betrat Wycliff den dämmrigen, kleinen Raum. Unschlüssig drehte er seine Kappe in den Händen. Er sah Aaron an, öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Offenbar wusste er nicht, was er sagen sollte. Ohnehin war er, wie Aaron wohl wusste, niemand, der sein Herz auf der Zunge trug. Eine Eigenschaft, die er seiner ältesten Tochter vererbt hatte.
»Hast du alles bewerkstelligen können?«, fragte Aaron angespannt. Wycliff nickte. »Ja, es ist gelungen. Zwei Tage lang hat sich die Polizei bei der Pennywood Farm herumgedrückt. Die ganze Gegend summt wie ein Bienenkorb, das kannst du mir glauben! Auch bei uns waren sie und haben nach euch gefragt. Aber ich habe gesagt, ich wüsste von nichts.«
»Danke, Wycliff! Du bist eine unschätzbare Hilfe für uns.«
»Es ist das Mindeste, was ich für euch tun kann, Aaron!«, sagte Wycliff mit gepresster Stimme. »Am liebsten würde ich mich euch anschließen. Es stößt mir sauer auf, weiter auf Whitefell meine Arbeit zu tun. Nach dem, was diese Teufelin meiner Cathy angetan hat.« Wycliffs von der schweren Arbeit verkrümmte Finger krallten sich in hilflosem Zorn in seine Mütze.
Aaron zuckte mit den Schultern. »Was sollte das nützen, Wycliff? Du hast immerhin vier Mäuler zu stopfen. Glaubst du, das ist im Norden leichter? Ich weiß nicht, was uns dort erwartet. Ich hoffe, ich kann uns durchbringen.«
Wycliff legte ein zu einem kleinen Bündel zusammengeknotetes Tuch auf den Tisch. »Zumindest wird euch das eine Weile über Wasser halten können. Es ist der Rest von Cathys Geld und das, was ich an Vieh auf die Schnelle versilbern konnte. Ich habe Gruber gesagt, ich würde das Vieh zum Markt treiben und das Geld so lange verwalten, bis ich etwas von euch höre. Er hat sich darauf eingelassen, hat aber von mir die Auslösung der Farm eingefordert, die dir von Mrs Havisham zur Verfügung gestellt worden war. Ich habe gut gehandelt und konnte außer dem Erlös für die Lämmer und die Ferkel auch noch etwas Überschuss für das restliche Vieh erzielen. Aber das Pferd und den Wagen, die ihr auf eurer Flucht mitgenommen habt, wollte Gruber auch bezahlt haben. So sind es letztlich nur achtzehn Pfund und elf Schillinge.« In Wycliffs Gesicht zeichnete sich ehrliches Bedauern ab.
»Mehr war wohl nicht zu erwarten. Trotzdem danke ich dir, Wycliff.«
»Wenn ich euch nur irgendwie helfen konnte …« Wycliff senkte den Blick. »Und wie geht es Cathy? Hat das Fieber nachgelassen?«
»Ja!«, Aaron nickte und blickte hinüber zu Cathy, die auf der grob gezimmerten Liege schlief. Ihre Haut schimmerte blass im Halbdunkel. »Ich glaube, sie hat es überstanden. Gott sei Dank hat Martha uns geholfen. Ich wüsste nicht, was wir ohne sie gemacht hätten.«
»Sie ist wirklich eine gute Frau. Das habe ich erst jetzt so richtig verstanden«, stimmte Wycliff zu. »Und? Wie geht es nun weiter?«
»Ich denke, es ist zu gefährlich, wenn wir uns noch lange in der Gegend aufhalten. Sobald Cathy fieberfrei ist, werden wir uns auf den Weg machen. Hast du auch etwas vom Hausrat und der Kleidung einpacken können?«
Wycliff nickte erneut. »Ich habe es draußen auf dem Wagen. Nicht allzu viel, das hätte vielleicht Verdacht erregt. Aber das, was ich verantworten konnte.«
»Gut!«
Aaron trat zu seinem Schwiegervater und nahm ihn fest in den Arm. »Nun werden wir uns verabschieden müssen, Wycliff! Ich fürchte, wir werden uns nicht wiedersehen. Aber ich verspreche dir, dass ich auf deine Tochter achtgeben werde. Was immer in meiner Macht steht, werde ich tun, damit es ihr gut geht, das schwöre ich.«
Wycliff schluckte schwer. Offenbar stand er kurz davor, in Tränen auszubrechen. Aaron spürte, wie der ältere Mann ihn kräftig an sich drückte, dann löste er sich aus seiner Umarmung.
»Abschiede fallen mir schwer, Aaron«, sagte er entschuldigend. Sein
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