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Die dritte Todsuende

Die dritte Todsuende

Titel: Die dritte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Leben dann noch für Zoe Kohler? Sie war soviel schwächer als Maddie Kurnitz. Sie war schüchtern und ängstlich. Sie war kleiner. Wenn Giganten gestürzt wurden, was hatten Zwerge dann noch für Chancen?
    Sie beendeten ihre hektische Mahlzeit, und Maddie warf dem Kellner ein paar Scheine hin.
    »Der Hundesohn hat mir die Kreditkarten gesperrt«, murmelte sie.
    Sie erhob sich unsicher, und Jack legte einen Arm um ihre dicke Taille. Sie schwankte leicht und starrte Zoe aus glasigen Augen an.
    »Du wechselst den Job, Kleines?« fragte sie.
    »Nein, Maddie. Ich habe mich nicht einmal nach was anderem umgesehen. Warum fragst du?«
    »Keine Ahnung. Irgendein Bursche hat mich vor ein paar Tagen angerufen, sagte, du hättest dich um einen Job beworben und mich als Referenz angegeben. Wollte wissen, wie lange ich dich schon kenne, was ich über dein Privatleben wüßte und diesen ganzen Quatsch.«
    »Das verstehe ich nicht. Ich habe mich nirgendwo beworben.«
    »Ach, zum Teufel damit. Wahrscheinlich irgendein Verrückter. Ich rufe dich an, wenn wir wieder aus dem Paradies zurück sind.«
    »Paß auf dich auf, Maddie.«
    »Scheiß drauf. Darum kümmert sich Jack. Nicht wahr, Loverboy?«
    Zoe sah ihnen nach, als sie hinausstolperten, die aufgedunsene Frau halb auf ihren Begleiter gestützt. Langsam ging sie in ihr Büro zurück, und während sie ging, stieg Furcht in ihr auf, als ihr die Bedeutung von Maddies Worten klarwurde.
    Jemand zog Erkundigungen über sie ein, über ihr Privatleben und ihre Vergangenheit. Sie wußte, um wen es sich handelte — jenen dünnen, verbitterten Mann namens »Polizei«, der nicht daran dachte, die Jagd aufzugeben und erst zufrieden sein würde, wenn Zoe Kohler tot war.
    Sie setzte sich an ihren Schreibtisch, die skelettartigen Hände gefaltet. Sie starrte auf diese geschrumpften Klauen herab. Sie sahen aus, als hätte man sie in Salzsäure eingelegt. Sie dachte an ihre bevorstehende Periode und fragte sich benommen, ob aus einem dermaßen ausgetrockneten Körper noch Blut fließen konnte.
    »Gott zum Gruße!« sagte Everett Pinckney gutgelaunt und bewegte sich auf ihren Schreibtisch zu. »Hatten Sie eine angenehme Mittagspause?«
    »Ja, danke«, sagte Zoe und versuchte zu lächeln. »Was kann ich für Sie tun, Mr. Pinckney?«
    Er strahlte sie an und versuchte vergeblich, sie zu fixieren, während er sich darauf konzentrierte, was er zu sagen hatte. Er beugte sich vor und stützte sich mit den Fingerknöcheln auf die Schreibtischplatte. Sie konnte seinen Whiskey-Atem riechen.
    »Ja«, sagte er. »Nun, eh…, Zoe, erinnern Sie sich noch an das Tränengas, das ich ihnen gegeben habe? Die kleine Sprühdose für Ihre Handtasche?«
    »Ja, ich erinnere mich.«
    »Tja, haben Sie die zufällig bei sich? In ihrer Handtasche? Oder hier im Schreibtisch?«
    Sie starrte ihn an.
    »Alberne Angelegenheit«, fuhr er fort. »Ein Detective von der Polizei war hier. Er untersucht einen Einbruch und muß die Seriennummern aller in New York verkauften Dosen überprüfen. Ich habe McMillan und Joe Levine schon gebeten, ihre ebenfalls mitzubringen. Sie haben ihre doch noch? Oder haben Sie jemand eine Dusche damit verpaßt?« Er kicherte.
    »Ich habe sie nicht bei mir, Mr. Pinckney«, sagte sie langsam.
    »Oh, dann haben Sie sie wohl zu Hause, oder?«
    »Ja«, sagte sie verwirrt. »Ich habe sie zu Hause.«
    »Nun, dann bringen Sie sie doch bitte mit, ja? Bis Freitag? Der Detective kommt noch einmal vorbei. Sobald er die Nummer überprüft hat, können Sie die Dose zurückhaben. Kein Problem.«
    Er bedachte sie mit einem glasigen Lächeln und trottete wieder in sein eigenes Büro.
    Jetzt kehrte es noch stärker zurück, dieses Gefühl, hin und her bewegt, gesteuert zu werden. Die Ereignisse waren ihrem Einfluß entglitten. Sie drängten sie wieder in die ihr angeborene Rolle des Opfers. Sie hatte alle Initiative verloren. Sie wurde kontrolliert.
    Sie überlegte fieberhaft, was sie tun könnte. Behaupten, von einem potentiellen Vergewaltiger angegriffen worden zu sein und ihn mit dem Tränengas in die Flucht geschlagen zu haben? Sich gegen einen bösartigen Hund verteidigt zu haben? Aber sie hatte Mr. Pinckney ja schon erklärt, sie hätte die Sprühdose zu Hause.
    Schließlich entschied sie resignierend, daß sie nichts anderes tun konnte, als ihm zu sagen, sie hätte die Dose verloren oder verlegt.
    Nicht einen Moment lang glaubte sie daran, daß der Detective wirklich nur einen Einbruch untersuchte. Er suchte nach

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