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Die dritte Todsuende

Die dritte Todsuende

Titel: Die dritte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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›Bitte, bitte‹ bei.«
    Es war umgekehrt: Zoe war entsetzt über Maddies Aussehen. Maddie hatte zugenommen; das Fett hing in losen Wülsten herunter, nur mühsam gebändigt von einem zu eng sitzenden roten Seidenkleid, das vorn mit Flecken bedeckt war und an der Seite mit einem geplatzten Saum prunkte.
    Von ihrem sommersprossenübersäten Brustansatz war mehr zu sehen, als ihr guttat. Sie trug keine Strümpfe; an der linken Wade ihrer achtlos rasierten Beine lief ein schwarzer Streifen gekräuselter Haare zu den Knöcheln hinunter. Ihre mehr als knapp bemessenen Sandalen waren mit Straßendreck verklebt.
    Aber am deutlichsten ließ sich der Verfall an ihrem Gesicht ablesen: Make-up wie das eines Clowns, aufgetragen in grotesken Schichten, schmuddelige Puderspuren am Hals, verschmierter Lippenstift und zu große künstliche Wimpern, von denen sich eine halb gelöst hatte.
    Da saß sie, ein Klumpen von einer Frau, und barst vor Appetit. Ihre Stimme schien lauter und schriller geworden zu sein. Sie brüllte nach Drinks, schrie nach den Speisekarten und lachte hoch und wiehernd.
    Zoe senkte ihren Kopf, als die anderen Gäste herüberstarrten. Aber Maddie ließ sich von ihrem Mißfallen nicht irritieren. Sie hielt Händchen mit Jack, stopfte ihm Shrimps in den Mund, zwickte ihn in die Wange. Eine ihrer Hände war ständig unter dem Tischtuch beschäftigt.
    »… also ist Harry ausgezogen«, plapperte Maddie, »und Jack hat seinen Platz eingenommen. Ein prächtiger Tausch. Jetzt haben die Anwälte das Wort. Jack, Baby, du nimmst ein Steak, sonst fällst du mir noch vom Fleisch, du Bulle, du!«
    Er saß mit leerem Grinsen dabei, genoß ihre Verehrung, nahm sie als gebührenden Lohn entgegen. Sein blondes Haar war zu kunstvollen Locken frisiert. Sein Teint wies eine bronzene Färbung auf, seine Lippen waren wie gemeißelt, die Nase gerade und patrizierhaft. Ein Profil, das auf eine Münze gehörte.
    »Ist er nicht eine Kostbarkeit?« fragte Maddie stolz und starrte ihn mit hungrigen Augen an. »Ich habe ihn in einem Gasthaus auf Long Island entdeckt, wo er die Wagen der Gäste parkte. Ich habe ihn säubern, rasieren und anständig anziehen lassen und sieh ihn dir jetzt an. Ein Schatz! Maddies ganz persönlicher, süßer Schatz.«
    Zoe begriff, daß Maddie ziemlich betrunken war, denn zu ihrem natürlichen, schäumenden Temperament hatte sich noch etwas anderes gesellt, fast eine Art Hysterie. Plus einem Zug häßliche Grausamkeit, wenn sie von dem jungen Mann wie von einem wunderlichen Gegenstand sprach.
    Jack war entweder unfähig, ihren boshaften Spott zu begreifen, oder er zog es vor, ihn zu ignorieren. Er sagte wenig, grinste unablässig und aß mechanisch, stopfte das Essen in den noch vollen Mund und kaute langsam mit kräftigen Bewegungen seiner mächtigen Kiefer.
    »Wir sind auf dem Sprung auf die Bermudas«, sagte Maddie, oder sind es die Bahamas? Die beiden bringe ich immer durcheinander. Jedenfalls, einen Monat lang werden wir jetzt mal auf Glück im Tropenparadies machen, Rum aus Kokosnußschalen trinken und nackt im Mondschein schwimmen. Na, wär' das nicht auch ein Drehbuch für dich, Kleines? Was muß ein durstiges Mädchen tun, um in dieser Spelunke noch einen Drink zu kriegen!«
    Sie aß sehr wenig, wie Zoe bemerkte, aber sie trank in hektischem Tempo, schluckte gierig und wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab, wenn der Alkohol ihr das Kinn hinunterrann. Und sie ließ Jack nicht ein einziges Mal los. Ständig hing sie an seinem Arm, seiner Schulter oder seinem Schenkel.
    Zoe, in Erinnerung an den draufgängerischen Verve einer jüngeren Maddie, war von der Auflösung ihrer Freundin entsetzt, nicht nur Maddies wegen, sondern auch, weil es ihr wie ein Omen für ihre eigene Zukunft erschien.
    Denn als Mädchen war diese Frau die beste von ihnen allen gewesen, mutig und unabhängig. Tapfer und unerschrocken segelte sie durchs Leben, genoß jeden Tag und kannte keine Angst vor dem Morgen. Sie ging jedes Wagnis ein, scheute keine Herausforderung, fragte nie nach dem Preis, und wenn es ans Bezahlen ging, rechnete sie nie zweimal nach.
    Und jetzt saß sie da, betrunken, wild, fiebrig, ihr Fleisch hing herab und sie selbst klammerte sich verzweifelt an einen hübschen jungen Burschen, der ihr Sohn sein konnte. Hinter dem grellen Flitter ihrer lidschattenverklebten Augen lauerte ein dunkler Schrecken.
    Wenn diese Frau besiegt werden konnte, diese tapfere, freie, unbesiegbare Frau, was für Hoffnung gab es im

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