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Die dritte Weissagung

Die dritte Weissagung

Titel: Die dritte Weissagung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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sein, daß ...« Schwester Mary schwieg kurz, räusperte sich und fügte leise, fast flüsternd hinzu: »Aber dies hier ist ein seriöser Sender, und niemand würde solche Scherze mit der Heiligen Stadt treiben . Niemand würde das .«
    Die Äbtissin schwieg, weil es nichts darauf zu antworten gab.
    Es war kein Scherz. Es handelte sich nicht um die Dokumentation einer fiktiven Katastrophe, sondern um die nackte und schonungslose Wahrheit!
    Ohne es zu wollen, mußte die Äbtissin ausgerechnet in dieser Si-tuation an Lucia dos Santos denken, die viele Jahre im Kloster der heiligen Dorothea in Oporto gelebt hatte, bevor sie nach Coimbra umgesiedelt war.
    Nicht ganz freiwillig. Papst Johannes Paul I. - der »lächelnde Papst« - hatte es in der kurzen Spanne, die er in Amt und Würden gewesen war, veranlaßt .
    Die Äbtissin stoppte den Flug ihrer Gedanken. Sie fühlte die Augen aller Versammelten auf sich gerichtet. Aber statt ihnen Mut und Trost zuzusprechen, kehrte sie den Schwestern abrupt den Rücken und eilte zur Tür hinaus.
    Ohne auf die Rufe, die sie zurückzuhalten versuchten, zu achten, lief sie den ganzen Weg bis zu Lucias Unterkunft zurück.
    Schon von weitem hörte sie gräßliche Schreie, die alle diffusen Ahnungen, von denen sie heimgesucht wurde, zu untermauern schienen. Die alte Lucia brüllte, als litte sie Höllenqualen.
    Schnell öffnete die Äbtissin die Tür. Sie erwartete, Lucia im Sterben liegend anzutreffen. Einmal hatten die Aufregungen und Ereiferungen ja ihren Tribut fordern müssen .
    Es war stockfinster im Raum. Zwar gab es elektrisches Licht, aber Lucia hatte es stets verpönt und Kerzenschein vorgezogen.
    Die Äbtissin machte sich nicht die Mühe, eine neue Kerze anzuzünden. Ihre Hand klatschte auf den Schalter links an der Wand. Eine Glühbirne flammte auf. Sie vergoß trübes, gelbes Licht. Aber es genügte, um die Äbtissin das schreckliche Wunder schauen zu lassen.
    Lucia dos Santos, die einundneunzigjährige Greisin, lag immer noch in ihrem Bett. Aber sie hatte die Zudecke von sich gestrampelt, so daß ihr abgemagerter Körper vollständig zu sehen war. So lag sie da auf ihrem Rücken, der ewig wund war, weil sie aus eigener Kraft nicht mehr aufstehen konnte, während ihr Bauch .
    . aufgebläht war wie ein Ballon!
    Die Hand der Äbtissin fand den Weg in die Tasche ihrer Kutte und schloß sich um die Perlen des Rosenkranzes. Mit zitternder Stimme leierte sie das Gebet herunter, das auf ihre Zunge drängte.
    Dann drehte sie sich auf dem Absatz herum und floh aus dem Raum.
    Wie von Furien gehetzt.
    Und in den Grundfesten ihres Glaubens erschüttert .
    *
    Gegenwart, Oktober 2000
    Die untergehende Sonne ließ Moskau in Flammen aufgehen.
    Diesen Eindruck jedenfalls hatte Max Beaderstadt, als er den Blick vom Fenster seines hiesigen Refugiums aus über die Dächer der Stadt schweifen ließ.
    Und fast wünschte er sich, es wäre so. Daß Moskau niederbrannte. Oder daß irgend etwas anderes geschehen möge, etwas Großes, das Verwirrung stiftete und alle Aufmerksamkeit band und von ihm ablenkte.
    Max Beaderstadt gab einen Laut von sich, der als freudloses Lachen gedacht war und dann doch viel mehr einem Schluchzen ähnelte.
    Ein widerwärtig erbärmlicher Ton war es.
    So erbärmlich, wie Max Beaderstadt sich fühlte. Weil er versagt hatte. Weil er ihr sein Versagen eingestehen mußte.
    Und weil er wußte, wie sie mit Versagern umzuspringen pflegte .
    Als Max Beaderstadt aus Sydney aufgebrochen war, hatte er wie abschiednehmend aus dem Fenster seines privaten Learjets geschaut. Weil er tatsächlich nicht sicher sein durfte, seine Heimatstadt wiederzusehen. Nicht wirklich lebend zumindest ...
    Der Max Beaderstadt, den die Welt kannte, schien in Sydney zurückgeblieben zu sein. Der Mann, der jetzt in der Moskauer Nieder-lassung von Beaderstadt Industries am Fenster des feudalen Direktionsbüros stand, hatte kaum noch etwas mit dem als spleenig geltenden Multimilliardär und Herrscher eines weltumspannenden Firmennetzes zu tun.
    Max Beaderstadt empfand sich selbst als fremd. Ganz so, als stehe er im wörtlichen Sinne neben sich, als stummer und unsichtbarer Beobachter.
    Gott, hätte er es doch nur gekonnt! Wäre es doch wirklich so!
    Wieder stieß Beaderstadt diesen unangenehmen Laut aus, und abermals verabscheute er sich dafür. Wie er auch den Mann verab -scheute, zu dem er in Erwartung ihres Besuches geworden war: klein, schwach - bedeutungslos .?
    Bedeutungslos genug, daß sie auf ihn und

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