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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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daß ich dich trotzdem liebe?«
    »Kennst du Texas?« fragte er unvermittelt.
    »Weder Texas noch Alabama oder Arizona noch sonst was in deinem Land. Ich bin von einer gewissen Erdenschwere. Mein weitester Ausflug führte bis Mallorca. Jeder Deutsche einmal am Mittelmeer – das gehört zum Lebensstil. Wer Mallorca, Ibiza, Capri oder die Riviera nicht kennt, hat den Anschluß verpaßt. Jetzt erhole ich mich lieber im Schwarzwald oder fahre an die Nordsee. Wenn ich das im Atelier erzähle, nennen sie mich ›die perverse Helga‹. Was ist mit Texas?«
    »Ein schönes, wildes, verführerisches Land.«
    »Dort haben sie Kennedy erschossen, ja?«
    »Mein Großvater hat dort eine Ranch. Ich glaube, 10.000 Rinder, eine verrückte Zahl, wenn man das so hört, aber wenn man bedenkt, was in Amerika an Steaks gegessen und als Corned beef in die Dosen gepreßt wird, ist das Rinderhalten ein Geschäft. Ich habe keine Ahnung von Rindern, aber ich stelle mir vor, daß man das lernen kann. Und ich stelle mir weiter vor, daß es möglich wäre, dort zu leben. Ein Ranchhaus mit einer breiten, überdachten Terrasse. Korbsessel, weißt du, so richtige altmodische Korbsessel wie in den Mark-Twain-Filmen, aber man sitzt wundervoll darin. Die Cowboys reiten von der Arbeit zurück, in einer Staubwolke, die von der Abendsonne übergoldet wird.« Holden starrte an die Holzdecke, er schien weit weg zu sein, in jenem wilden Texas, das er bisher immer gehaßt hatte. Gehaßt hatte er vor allem die Ranch von Großvater Jim Raffael Holden, auf der er seine Schulferien verleben mußte, wo Jim Raffael Holden ihm das Reiten beibrachte, bis ihm die Haut in Fetzen hing und die Unterhose blutig am Hintern festklebte. Die verdammte Ranch, mit ihrem Mistgeruch von 10.000 Rindern, dem Staub von 40.000 Hufen, dem Gebrüll, das Tag und Nacht sich in den Körper fraß; die gnadenlose Sonne, unter der man reiten mußte, stundenlang, tagelang, immer um diese langhörnigen Biester herum, dieses grunzende, schmatzende, wiederkäuende, brüllende, stampfende, glotzäugige, stinkende Kapital, von dem Jim Raffael Holden jeden Sommer sagte: »Wenn du ein Mann geworden bist und den stärksten Stier mit dem Lasso zu Boden wirfst, erbst du das alles. Vorher keinen Cent! Wir Holdens waren alle Männer. Männer, Junge, nicht bloß Schwanzträger! So ein paar Gramm mehr am Körper machen noch keinen Mann. Merk dir das!« Das war die Ausdrucksweise des alten Holden, und so lebte er auch. Bis heute. Mit seinen 82 Jahren ritt er noch über die Weiden, und wenn er auch keine Stiere mehr einfing, so schrie er doch herum, wenn seine Cowboys sich nach seiner Ansicht dämlich anstellten. Dieses Texas, diese Ranch … sie wurden plötzlich rosa überhaucht von einem unwiderstehlichen Zauber.
    »Wir werden nach Texas ziehen, Mädchen …« sagte Holden leise.
    »Warum nicht nach China?«
    »In China erbe ich keine 10.000 Rinder. Verdammt, ich liebe dich. Ich werde dich heiraten – – –«
    »Du bist verrückt, Ric!«
    Sie sprang auf und stellte die gotischen Kirchen im Fernsehen ab. Dann zog sie sich aus, ohne den geringsten Anflug von Scham, aber mit dem Wissen, wie schön ihr Körper war, wenn er im schrägen Licht kleiner Tischlampen matt wie Perlmutt schimmerte. Nackt ging sie zum Kühlschrank, holte eine Flasche Cola heraus, öffnete den Verschluß und goß ein Glas voll.
    »Trink«, sagte sie, als sie wieder neben ihm auf der Couch hockte. »Ich hasse Schnapsgeruch.«

New York / München / Acapulco
    Es dauerte zwei Tage, bis Harold J. Berringer wußte, daß Maurizio Cortone nicht mehr in seiner Sportschule weilte. Als er das erfuhr, war es schon zu spät, Flugplätze und Grenzen zu sperren. Selbst ein Blitzgespräch nach Deutschland hatte nur noch informativen Wert – zu Aktionen reichte die Zeit nicht mehr.
    Cortone – dessen war man sicher – war nach München geflogen. Mit falschen Pässen, verändertem Aussehen und einem Funkzündgerät im Koffer. Die Lage wurde dramatisch.
    Beutels allein schien zufrieden. »Obgleich ich noch nicht glauben kann«, sagte er, »daß alles so einfach geworden sein soll – wir kennen jetzt sogar den Täter –, fühle ich mich wie in einem geheizten Schwimmbecken. Alles um mich herum friert … ich schwimme. Da nicht anzunehmen ist, daß dieser Cortone in einer Ackerfurche übernachtet, werden wir alle Hotels in und um München nach neuen Gästen überprüfen. Nur eins können wir nicht: Einen Steckbrief veröffentlichen.«
    »Womit

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