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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Reaktion. Da dämmerte es Mittwurz, daß dieser Häftling etwas Besonderes sein mußte und auf einer Sonderbehandlung bestehen konnte. Das aber war im Trakt VI nicht möglich. Hier regierte Hannes Dulck. Es war ausgeschlossen, daß die so guteingefahrene Ordnung durch einen einzigen, wenn auch wichtigen Mann gestört wurde. Ein Gefängnis ist eine Gemeinschaft, in die man sich integrieren muß, sonst kommt es zum Chaos … wenn dieser Bergmann eine Extrawurst war, dann gehörte er nicht in Mittwurzens Bereich, sondern in einen gehobeneren Knast, in eine sogenannte ›halboffene Anstalt‹.
    Das hatte Mittwurz langatmig Kriminalrat Beutels zu erklären versucht, und Beutels versprach, mit Bergmann zu reden.
    Nun saß er auf Bergmanns Pritsche und nicht, wie üblich, im Verhörzimmer, verteilte wieder seine Zigarren und war bester Laune.
    »Was wollen Sie mir schenken, Herr Rat?« fragte Bergmann. »Die Freiheit? Jetzt schon? Ist Ihre Pensionierung durch?«
    »O nein, mein Bester. Sie bleiben bis zum 26. August hier, wenn sich bis dahin nicht etwas tut! Und es scheint so, als ob die Dinge jetzt so schnell fließen, daß wir sie kaum noch stoppen können.«
    »Sie haben den Bombenleger?«
    »Wir kennen seine Clique. Die Nachricht wollte ich Ihnen zum Geschenk machen. Sie sind der einzige Außenstehende, der von der Drohung wußte. Woher, das werden Sie mir ja nie sagen.«
    »Ganz recht.«
    »Als Entschädigung für Ihre Haft, die mir vielleicht den Hals bricht, aber aus Gründen der öffentlichen Ruhe und Sicherheit notwendig ist, bringe ich Ihnen als einzigem und erstem Reporter die Informationen zu einer Artikelserie, die Sie schon hier in der Zelle schreiben können und mit der Sie nach Ihrer Entlassung an die Spitze der Journalisten katapultiert werden. Sie sollten mir dankbar sein. Sie verdienen an der Haft! Der Knast ist Ihr Sprungbrett zur Berühmtheit.«
    »Moralisches Jucken, Herr Rat?«
    »Vielleicht. Ich war im Leben immer korrekt. Sie sind mein einziger Ausrutscher in die Illegalität. Das will ich gutmachen, Bergmann. Ich will mir diese Wunde zupflastern. Und nun unterbrechen Sie mich nicht und hören Sie mir zu. Machen Sie sich Notizen … es wird knüppeldick kommen.«
    Eine Stunde lang blieb Beutels bei Bergmann. Dann, bei einer neuen Zigarre, legte Bergmann erschöpft den Kugelschreiber hin. Eine Menge Papier war vollgeschrieben.
    »Das ist der dickste Otto, der je geschrieben wurde«, sagte er angeschlagen. »Nur der Schluß fehlt noch.«
    »Den liefere ich Ihnen bald frei Haus.«
    »Und eine Frage ist noch offen.«
    »Fragen Sie.«
    »Was macht meine Schwester in dem ganzen Rummel?«
    »Sie ist die Geliebte von Ric Holden«, sagte Beutels trocken.
    »Donnerwetter! Bis jetzt habe ich geglaubt, sie sei an der wichtigsten Stelle zugewachsen.«
    »So kann man sich irren.« Beutels stand von der Holzpritsche auf. »Sie wollen sogar heiraten.«
    »Helga und ein CIA-Mann. Ich werd' verrückt. Und sie glaubt, ich sei tot?«
    »Ja. Auf jeden Fall spurlos verschwunden. Ihr Chefredakteur spielt verrückt. Er bringt die ›Bergmann-Story‹. Danach müßten Sie das Nonplusultra aller Reporter sein.«
    »So ein Schwein. Wenn ich wieder auftauche, trifft ihn der Schlag. Dann muß er halten, was er dem Toten versprochen hat.«
    »Er wird es, Bergmann! Mit der Geschichte?!«
    »Und mein Schwager in spe?«
    »Er weiß, daß Sie leben. Nur wo Sie sind, weiß er nicht.«
    »Ein typischer Ehemann!« Bergmann lachte laut. »Schon vor der Ehe belügt er seine Frau! Mein Schwager wird mir sehr sympathisch …«
    »Das wär's also, Bergmann.« Beutels ging zu der dicken eisenbeschlagenen Tür. »Und da ich so fair zu Ihnen war, seien Sie es auch: Lassen Sie Mittwurz und Dulck in Ruhe. Sie müssen noch einige Zeit mit ihnen leben.«
    »Versprochen, Herr Rat. Kann man mir eine Schreibmaschine in die Zelle stellen?«
    »Ich werde es veranlassen. Guten Tag, Bergmann.«
    Beutels öffnete die Tür. Etwas abseits, am Geländer des Treppenhauses, wartete Mittwurz mit zerknittertem Gesicht.
    »Herr Rat –« sagte Bergmann.
    Beutels blieb in der Tür stehen und drehte sich um.
    »Ja?«
    »Ich will Ihnen auch ein Geschenk machen.« Bergmann hob grüßend die Hand. Er lächelte wie ein beschertes Kind, das nun sein Geschenk auspackt. »Wenn ich wieder draußen bin, werde ich nichts über Sie schreiben. Mir wird schon etwas einfallen, wo ich die ganze Zeit über versteckt gewesen war.«

München-Harlaching
    »Hast du Mut, Liebling?«

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