Die Drohung
fragte Ric Holden.
»Es kommt darauf an, was du Mut nennst.« Sie lächelte und rührte dabei in einer Schüssel. Ric war ein Kuchenfan wie alle Amerikaner, und Helga hatte sich damit abgefunden, ihm jeden Tag einen Kuchen zu backen. »Wenn es Mut ist, dich zu lieben und zu heiraten … ja, dann habe ich Mut. Bärenmut! Wolfsmut!«
»Ich brauche dich, Helga«, sagte Holden ernst. »Ich brauche dich bei meinem Auftrag hier in München.«
Sie hörte mit Teigrühren auf und sah ihn ohne eine Spur von Erstaunen an. Holden stellte fest, daß sie mehr als eine ungewöhnliche Frau war … sie war einmalig.
»Was soll ich tun?« fragte sie.
»Dich in einen Mann verlieben.«
»Du bist verrückt, mein Lieber.«
»In Tutzing ist ein Mann eingetroffen, der vielleicht die größte Gefahr bedeutet, mit der unsere Welt zur Zeit konfrontiert ist. Nur nachweisen kann man ihm nichts. Man kann ihn nicht einfach verhaften … das brächte uns noch mehr ins Unbekannte. Man kann ihn nicht beobachten, denn darauf ist er spezialisiert. Es gibt nur eine Möglichkeit, zu ihm vorzudringen: eine schöne Frau.«
»Danke«, sagte Helga.
»Wofür?«
»Daß du mich schön nennst. Ich finde mich alltäglich.«
»Du bist unbeschreiblich. Cortone wird das auch finden.«
»Cortone heißt er also?«
»Maurizio Cortone. Ein Sizilianer, vor über 40 Jahren in die USA ausgewandert. Besitzer einer Sportschule in New York. Aber seine Millionen hat er mit Waffengeschäften gemacht. Er ist glatt wie ein Flußaal.«
»Ist er das, was man Mafia nennt?«
»Nein. Früher vielleicht – wir wissen es nicht. Er ist nie aufgefallen, er war immer ein Ehrenmann, er ist der Freund von Kongreßabgeordneten und Senatoren, Politikern und anderen großen Männern. Eine imposante Erscheinung. Ein ehernes Denkmal des Verbrechens. Jeder weiß es, und jeder bringt ihm Blumen. Aber man kann ihm nichts nachweisen.«
»Der Mann fängt an mich zu interessieren, Ric.« Sie stellte die Schüssel weg. Heute abend würde Holden keinen frischen, dampfenden und duftenden Kuchen erhalten. »Und warum soll er sich für mich interessieren?«
»Er will sich in München mit einem Mann treffen, den wir das ›Hirn‹ getauft haben. An ihn müssen wir heran.«
»Eine politische Sache, Ric?«
»Eine Sache auf Leben und Tod, Darling.«
»Dein Tod?«
»Vielleicht zwei Millionen Tote –«
»Ric!« Ihre Augen waren weit. Holden nickte. Man konnte es nicht begreifen; für ihn selbst war es lange Zeit eine Tatsache, an die er sich erst gewöhnen mußte, um sie ernst zu nehmen. »So etwas gibt es nicht.«
»So etwas badet im Starnberger See. Cortone ist nicht allein. Ted Dulcan und Bertie Housman sind bei ihm, und wenn ich mich nicht irre, auch Lucretia Borghi.«
»Lucretia Borgia? Also doch ein Witz …« Sie versuchte zu lächeln, aber es wurde nur eine schiefe Lippenstellung. »Ich kann plötzlich darüber nicht lachen, Ric.«
»Nicht Borgia! Lucretia ist zwar so schön wie die Renaissancegiftmischerin, aber ihr fehlen drei Fünftel von deren Gehirn. Sie ist eben nur hübsch, und deshalb heißt sie Borghi. Sie ist die Geliebte Cortones, und um sie werde ich mich kümmern.«
»Du wirst mit ihr schlafen?«
»Nein.«
»Und wenn du es mußt?« Sie kam um den Tisch herum, stellte sich vor Holden und ballte die Fäuste. »Ist es nicht so: Ein CIA-Mann muß für seinen Auftrag alles tun?! Totaler Einsatz für das Vaterland! Im Dschungel oder im Bett, immer an der vordersten Front! Welch ein herrlicher männlicher Beruf! Ric, ich hasse ihn! Hasse ihn! Hasse ihn! Jetzt ist der Augenblick gekommen, vor dem ich mich gefürchtet habe. Ich will dich allein oder gar nicht. Ich bin nicht so patriotisch, dich fürs Vaterland auf eine andere Frau zu heben und dir zuzurufen: ›Heil dir, Held! Stoße aus ihr die Geheimnisse heraus!‹ Mein Gott, ich habe es geahnt …«
Sie schlug die Hände vors Gesicht, setzte sich auf die Couch und verharrte so, als sei sie versteinert. Holden streckte die Hand aus, berührte sie, aber es war, als fasse er einen Steinblock an.
»Ich werde es nicht nötig haben, mit Lucretia zu schlafen, wenn du mit Cortone klarkommst.«
»Das ist eine gemeine Erpressung, Ric! Du verkuppelst mich also. Soll ich mit ihm schlafen?«
»Um Gottes willen, nein! Ich brächte ihn ohne Reue um, Du sollst dich anbieten und ihn gleichzeitig abwehren. Das bringt ihn um den Verstand … und genau das brauchen wir. Bisher hat Cortone alles erreicht … mit Geld, mit Gewalt, mit
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