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Die Drohung

Die Drohung

Titel: Die Drohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zurück. »Sie ging gestern abend ins Haus von Ted.«
    »Gestern abend fuhr sie zu ihrer Tante nach Englewood.«
    »Aber sie war in Midland Beach. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.«
    »Wann warst du zum letztenmal in der Kirche, Jack?«
    Platzer verzichtete auf eine Antwort. Er war sich bewußt, daß Cortone ihm glaubte, aber es nicht zeigen wollte. Es ist schon blamabel genug, wenn ein 60jähriger Mann, auch wenn er sportlich ist und so gut aussieht wie Maurizio, ein Mädchen wie Lucretia bewachen muß. Ein Mädchen von 26 Jahren, eine Göttin aus schwarzen Haaren, schneeweißer Haut, großen, feurigen Augen und so langen Beinen, daß der Blick ziemlich lange braucht, bis er oben ist. Was dazwischen lag, zwischen Augen und Beinen, war nur mit Zungenschnalzen auszudrücken … sagen konnte man nichts mehr, weil einem im Mund das Wasser zusammenlief. Es gibt Hüften, die zusammen mit dem Gesäß einen Mann zum Träumen mit offenen Augen anregen … und es gibt Brüste, von denen man schnell wegblicken muß, um nicht aus urigen Instinkten heraus sie einfach anzuspringen. Beides besaß Lucretia in vollendeten Maßen; verständlich, daß Maurizio Cortone so ein Weib wie sein Bankkonto bewachen ließ. Kennengelernt hatte er Lucretia, die außerdem auch noch Borghi hieß, bei einem Neujahrsball der italienischen Einwanderer in einer Music-Hall. Da Maurizio immer auf alles vorbereitet war, hatte er Lucretia zum Tanzen aufgefordert, ihren damaligen Verlobten durch Jack Platzer sagen lassen, daß er nie eine Lucretia gekannt habe, es sei denn, er sei Fischliebhaber und wolle den Rest des Lebens unter Wasser zubringen, und hatte nach dem Tanz dem verblüfften Fräulein Borghi eine dreifache Perlenkette um den damals noch nackten Hals gelegt.
    Das änderte sich später, nur eines nicht: Auch wenn Lucretia nackt war – und sie war es oft, Maurizio war eben ein sportlicher älterer Herr –, legte sie nie die Perlenkette ab. Cortone fand das rührend, sein weiches sizilianisches Herz blutete vor Romantik. Stellt man sich dazu den weißhäutigen schwellenden Körper vor, dann kann man ermessen, wie tief verwundet Maurizio jetzt durch die Nachricht Jack Platzers war.
    »Sie ist einfach so hineingegangen?« fragte er.
    »Natürlich nicht. Sie hat siebenmal das Taxi gewechselt, um mich abzuhängen. Aber wer hängt mich schon ab?«
    »Und sie hat dich nicht gesehen?«
    »Wäre sie sonst hineingegangen?«
    Cortone schwieg wieder. Er starrte auf die schwitzenden, keuchenden Boxer in den vier Ringen. Eine andere Abteilung hüpfte Seilchen, drei Athleten stemmten Hanteln und zählten laut den Takt dabei.
    »Sie ist noch nicht zurückgekommen –« sagte Cortone plötzlich.
    Platzer zuckte zusammen. »Soll das heißen …?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe mir nichts dabei gedacht. Wer die Tante besucht … Machen wir es kurz!« Cortone stand auf. Der Korbsessel knirschte, als er ihn wegschob.
    Das ist ein verdammtes Leben, dachte er. Langsam ging er durch seine Sportschule, mit abwesenden Augen, den Blick wie nach innen gerichtet. Platzer folgte ihm wie ein Pekinese, den Kopf eingezogen, mit hängenden Armen, eine Wichtelgestalt, ein Alraun, auf den ersten Blick lächerlich, auf den zweiten tödlich. Ein Leben zum Kotzen! Die Millionen hat man sich errackert, was ein Mensch sich leisten könnte, liegt im Bereich meines Willens, ich wäre kaum noch in der Lage, alles zu verfressen, nur verschenken könnte ich das Geld, wohltätige Stiftungen, Kirchenspenden mit der Garantie, am Grab von den Pfarrern der reinste Mensch genannt zu werden, denn woher das Geld kommt, interessiert nicht, nur daß man es kassiert, und wer einen goldenen Christus stiftet, ist dreimal gesegnet, und noch nie war eine Augenbinde sicherer als die aus Dollarnoten, ja, und das alles hat man nun, ist 60 Jahre alt und doch zu alt, um ein Mädchen wie Lucretia für immer in seinen Bann zu schlagen.
    Mit welcher Illusion habe ich eigentlich gelebt? Sollte sie wie ein stolzes Dressurpferd ohne Sattel hinter meinem Sarg herschreiten? Erwartete ich im Greisenalter Pflege von ihr, Tochterliebe, wenn die Liebe im Bett weggeweht ist, als habe man das Schlafzimmer gelüftet von Schweißgeruch und Unterleibsdunst? Was sollte sie eigentlich sein, außer Geliebte? Was war sie? Als was hatte sie sich selbst gesehen? Gut, sie ist 26. Eine Göttin ihrer Rasse. Ich hätte Verständnis dafür, wenn sie mit einem meiner Athleten durchgebrannt wäre … und ich hätte das

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